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Diözesanbischof Dr. Kurt Krenn von St. Pölten

In der Weihe grundgelegt
Predigt am Tag der Heiligung der Priester am 14.6.1996

1. Was heute unser Thema ist, betrifft die Heiligung und Heiligkeit des geweihten Dieners: des Diakons, des Priesters und des Bischofs. Es ist der Wunsch des Heiligen Vaters für die ganze Weltkirche, daß die Priester über die gemeinsame Zelebration am Tag der "Missa chrismatis" hinaus sich zu einem besonderen Tag der Heiligung treffen. Nach Stockern und Maria Dreieichen im vergangenen Jahr treffen wir uns diesmal im Nordwesten unserer Diözese. Herzlich und mitbrüderlich grüße ich alle hochwürdigen Mitbrüder, ob Priester oder Diakone. Nicht alle können der Einladung hierher Folge leisten. Alle aber seien in unserem Beten und Mühen mitgetragen, auch jene, die noch nicht die Notwendigkeit dieses Tages eingesehen haben. Wenn ich auch nicht alles Gesagte auf die Diakone entsprechend anwenden werde, sollte dennoch alles für die Diakone in jener Teilhabe gelten, in der sie durch das Sakrament der Weihe mit Christus, dem göttlichen Diener, verbunden sind.

2. Was wir heute zum zweiten Mal begehen, ist ein bescheidener Versuch, der über bloße Worte hinaus etwas in unseren Herzen verändern soll und uns tagtäglich in unserem Dienst an die Freundschaft mit Christus erinnern soll.

3. Unsere Diözese steht in einer Prüfung: Mitbrüder, auf die viel Hoffnung gesetzt wurde, haben der Kirche ihren Dienst aufgekündigt. Auch wenn das letzte Urteil der Gerechtigkeit und Barmherzigkeit Gottes vorbehalten ist, müssen wir uns dennoch daran erinnern lassen, daß auch der Priester vor der Sünde nicht sicher ist; Sünde, von der wir uns nicht bekehrt haben, verführt uns oft zu Vorurteilen, zu Verdrossenheit, zu Ungehorsam, zu Entlastungslügen, zu Haß und zu verhärtetem Stolz. Es gab erschütternde Vorfälle, die man zur Erklärung nicht einfach den Psychologen und Therapeuten aufbürden kann. Wenigstens wir Priester müssen eingestehen, daß nicht an allem die Umwelt, die ungünstige Lebensgeschichte und psychische Konstellationen schuld sind. Gott gibt jedem Menschen Vernunft, Freiheit des Willens und das Gewissen, in dessen Innerem wir ein Gesetz entdecken, das wir uns nicht selbst geben, sondern dem wir gehorchen müssen und dessen Stimme uns immer zur Liebe und zum Tun des Guten und zur Unterlassung des Bösen anruft und, wo nötig, in den Ohren des Herzens tönt: Tu dies, meide jenes (vgl. GS 16).

Wer Sünde noch bekennt und bereut, der gibt ein Zeugnis von der Freiheit des Menschen, die nicht alles "Krankheit" zu nennen gestattet, was unsere persönliche Sünde ist; wer sich der Sünde bewußt ist und sie als Sünde eingesteht, der ist mit der Wirklichkeit Gottes verbunden. Denn für den Menschen ist Gott tot, der keine Sünde mehr kennt und den Schuld nicht mehr belastet. Auch wenn es nur der erste Schritt zum Heil ist, ist die Sündenerkenntnis und das Schuldbewußtsein der Anfang der Bekehrung zu Gott. Auch wenn die Sünde das ist, was Gott verabscheut, ist das Schuldbewußtsein der anfängliche Glaubensakt des Menschen, dem Hoffnung und Liebe zu Gott folgen können.

4. Uns Priestern ist das Sakrament der Versöhnung mit Gott anvertraut. Wir werden das Sakrament der Buße als gute Hirten verwalten, wenn wir unserer Schwachheit eingedenk selbst den Weg des bereuenden Petrus gegangen sind: Herr, du weißt alles; du weißt, daß ich dich liebhabe (vgl. Joh 21,17). Den Demütigen und Mutigen vertraut Christus die Sakramente der Kirche an.

Es gibt heute nichts Böses mehr, das man der Kirche nicht vorwirft. Die schlimmste Beleidigung ist erlaubt, wenn sie gegen die Kirche und gegen den katholischen Glauben sich richtet. Die größten Beleidigungen tarnen sich als freie Kunst und machen unsere Gläubigen verzagt. Kaum jemand tritt mit Protest dagegen auf. Die Kirche als der Geheimnisvolle Leib Christi leidet manchmal wie Jesus selbst: verlassen, verraten, hilflos und verachtet, zwischen den Verfolgungen der Welt und den Tröstungen Gottes schreitet die Kirche auf ihrem Pilgerweg dahin (vgl. LG 8).

