Exzellenz, für die breite
Öffentlichkeit ist die Übersiedlung von Bischof Kapellari von Gurk
nach Seckau etwas überraschend gekommen. Für Sie ebenfalls?
Professor Dr. Kurt Krenn:
Überhaupt nicht. Das war eine logische Ernennung. Kapellari ist ja
gebürtiger Leobener, war dann in Kärnten. Und es ist nicht so selten
in der Kirche Gottes, daß einer dann in seine Heimat wieder als
Bischof zurückkehrt.
Kapellari sagte in einem
Interview gesagt, es wäre ein Opfer für ihn. Hätte man ihn das Opfer
nicht ersparen können?
Krenn: Das weiß ich nicht,
So ein großes Opfer ist es dann wohl wieder nicht. Sicher, er war
gut eingeführt und hat auch gut gewirkt, doch jetzt muß er neu
anfangen. Aber ich glaube, er ist noch jung genug, um dies zu
tun.
In diesem Zusammenhang stellt
sich die Frage, was passiert jetzt mit der Diözese Gurk? Da werden
eine Reihe von Kandidaten genannt, und eigentlich rechnet die
Mehrheit mit dem Abt Henkel-Donnersmarck.
Krenn: Das kann ich nicht
bestätigen, aber eine solche Besetzung wäre sicher eine gute. Aber
ich weiß nicht, ob es der Papst so will. Das ist eine Sache, die wir
nicht beantworten können, wir werden erst jetzt gefragt. Ich halte
es für möglich, und wenn es so wäre, für eine gute Lösung, aber ich
weiß es wirklich noch nicht, im Augenblick.
Es hat vor einiger Zeit eine
Serie von Kardinalsernennungen gegeben. Überraschend war dabei die
Ernennung von Bischof Lehmann? Wie würden Sie das
kommentieren?
Krenn: Gar
nicht.
Sie werden immer wieder von
einzelnen Kommentatoren mit der Kurie in Verbindung gebracht. Ist
das etwas, was Sie anstreben, ist das etwas, was im Raum steht, und
wenn dem so ist, in welchem Zeithorizont wäre das.
Krenn: Was Sie mit Kurie
meinen, weiß ich nicht. Das ist momentan überhaupt nicht aktuell.
Ich strebe es sicher nicht an. Aber wenn der Papst es will, gehe ich
dorthin.
Die Kirche war in Österreich in
den letzten Jahren ein bißchen im Aufruhr. Mittlerweile ist es etwas
ruhig geworden. Gibt es da bestimmte Gründe dafür?
Krenn: Es zeigt sich doch,
daß hinter diesem Aufruhr, wie Sie ihn nennen, natürlich nicht viel
ist. Denn man muß ja auch, wenn man Menschen bewegen will, irgendwo
Ideen haben, Ziele haben, Geist haben, und wenn das sich nicht
zeigt, dann beglückt es die Menschen auch nicht.
Dieser Aufruhr für die Kirche
ist nicht besonders gut gewesen. Es hat verstärkt Austritte und eine
Abkehr von der Kirche gegeben. In Wien beispielsweise ist die
agnostische Bewegung fast genau so stark bereits wie die katholische
Bewegung. Glauben Sie, daß sich das jetzt bessern
kann?
Krenn: Wien ist immer sehr
schwierig. Man soll von diesen Schwierigkeiten nicht auf ganz
Österreich schließen. Ich möchte sagen, wir haben es hier viel
besser und viel leichter. Man soll also nicht mit dem Finger dorthin
zeigen, wo mehr ausgetreten sind. Bei uns z.B. wir sind hier
beileibe nicht so geplagt von Austritten. Wir sind in der Statistik,
was wenig Austritte betrifft, die zweitbesten. Nur das Burgenland
ist noch besser als wir. Ich glaube nicht, daß man so sehr die
Austritte immer mit Vorkommnissen in der Kirche oder mit Personen
verbinden soll. Das ist auch die Unwilligkeit der Menschen, nämlich
den Kirchenbeitrag zu leisten, und manche meinen, sie können sich
von dem befreien und treten aus.
Neben personellen und
pekuniären Ursachen ist es nicht auch so ein bißchen die Werthaltung
in der Öffentlichkeit? Geht es uns nicht ein bißchen zu gut? Also,
die Kirchen in Ländern, wo es den Menschen nicht so gut geht, die
florieren. Bei uns scheint es offensichtlich nicht so zu
sein.
Krenn: Wohlstand ist sicher
nicht unbedingt ein Weg zu Gott. Aber ich bin froh, wenn unsere
Leute einen gewissen Wohlstand haben, er ist ja nicht zu groß, er
ist auch nicht so, daß wir ständig von Armut reden müssen. Aber ich
meine auch, daß es dann der Glaube ist, der gegeben sein muß. Denn
wenn man einmal nicht glaubt, dann wird manches man einfach nicht
tun wollen. Und wir haben ja auch in Österreich bzw. Mitteleuropa
unter Christen und Nichtchristen eine große Zahl von Pharisäern.
