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Diözesanbischof Dr. Kurt Krenn von St. Pölten

Predigt zur Missa chrismatis
am 27. März 2002

Zum Gastmahl des barmherzigen Vaters sind wir heute geladen; das Opfer Christi dürfen wir heute in brüderlicher Gemeinschaft feiern. Kommt und ruht ein wenig aus, ehe ihr wieder zurückkehrt zu den Gläubigen, die der Herr eurer besonderen Sorge als den Priestern und Diakonen anvertraut hat. Gott schenke euch nicht nur Kraft in den Mühen der heiligen Karwoche und des Osterfestes, sondern auch eine tiefe Freude im Dienst am Reich Gottes. Heute ist der Tag der geweihten Diener Gottes. Heute sollt ihr die geweihten heiligen Öle in alle Pfarreien unserer Diözese bringen. Liebe Priester, ihr seid die Hirten, deren Hände gesalbt sind. Ihr dürft vor den Gläubigen bezeugen: Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen ... Muß ich auch wandern in finsterer Schlucht, ich fürchte kein Unheil ... Du deckst mir den Tisch vor den Augen meiner Feinde. Du salbst mein Haupt mit Öl, du füllst mir reichlich den Becher. Lauter Güte und Huld werden mir folgen mein Leben lang, und im Haus des Herrn darf ich wohnen für lange Zeit (Ps 23).

Liebe Mitbrüder! Ihr wißt vieles über Gott, den Menschen und die Kirche. Der Bischof möchte euch etwas sagen, was euch ermutigt, was euch tröstet oder was euch zum Herrn bekehrt. Hört einfach mit offenem Herzen und verweilt in der unbegrenzten Barmherzigkeit Christ, die alles Menschliche und Sündige durch jene Wahrheit besiegt, die sich uns als Sein in Christus und als die Gewißheit über Gottes Willen kundtut.

In diesen Kartagen möget ihr alle bereit und offen sein: Für die Sünder, die euer lossprechendes Wort in der Beichte brauchen; für die Gläubigen, die in der Eucharistie mit Christus eins sein wollen. Werdet auch selbst wieder neue Menschen, die in der persönlichen und oftmaligen Beichte  auch auf ihrem Lebensweg Zeugnis davon geben, daß Christus in euch lebt und für immer lebt. Mit Freude wollen wir unseren Brüdern und Schwestern kundtun, was Paulus sagt:  “So lebe nun nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir” (Gal 2,20). Das Geheimnis unseres priesterlichen Dienstes ist das Handeln in der Person Christi: Was wir als geweihte Diener wirken, das macht Christus zur eigenen Tat und zu seinem eigenen Werk der Erlösung; was wir für das Heil wirken sollen, das hat Gott vor aller Zeit längst für uns vorausbestimmt.

Laßt uns heute einmal von uns Priestern reden, zunächst von uns. Wer Tag und Nacht mit dem Allerheiligsten umzugehen hat, der läuft oft auch Gefahr, daß seine Seele verwahrlost; daher interessiert uns oft nichts mehr, was mit Gott zu tun hat. Vergleicht einmal die Stunden, die der Priester vor dem Fernsehen verbringt und jene Stunden, in denen er betet, vor Gott kniet und in stille Andacht versinkt. Prüfen wir unsere Zunge, die viel lieber schwätzt und tratscht, die kritisiert und lieblos redet.

Der Judasbrief erinnert an das, was die Apostel Jesu Christi im voraus verkündet haben: In der Zeit vor dem Ende werden Spötter kommen und ihren gottlosen Begierden folgen. Sie werden die Einheit zerstören, denn es sind triebhafte Menschen, die den Geist nicht besitzen (18,19).

Alljährlich feiern wir mit ernster Nachdenklichkeit die Missa chrismatis; auch nächstes Jahr wird es Themen und Mühen geben, die sich uns als pastorale Aufgaben stellen.  Niemals wird es den Tag geben, an dem alles zu aller Zufriedenheit ist; Gnade und Segen bedeutet in unserem Leben immer Mühe und das Ringen um das Bessere.

Liebe Mitbrüder! Wiederum danke ich euch für den priesterlichen Dienst, den ihr leistet. Manch einer  hat bereits ein höheres Alter und ist trotzdem bereit, unverdrossen und mit heiliger Freude für das Heil der Seelen seine Arbeit zu tun. Wir haben auch die nachweisbare Gewißheit, daß die Resignation euch nicht besiegt hat; laßt euch von niemandem durch mutlose Resignation anstecken und niederdrücken. Glaubt nicht den schadenfrohen und falschen Propheten, für die alles in der Kirche schlechter wird oder gar in einer Katastrophe endet! Jeder Priester, der mutig und demütig zu Christus, zum Papst und zum Bischof steht, ist ein Zeuge der zukünftigen Herrlichkeit, die an den Erlösten im Heiligen Geist offenbar wird; wir sind nicht nur die Ausspender der Gnaden, wir sind auch selbst in Christus erlöst und werden vom Heiligen Geist durchströmt, wodurch der Leib der Kirche, der Christi geheimnisvoller Leib ist, auferbaut wird und Zeichen und Licht für alle Menschen ist.