5. Dennoch geht uns in Augenblicken der Not das wunderbare Geheimnis der unzerstörbaren Kirche Christi auf, wenn uns der Apostel Paulus sagt: "Wir gelten als Betrüger und sind doch wahrhaftig; wir werden verkannt und doch anerkannt; wir sind wie Sterbende, und seht: wir leben; wir werden gezüchtigt und doch nicht getötet; uns wird Leid zugefügt, und doch sind wir jederzeit fröhlich; wir sind arm und machen doch viele reich; wir haben nichts und haben doch alles" (2 Kor 6,8-10). Es ist das Geschick jener Jünger, die bei Jesus blieben, als er sie fragte: "Wollt auch ihr weggehen?" Es sind die Jünger, für die Petrus dem Herrn antwortet: "Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens. Wir sind zum Glauben gekommen und haben erkannt: Du bist der Heilige Gottes" (Joh 6,67-69).

Verfolgung und Verleumdung sagt Jesus denen voraus, die treu zu seiner Wahrheit stehen: "Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein" (Lk 6,23). Es ist Jesus, der auch in seinen Priestern und Jüngern leidet; was soll uns trennen von der Liebe Christi?

6. Gegen den Dienst der Geweihten gibt es manchmal diesen Einwand: Warum sollte der Dienst des Geweihten für die Kirche lebensnotwendig und unverzichtbar sein? Es gibt doch auch solche, die gut Theologie studiert haben und daher genauso gut und korrekt die Homilie halten und die Eucharistie feiern könnten? Es gäbe genug Laien, denen man eine Pfarre und die Aufgaben der Seelsorge anvertrauen könnte. Was antwortet die Kirche? Rein äußerlich mag das Tun der Geweihten und der Nicht-Geweihten gleich aussehen, doch ist es dasselbe? Die Lehre der Kirche verneint dies entschieden.

Wenngleich man sagen kann, daß das II. Vatikanische Konzil dem Laien den gebührenden Platz und authentische Aufgaben zugewiesen hat, unterscheidet dasselbe Konzil sehr bewußt und unverwechselbar den Dienst des Geweihten von jenem des Nicht-Geweihten. Der Dienst der Priester "verlangt in ganz besonderer Weise, daß sie sich dieser Welt nicht gleichförmig machen; er erfordert aber zugleich, daß sie in dieser Welt mitten unter den Menschen leben, daß sie wie gute Hirten ihre Herde kennen und auch die heimzuholen suchen, die außerhalb stehen, damit sie Christi Stimme hören und eine Herde und ein Hirt sei" (PO 3). Christus selbst hat den Unterschied zwischen den Geweihten und dem übrigen Gottesvolk gesetzt (vgl. LG 32). Zwischen der Vollmacht bzw. dem Dienst des Geweihten besteht gegenüber dem Nicht-Geweihten ein Wesensunterschied, der nicht nur nicht überschritten werden darf, sondern auch gültig nicht überschritten werden kann.

7. Die Dogmatische Konstitution über die Kirche spricht von einer "göttlichen Einsetzung" des kirchlichen Dienstamtes, das in verschiedenen Ordnungen ausgeübt wird von jenen, die schon seit alters her Bischöfe, Priester und Diakone heißen (vgl. LG 28). Was Christus selbst mit der Kirche verbunden hat, das bleibt für alle Zeiten und in der ganzen Welt mit dem Wesen der Kirche verbunden. Wer also den Dienst der Geweihten ablehnt oder durch Nicht-Geweihte zu ersetzen sucht, steht im Widerspruch zum Willen Christi.

Das gemeinsame Priestertum der Gläubigen und das hierarchische Priestertum des Dienstes unterscheiden sich dem Wesen und nicht bloß dem Grade nach. Dennoch sind sie einander zugeordnet: das eine wie das andere nämlich nimmt je auf besondere Weise am Priestertum Christi teil (vgl. LG 10). Am selben Erlöser hat alles teil, was das allgemeine Priestertum der Gläubigen und das hierarchische Priestertum des Dienstes ausmacht.

