zurück   Interviews
Diözesanbischof Dr. Kurt Krenn von St. Pölten

Interview ("NEWS", 29.07.2004)

"Eigener Rücktritt? Kommt nicht infrage!"
Das letzte Interview von Bischof Krenn während der Apostolischen Visitation

"Strafverschärfung" für Bischof Kurt Krenn! Am Mittwoch gab der Apostolische Visitator Klaus Küng bekannt, dass Bischof Krenn zukünftig keine Interviews mehr geben dürfe. Es sein denn, diese sind von Küng genehmigt. Der Visitator betonte, dass dies nicht nur sein eigener Wunsch, sondern auch der von Papst Johannes Paul II. wäre. Wenige Stunden vor dem Interviewverbot stand Kurt Krenn dem News-Reporter Hubert Wachter Rede und Antwort.

NEWS: Herr Bischof, mit welchem Gefühl - mit Bangen oder so - sind Sie Montagabend zurück in Ihre Diözese St. Pölten gekommen?
Krenn: Ich bin dorthin zurückgekommen, wo meine Arbeit ist. Ich hatte kein besonderes Gefühl.

NEWS: In den letzten Tagen formulierten Sie mehrmals, Sie schlössen Ihre Abberufung nicht mehr aus.
Krenn: Ich sagte, ich halte sie für möglich und denkbar, aber nicht mehr. Von mir aus würde ich Derartiges nie tun, alles andere ist Sache des Heiligen Stuhles.

NEWS: Also, wenn der Papst sie befehlen sollte, dann…
Krenn: …mach ma das, klar.

NEWS: Sollte es zu Ihrer Abberufung kommen, was müsste die Grundlage dafür sein?
Krenn: Es müsste eine Grundlage da sein, die in irgendeiner Weise etwas Schuldhaftes darstellt, persönliche Verfehlungen oder so. Aber nachdem ich meine, ein gutes Gewissen zu haben, keine Schuld zu haben, halte ich solche Gedanken für abwegig.

NEWS: Und von sich aus selbst zu resignieren, zurückzutreten, etwa aus Krankheitsgründen?
Krenn: Nein. Auf keinen Fall!

NEWS: Als was sehen Sie denn die „Causa St. Pölten“? Eine kircheninterne Intrige, wie dies Ihr Seminars-Regens Küchl diagnostizierte? Sie selbst sagen, es sei gar nix dran.
Krenn: Wenn ich sage, nix dran, meine ich – ich sehe keine substanziellen Verfehlungen von irgendjemandem, der dafür zur Verantwortung gezogen werden könnte. Ich sehe sie nicht, diese Dinge. Die soll mir erst einer zeigen, dann würde darüber zu reden sein.

NEWS: Zur Visitation. Waren Sie vom Papst enttäuscht, dass er diese angeordnet hat?
Krenn: Nein. Das gehört zum Normalen. Was man da behauptet hat, von wegen meiner Entmachtung oder einem Kontrollor für mich, oder die Visitation sei sehr selten, das stimmt ja alles nicht. In der Weltkirche wird immer wieder visitiert, in Orden, in Diözesen. Das ist nichts Außergewöhnliches. Es ist doch gut, wenn man so in eine Sache Klarheit hineinbringt.

NEWS: Was Ihr Redeverbot während der Visitation betrifft, sagten Sie, da kenne sich Kardinal Schönborn nicht aus. Ist er Ihr schärfster Gegner?
Krenn: Das kann ich nicht bestätigen, aber auch nicht in Abrede stellen. Wir haben nicht allzu viel Kontakt miteinander.

NEWS: Sind Sie von Ihren Kollegen Bischöfen und deren Reaktionen Ihnen gegenüber enttäuscht?
Krenn: Nein. Ich kenne die Meinen, und die Meinen kennen mich. Ich bin nicht überrascht, nein, auch nicht über andere, die da jetzt so empört sind.

NEWS: Aber für die Gläubigen ist es doch seltsam zu hören, man habe mit Ihnen Probleme wegen Ihrer Gesundheit, Ihrer harten Sprache, Ihrer mangelnden Kommunikationsfähigkeit.
Krenn: Zunächst – ich bin zurzeit wirklich gesund. Das andere habe ich selber gar net gehört und hab das deshalb so auch nicht zur Kenntnis nehmen müssen. Aber wenn’s g’sagt wird, mein Gott, ja, es ist schon viel gesagt worden, was nicht stimmt.

NEWS: Was, meinen Sie, wird aus der päpstlichen Visitation Ihrer Diözese herauskommen?
Krenn: Ich kann nur sagen, was ich hoffe – dass das Priesterseminar diese Probleme übersteht, dass es weitergeht. Denn was hat man denn davon, Recht zu haben, und dann nur noch irgendwelche Schadensbegrenzungen durchzuführen? Das Seminar ist wichtig, wir haben einen ganz guten Anfang gehabt. Ich würde nicht sagen, dass dort alles schief war.

NEWS: Aber es wird Ihnen vorgeworfen, dass Sie mit Ihrem Seminar einen Sonderweg beschreiten – dass Sie Priesteranwärter aufnehmen, die andere Diözesen abgelehnt hätten, Sie also die Auswahl-Sorgfalt vermissen ließen. Es heißt, Krenn nehme alles, nur um halt viel Priesternachwuchs zu haben.
Krenn: Das tun wir nicht. Wir haben beileibe nicht alle genommen, die sich bei uns gemeldet haben. Wir haben jeden begründeten Fall geprüft. Gewissenhaft.