Pharisäer in dem Sinn, daß sie etwas kritisieren und selber genau
das gleiche tun. Diese Pharisäer kennen wir. Deswegen ist auch dann
deren moralische Zeigefinger nicht sehr glaubwürdig. Aber er richtet
Schaden an, denn viele meinen dann, jetzt habe ich eine gute
Ausrede, mit der Kirche ins Gericht zu gehen oder diese gar zu
verlassen.
Wir sind in der
(vor-)österlichen Zeit: Welche Botschaft hat die Kirche, um jetzt
einer Wohlstandsgesellschaft zu sage: Vergeßt nicht auf die Werte,
die wir Euch bieten können?
Krenn: Unsere Botschaft ist
ganz einfach, daß wir den Menschen sagen müssen, Gott ist wirklich.
Wenn für den Menschen Gott wirklich ist, dann werden sie auch bereit
sein, ihr Leben zu ordnen, werden sie bereit sein, vielleicht
manches Böse, was sie getan haben, zu bereuen. Man muß an Gott
glauben, damit man überhaupt dann weiß, wo es langgeht. Der Mensch
versteht sich selber nicht, wenn er nicht an Gott glaubt. Alle die
Klugen, die meinen, es gebe keinen Gott, sind ja auch meistens
Pharisäer. Im alten und im neuen Sinn, daß sie eben Prinzipien
auftun, Forderungen stellen und meistens selber gar nichts dafür
tun.
Ist es jetzt nicht für die
heranwachsenden Leute, die ja eigentlich das Hauptinteresse für die
Kirche darstellen müssen, sehr schwierig das zu begreifen: Gott ist
wirklich? Und was kann man tun, um diese jungen Menschen wieder zu
gewinnen?
Krenn: Das kann man schon
begreifbar machen, denn man muß selber leben in diesem Anspruch,
Gott ist wirklich. Da werden die Leute sagen, warum macht denn der
das oder das, oder warum sucht er denn nicht nur seinen Vorteil,
sondern denkt an andere. Alle diese Fragen sind ja ein Zeugnis
dafür, Gott ist wirklich. Das geht schon, nur glaube ich wirklich,
daß wir manchmal etwas müde sind zu sagen, daß Gott wirklich ist,
und das auch zu zeigen. Das ist ja nicht nur ein Bekenntnis in
Worten, sondern es ist auch ein Lebenszeugnis. Um das geht es. Und
das nehmen die Menschen dann schon wahr.
Was ich ansprechen möchte, um
jetzt einen modernen Begriff zu verwenden: Fehlt der Kirche nicht
ein bißchen das Marketing?
Krenn: Naja, Methoden,
Formalien sind wichtig, aber sie machen es nicht aus. Wir werden
auch immer wieder angehalten, uns in den Medien gut zu benehmen oder
gewinnend zu wirken. Da gibt es ein paar Tricks, die man uns sagt.
Aber ich glaube, die Tricks braucht man gar nicht, wenn man
überzeugt ist, wenn man mit seinem Leben und seiner Person einsteht.
Marketing ist dort notwendig, wo man etwas verschleiern muß. Wir
wollen ja nichts verschleiern.
Wenn sie aber die Wahrheit
vertritt, dann ist es umso wirkungsvoller.
Krenn: Ja sicher, ich bin ja auch nicht dagegen, aber ich
sage nur, das macht es nicht aus. Und es wird sich kein Mensch
ändern und keiner wird sich bekehren, wenn er, sagen wir mit einem
Bischof zu tun hat, der nur Marketing macht, auch wenn er es noch so
gut macht.
Seit kurzem gibt es Gespräche
zwischen hohen Stellen der Pius-Bruderschaft und dem Vatikan,
erstere in Österreich vertreten durch Pater Dr. Michael Weigel. Was
wissen Sie darüber, und wie stehen Sie zu dieser
Entwicklung?
Krenn: Ich weiß davon
natürlich und kann mir nur wünschen, daß dieser Versuch, wie soll
ich sagen, einer Einigung und einer neuen Gemeinschaft, um das geht
es ja, daß der geling. Ich kann nur sagen, ja, es möge gelingen. Ich
glaube aber nur, daß diese Versuche alle noch etwas gefährdet sind,
denn viele sagen zwar, sie vertreten den Glauben, die Kirche usw.
Aber viele wollen einfach nur recht haben. Jeder muß dem anderen
auch etwas zugestehen. Ich hoffe, daß es zu einer neuen Gemeinschaft
und Versöhnung kommt, wie soll ich sagen, das ist ja gar nicht das
Wort, denn es versuchen Papst und Bischöfe und diese Gemeinschaft,
die Erzbischof Lefèbvre nicht gegründet hat, nein es ist ja nur
einfach eine Tatsache einer bestimmten Opposition, daß das wieder in
eins findet, denn ich glaube, die Pius-Bruderschaft hat eine hohe
substanzielle Bedeutung, auch für den Glauben. Nur müssen sie auch
merken, daß sie nicht allein sind. Und sie müssen sich abgewöhnen,
daß sie allein die Besten sind. Sie sollen die Besten sein, aber sie
sollen es nicht allein sein.
Das Gespräch
führten W. Tributsch und M. Pfeiffer. |