8. Der Priester Jesu Christi gehört nicht zu einer Kaste von Weisen oder von Verdienstvollen; was ihm Auftrag und Vollmacht gibt, ist die besondere Teilhabe am Priestertum Christi. Was Christus durch den Priester in den Sakramenten an Gnadenvollem wirkt, hängt nicht von der menschlichen Persönlichkeit des Priesters ab. In einer Zeit, in der ein Priester gegen den anderen oft ausgespielt wird, müssen wir sehr bewußt festhalten, daß Christus es ist, der auch im armseligsten Priester das göttliche Heil wirkt. Daß jeder Priester in persönlicher Heiligkeit leben und wirken soll, ist das Ziel des heutigen Priestertages, den wir gemeinsam feiern. Je mehr persönliche Heiligung uns gelingt, desto mehr müssen wir dem Zeitgeist widersprechen, der die Auswahl der Seelsorger nach Beliebtheit, Angepaßtheit, Sympathie und menschlichen Gaben vornehmen will. Wieviel Eitelkeit, Eifersucht, Neid und Haß herrscht unter Priestern, die bei Menschen beliebt und geschätzt sein wollen und ihre pastoralen Erfolge lieber in der größeren Akzeptanz als in ihrer Gottgefälligkeit suchen. Wir brauchen uns nur an Jesu Worte erinnern, die uns in diese Perspektive des Heilsdienstes einweisen: "Der Sklave ist nicht größer als sein Herr" (Joh 15,20); "wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen wurde, sollt ihr sagen: Wir sind unnütze Sklaven; wir haben nur unsere Schuldigkeit getan" (Lk 17,10).

9. Wenn wir also unseren Dienst als Geweihte würdig und richtig tun wollen, muß alles zurücktreten, was uns von Jesu Willen entfremdet. In vielfacher Weise müssen wir unsere Urteile, Wünsche und Ziele prüfen, damit wir dieser Glaubenswahrheit in unserem priesterlichen Tun gerecht werden: "Sacerdos in persona Christi agit." Höhepunkt des priesterlichen Dienstes ist die Feier der Eucharistie, in der der Priester in der Person Christi handelt (vgl. LG 28). Und Christus, in dessen Person der Priester handelt, macht sein Opfer nicht von den besonderen Gaben des Priesters abhängig. Verlangt wird vom Priester, daß er tut und will, was die Kirche tut und will.

10. Wo also ist der Priester eingeordnet, der durch das Weihesakrament unwiderruflich bevollmächtigt ist zum wesensverschiedenen Dienst, der ihn aus dem Volk Gottes heraushebt?

Wir glauben heute nur allzugern, daß die konkrete Arbeit es ist, die unser Priesteramt ausmacht. Wir folgen damit der weltlichen Meinung, daß Arbeit und Aufgaben die Ämter entstehen lassen. Dem jedoch widerspricht die Lehre des Nachsynodalen Apostolischen Schreibens "Christifideles laici": "Nicht eine Aufgabe konstituiert das Amt, sondern das Sakrament des Ordo" (Nr. 23). Bei aller Zielsetzung in der Ausbildung der Priesterkandidaten kann es weder eine Spezialisierung noch eine Generalisierung der Fähigkeiten der Kandidaten sein, die zur Priesterweihe und zum Amt führt. Das Sakrament des Ordo gewährt ein Amt, dem von Menschen und Aufgaben keine Grenzen gesetzt sind. Wenngleich der Priester ganz bestimmte Aufgaben zu übernehmen hat, ist es Berufung, was ihm zugewiesen wird; der Ordo ist die Verfügbarkeit des Priesters gemäß göttlicher Berufung.

Wie wir kein Recht auf Weihe haben, so gibt es für den Geweihten kein Recht, diese oder jene Aufgabe und Arbeit zu beanspruchen. Es gehört sicher zur kirchlichen "Vernünftigkeit", die Priester gemäß Eignung, Ausbildung und Freiwilligkeit einzusetzen; dennoch wird keiner auf eine bestimmte Aufgabe hin geweiht. Ganz entscheidend ist es für den Weihedienst, diesen in Ehrfurcht und Gehorsam gegenüber dem Diözesanbischof bzw. auch gegenüber einem Ordensoberen anzunehmen und getreu auszuführen. Zum Gehorsam gehört die Ehrfurcht gegenüber dem, unter dessen Leitung die rechtmäßige Eucharistiefeier steht. Der Bischof teilt durch den Dienst des Wortes die Kraft Gottes den Glaubenden zum Heil mit, und durch die Sakramente, deren geregelte und fruchtbare Verwaltung er in seiner Autorität ordnet, heiligt er die Gläubigen. Schließlich muß er die Anbefohlenen mit dem Beispiel seines Lebenswandels voranbringen, ihr Verhalten vor allem Bösen bewahren und nach Kräften mit der Hilfe des Herrn zum Guten hin wandeln, damit er zusammen mit der ihm anvertrauten Herde zum ewigen Leben gelangt (vgl. LG 26).