NEWS: Aber Kardinal Schönborn und die Bischofskonferenz sagen, Sie hätten den vorgeschriebenen Ausbildungsweg verlassen. Wenn das so war, wieso wurde Ihnen das nicht schon längst untersagt?
Krenn: Die Bischofskonferenz kann nichts untersagen, die kann einem Bischof nicht einfach was verbieten. Denn die Konferenz ist wesentlich weniger mächtig als jeder einzelne Bischof.

NEWS: Was jetzt - sind Sie einen Sonderweg gegangen oder nicht?
Krenn: Ich war einer jener, die sehr für das Priesteranwärter-Vorbereitungsjahr eingetreten sind. Habe aber bald bemerkt, dass das de facto ein falscher Weg mit falschen Optionen ist. Nun - ich muss das auch nicht machen. Also, was hier in St. Pölten passierte, ist ganz normal. Jetzt wird halt vieles übertrieben. Außerdem ist zu sagen: Ich hatte wenigstens mehr Seminaristen im Priesterseminar als andere, was aber nicht unbedingt ein Zeichen des Besseren, aber doch ein Zeichen ist, dass sich was bewegt und rührt.

NEWS: Zu den Folgen der Visitation. Zu Jahresbeginn sagten Sie zu uns, Sie würden keinesfalls einen Koadjutor an Ihrer Seite akzeptieren. Damals ging es um die Nachfolge Ihres Weihbischofs Alois Fasching. Jetzt geht es um sehr viel mehr. Würden Sie einen Koadjutor an Ihrer Seite akzeptieren?
Krenn: Ich weiß nicht, was im Fall Fasching ist, für mich ist der Weihbischof nach wie vor im Amt. Und wenn Rom einen Bischofs-Koadjutor in St. Pölten will, muss ich diesen akzeptieren. Ich hätt zwar keine große Freude damit, weil ich glaube, dass das nicht die Lösung der Dinge wäre. Aber in dieser Frage Gehorsam zu üben ist kein Problem für mich.

NEWS: Wenn dieser Koadjutor etwa der Sekretär der Bischofskonferenz wäre, Mag. Dr. Ägidius Zsifkovics, dessen Namen man schon da und dort dafür hört?
Krenn: Ach, der ist in Ordnung.

NEWS: Wann, meinen Sie, kommt die „Causa St. Pölten“ zur Ruhe?
Krenn: Na ja, wenn der Krenn einmal stirbt …

NEWS: Bleiben wir in der mittelbaren Zukunft: Bis wann erwarten Sie ein Ergebnis der Visitation und die Reaktion – Schuldspruch oder Freispruch – aus Rom?
Krenn: Also, einen Schuldspruch wird’s überhaupt nicht geben, weil keine Schuld in dem Sinn da ist. Aber wie lang das jetzt alles dauert und wie irrtumsfrei das alles sein wird, kann ich nicht sagen.

NEWS: Seit kurzem rollt die Kripo zudem auch den Tod eines spätberufenen 54-jährigen Seminaristen aus dem Herbst 2003 wieder auf. Ein Selbstmord, bei dem jedoch Fremdverschulden nicht ganz ausgeschlossen wird. Das wird die Causa St. Pölten weiter enorm anheizen.
Krenn: Nein, ich glaube nicht. Ich habe den Toten gekannt, er war schon einst bei mir Schüler in Regensburg. Und fast mein Landsmann, wir hatten aber nie was B'sonderes miteinander zu tun. Wir hatten ihn, soweit ich weiß, gar nicht als Alumne aufgenommen, sondern er wollte es halt nochmals versuchen. Er war ein ganz hervorragender Mensch, der, glaube ich, nix, angestellt hat.

NEWS: Was war dann der Grund seines Selbstmordes?
Krenn: Das ist ein Geheimnis Gottes. Ich kenne Teile aus seinem Leben, seine Enttäuschungen, weniger it Frauen, aber er hat allerlei Klöster und Ordenshäuser aufgesucht, wollte unterkommen, aber es hat halt nix gehalten.

NEWS: Was bedeuten für Sie persönlich die Vorfälle in Ihrer Diözese? Enttäuschung oder was?
Krenn: Ich bin keiner, der irgendwo sich enttäuscht, weil wir alle selber genug am Buckel haben. Ich bin auch nicht einer, den man so schnell umschmeißt.

NEWS: Bischof Krenn, ein Steher selbst in dieser Situation?
Krenn: Ja, das ist besonders und vor allem auch mein Spaß am Widerspruch. Kein billiger Spaß, sondern meine Fähigkeit und mein Spaß zum Widerspruch.

NEWS: Geht's nicht auch um einen Kampf innerhalb der Kirche?
Krenn: Sicher, na klar, so wie eben auch die Apostel untereinander gestritten haben. Jeder meint, Gott einen Dienst zu tun, das Richtige zu tun. Außerdem sind wir in der Kirche nicht so gut, wie wir ausschauen. Es geht um Neid, um Eingebildetheiten. Das spielt im Fall St. Pölten auch eine gewisse Rolle. Es geht mehr um persönliche Differenzen. Sie ausräumen ist schwer, da bräucht's ein Wunder.

Interview: Hubert Wachter.
 


zurück
Texte von Bischof Krenn werden im Internet auf hippolytus.net mit freundlicher Erlaubnis von Dr. Kurt Krenn publiziert. Verantwortlich: DI Michael Dinhobl und Dr. Josef Spindelböck. Die HTML-Fassung dieses Dokuments wurde erstellt am 30.07.2004.

 

Zur Hauptseite der "Bischöflichen Homepage"

Zur Diözese St. Pölten