Wir leben in einer Zeit, in der in manchem Land Europas der Priester auszusterben scheint. Schon malt man uns eine schreckliche, priesterlose Zeit in unseren Pfarren an die Wand. Es wird Zeit, daß auch wir Priester beherzigen, was Johannes Paul II. am 20. Juni 1998 in St. Pölten sagte: Ein Priester kann nur durch einen Priester ersetzt werden. Dieser Satz möge uns alle im Herz und im Gewissen treffen: Kümmert euch um die Berufenen: Redet sie an; bezieht sie in die Arbeit der Pfarre ein; geht ihnen nach, um sie in der entscheidenden Stunde zu fragen, ob sie Priester werden wollen und zur Nachfolge und Sendung Christi bereit sind. Eure Sorge für die Berufenen werde zu einem Zeichen der Zeit. Ehrt und liebt die Mitbrüder; einer trage des anderen Last, und laßt uns in Heiligkeit leben. Lebt in eheloser Keuschheit jene Liebe zu Gott, die alles - auch das ganze Lebensglück - für Gott hinzugeben bereit ist. Wachet und betet und bekehrt euch immer wieder zum Herrn, bei dem Barmherzigkeit und Erlösung ist.

Durch Christus sind wir “Söhne im Sohn” (vgl. GS 22) und wir dürfen im Gebet rufen: Abba, Vater. Was der Vater für seinen einzigen, ewigen Sohn ist, das ist auch das absolut Beste, was uns widerfahren kann in der Anbetung und im Vertrauen zu Gott unserem Vater.

Liebe Mitbrüder! Beichtet selbst oft, ehrlich und würdig! Verbringt keinen einzigen Tag in der Gnadenlosigkeit, wenn Schuld euch bedrückt. Ihr seid auch die Beichtväter, die in der Person Christi die Sünden nachlassen.

Der Heilige Vater  schreibt im Gründonnerstags-Brief an die Priester vor allem über das Bußsakrament. Ich bitte euch inständig: Stellt euch den Gläubigen oft und auch regelmäßig für die persönliche Beichte  zur Verfügung. Gnade kann nur dort sein, wo die Gläubigen beichten und die Priester immer auch die Beichte zu hören bereit sind. Hierin hat manche Pfarre in unserer Diözese Versäumtes nachzuholen. Eine Pfarre ohne Beichte verdient nicht den Namen einer “lebendigen Pfarre”. So ist es zuweilen Tatsache, daß viele die Kommunion unwürdig empfangen, weil sie ihre schweren Sünden nicht gebeichtet haben und ihr Gewissen verwahrlosen ließen. Auf diesem Weg fällt es vielen Gläubigen schwer, das Gesetz Christi zu begreifen, das die Kommunion für die geschiedenen Wiederverheirateten ausschließt. Für jeden Menschen jedoch steht die Barmherzigkeit Christi offen, wenn er diese  in guten und richtigen Lebensentscheidungen seines gebildeten Gewissens ergreift.

Jeder beichtende Gläubige soll in der Beichte die Wärme eurer persönlichen Sorge spüren können; hört zu, gebt Rat und Trost, vergebt die Sünden in Christi und der Kirche Namen. Verkündet die Wahrheit Christi in den Geboten Gottes; macht Gottes Willen nicht zu eurer Beliebigkeit, treue Verkünder des Willens Christi sollt ihr sein. Redet nicht von Liebe, wenn ihr dabei die Wahrheit vernachlässigt.

Müht euch um eine gute und verstehbare Sakramentenkatechese. Ich danke allen, die bei der Vorbereitung auf die Sakramente helfen: den Tischmüttern, Firmhelfern, Pfarrgemeinderäten und Religionslehrern. Es ist jedoch unbedingte Pflicht des verantwortlichen Priesters zu prüfen, was in diesen Katechesen gelehrt und gelernt wird. Ihr Priester seid die verantwortlichen Lehrer des Glaubens; entzieht euch dieser Mühe nicht.

Den Segen Gottes wollen wir auf die heiligen Öle herabrufen. Mit Christus wollen wir Abendmahl feiern. Die Lebenszeit, die uns noch bleibt, wollen wir ganz der Kirche schenken. Vielleicht werden wir heute von der Stimme Christi  getroffen, die dem Sünder Zachäus auf dem Baum sagt: Zachäus, steig schnell herab, heute will ich bei dir bleiben. Bringt die herzlichen Ostergrüße des Bischofs zu den Mitbrüdern und Gläubigen. Ich darf euch an die Worte Jesu am Kreuz an den Jünger erinnern: Dies ist deine Mutter.

Söhne im Sohn wollen wir sein, Söhne der Mutter Maria, die euch segne und schütze!


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Texte von Bischof Krenn werden im Internet auf hippolytus.net mit freundlicher Erlaubnis von Dr. Kurt Krenn publiziert. Verantwortlich: DI Michael Dinhobl und Dr. Josef Spindelböck. Die HTML-Fassung dieses Dokuments wurde erstellt am 27.03.2002.

 

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