11. Als Stellvertreter und Gesandter Christi leitet der Bischof die ihm zugewiesene Teilkirche, er heißt in Wahrheit Vorsteher des Volkes, das er leitet (vgl. LG 27). Er gibt in Abstufung den Priestern und Diakonen zur Teilhabe die Weihe und Sendung weiter. Um dieser Teilhabe an Priestertum und Sendung willen sollen die Priester den Bischof wahrhaft als Vater anerkennen und ihm ehrfürchtig gehorchen. Der Bischof wiederum soll seine priesterlichen Mitarbeiter als Söhne und Freunde ansehen (vgl. LG 28).

Wie wenig also können sich Priester und Gläubige auf das II. Vatikanische Konzil berufen, wenn sie Papst und Bischof den Gehorsam versagen, wenn sie spotten, wenn sie die Ordnung der Kirche in Frage stellen und mit heuchlerischen Worten das Volk Gottes zur Lieblosigkeit verführen.

12. Es ist das große Werk des Erlösers, für das der Priester geweiht ist und in das er als Mitarbeiter des Bischofs seinen ehrfürchtigen Gehorsam einbringt. Der Priester dient Gott, dessen Stiftung und Werk die Kirche ist. Der Priester ist immer mehr und anders als ein Beamter oder Sachkundiger. Was die Sache Gottes berührt, kann nur in Liebe geschehen; daher ist auch das Gehorchen nur gottgefällig, wenn es ein persönliches Konkretum der Liebe ist. Wenn wir in der Kirche Christi mitwirken, kann Gehorsam schließlich nur Liebe sein.

Wie vieles andere wird der Gehorsam als unzeitgemäß, unnütz und unmenschlich mißverstanden, weil die unendliche Weite des Weiheamtes für uns oft nicht aufgeht in der Verpflichtung auf die Liebe Christi. Wenn uns Gott in der Weihe anrührt und beruft, kann das gute Ende unserer Mühen nur die Liebe zu Gott und zum Volk Gottes sein.

13. Bei aller Diskussion über das letzte Konzil, die selten theologisch, aber sehr häufig kirchenpolitisch geführt wird, ist meist unbemerkt geblieben, daß das Konzil mit Absicht wohl vieles bekräftigt hat, aber Zurückhaltung geübt hat in den letztverbindlichen Glaubensaussagen; dabei ist noch vieles davon unbedacht geblieben, was eigentlich eine neue Denkbahn für theologische Einsichten und Zusammenhänge wäre. Wenn gerade durch dieses Konzil das Weiheamt des Bischofs in bisher unbedachten Zusammenhängen im Heilswerk und der Kirche in das Ganze unseres Glaubens gerückt wird, ist auch ein weiterer Schritt zur theologischen Identität des geweihten Dieners gelungen.

14. Immer wieder taucht heute in den Dokumenten der Kirche, in den Aufrufen zur Erneuerung und in der Frage der geistlichen Berufe der Terminus von der "Identität" des Priesters auf. Zuweilen meint man damit eine Identität in der soziologischen Rolle oder in der psychischen Stabilität, die der Priester oft allmählich entwickelt; auch eine theologisch-spekulative Identität erreicht nicht im Nachhinein das, was die Vorgabe des Ordo von Anfang an ist und nicht erst a posteriori sich zu einer personalen, geistigen und geistlichen Größe bildet. All das, was hier die Identität des Geweihten ist, zerfällt schließlich wieder in Aufgaben und Errungenschaften, die das Amt noch nicht konstituieren, das hingegen der Ordo verleiht.

Was aber ist der Ordo in der ganzen Weite des priesterlichen Seins und Tuns wirklich, worin fordert der Ordo vom Geweihten die Grenzenlosigkeit der Liebe ein? Worin kann der Ordo - wie die Kirche selbst - eine absolute Gabe sein, auf die niemand ein Recht hat, und alles im voraus so gestalten, daß der Priester wirksam, unabhängig vom eigenen Verdienst und den Willen Christi erfüllend in der Person Christi handelt? Es ist ein Wesensmerkmal der Kirche, in dem sich vollzieht, was die göttliche Gabe des Ordo ist, der die Vollmacht und Kraft jeder pastoralen Gestaltung des Priesteramtes ist.

15. Unsere Kirche ist die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche. Das Konzil hat die Denkbahn zur Apostolizität der Kirche geöffnet, die den heiligen Ursprung des Ordo als Göttliches und Unterscheidendes festhält und den Ordo in der Stiftung Christi und in der geistgeführten Kirche als Heilsnotwendigkeit erkennt und bezeugt. Die Apostolizität der Kirche ist etwas anderes als der bloß historisch beschriebene Vorgang der Verkündigung und Missionierung durch die Kirche. Auch wenn die historische Epoche der Apostel längst zu Ende ist, ist die Kirche immer noch die apostolische wie sie die eine, heilige, katholische ist. In der Heilsgeschichte, in der die Kirche gestiftet, durch die Ausgießung des Heiligen Geistes offenbart und am Ende der Weltzeiten in Herrlichkeit vollendet wird (vgl. LG 2), wirkt die Kirche nicht einfach als eine Lehrgemeinschaft, die die Wahrheiten Gottes wie eine philosophische Lehre verkündet. Nicht in abstrakten Begriffen und in zeitlosen Urteilen wirkt die Kirche.

16. "Damit das Evangelium in der Kirche für immer unversehrt und lebendig bewahrt werde, haben die Apostel Bischöfe als ihre Nachfolger zurückgelassen und ihnen ihr eigenes Lehramt überliefert ... Was von den Aposteln überliefert wurde, umfaßt alles, was dem Volk Gottes hilft, ein heiliges Leben zu führen und den Glauben zu mehren. So führt die Kirche in Lehre, Leben und Kult durch die Zeiten weiter und übermittelt allen Geschlechtern alles, was sie selber ist, alles, was sie glaubt" (DV 8).

"Die apostolische Überlieferung kennt in der Kirche unter dem Beistand des Heiligen Geistes einen Fortschritt. Es wächst das Verständnis der überlieferten Dinge und Worte durch das Nachsinnen und Studium der Gläubigen, die sie in ihrem Herzen erwägen (vgl. Lk 2,19.51), durch innere Einsicht aus geistlicher Erfahrung und durch die Verkündigung derer, die mit der Nachfolge im Bischofsamt das sichere Charisma der Wahrheit empfangen haben" (DV 8).

Was von den Bischöfen gesagt ist, gilt in Teilhabe auch vom geweihten Priester: "Da das Amt der Priester dem Bischofsstand verbunden ist, nimmt es an der Vollmacht teil, mit der Christus selbst seinen Leib auferbaut, heiligt und leitet. Darum setzt das Priestertum der Amtspriester zwar die christlichen Grundsakramente voraus, wird aber durch ein eigenes Sakrament übertragen. Dieses zeichnet die Priester mit einem besonderen Prägemal aus und macht sie auf diese Weise dem Priester Christus gleichförmig, so daß sie in der Person des Hauptes Christus handeln können (PO 2).

17. Fragen wir also nach der Identität des Ordo, so finden wir in der Apostolizität der Kirche, die ein geistgeleitetes, aber konkretes Weitergeben der Wahrheit und des Heiles Christi begründet und gegenwärtig bewahrt, jenes Wesensmerkmal der Kirche, das den heiligen Dienst der Geweihten weitergeben und ordnen läßt.

Wenn wir als Priester unser Dasein und Wirken nach Christi Willen erfüllen, dann gehören wir zu denen, die am apostolischen Amt des Bischofs teilhaben; dann gilt Jesu Wort: Wer euch hört, der hört mich, wer euch verachtet, der verachtet mich; wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch; tut dies zu meinem Gedächnis; geht hin, lehrt, tauft (vgl. Lk 10,16; Joh 20,21; Mt 28,19).

Vieles wird bedacht und geplant; eines aber bleibt unser Geheimnis wie jenes der Apostel. Jesus stieg auf einen Berg und rief die zu sich, die er sich erwählt hatte, und sie kamen zu ihm (vgl. Mk 3,13). Jesus fragte nicht das Volk, ob es mit seiner Wahl einverstanden war. Jeder Berufene in der apostolischen Gemeinschaft der Kirche gehört zu denen, die mit Christus das Geheimnis der Erwählung teilen. Die Erwählten kamen zu Jesus. Komm auch du und folge ihm!


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Texte von Bischof Krenn werden im Internet auf hippolytus.net mit freundlicher Erlaubnis von Dr. Kurt Krenn publiziert. Verantwortlich: DI Michael Dinhobl und Dr. Josef Spindelböck. Die HTML-Fassung dieses Dokuments wurde erstellt am 25.10.1997.

 

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