zurück   Interviews
Diözesanbischof Dr. Kurt Krenn von St. Pölten

NEWS-Interview (17. Juni 1999, Nr. 24/99, S.40-41)

Wenn der Papst ruft
KURT KRENN.
Österreichs streitbarster Bischof
über den kranken Pontifex, die eigene Zukunft,
sein EU-Wahlverhalten
und ein kritisches Buch.

Der St. Pöltener Bischof war am Dienstag vergebens nach Polen gereist: Die Abschlußmesse fiel einer Fiebererkrankung des Papstes zum Opfer. Kurt Krenn nutzte daher am Vortag der österreichischen Bischofskonferenz die Zeit, um Aktuelles zu besprechen:

NEWS: Herr Bischof, hat Sie das EU-Wahlergebnis überrascht?

Krenn: Eigentlich nicht. Ich habe ungefähr damit gerechnet. Daß die SPÖ stärkste Partei wurde, spiegelt die österreichischen Verhältnisse wider. Also: keine Überraschung.

NEWS: Wen haben Sie gewähIt?

Krenn: Mit Vorzugsstimme eine Bäuerin meiner Diözese.

NEWS: Also Agnes Schierhuber von der ÖVP-Liste Stenzel.

Krenn: Eine sehr tüchtige und gläubige Frau.

NEWS: Sie waren am Dienstag in Polen. Haben Sie mit dem erkrankten Papst reden können?

Krenn: Leider nicht. Er hatte Fieber und konnte den Festgottesdienst nicht zelebrieren. Alle hoffen aber, daß es ihm bald wieder besser geht.

NEWS: Eine Privatreise?

Krenn: Keineswegs. Ich hätte als Vertreter der österreichischen Bischofskonferenz an der Abschlußmesse teilnehmen sollen. Schönborn war einige Tage vorher in Polen. Auch nicht privat.

NEWS: Wie vertragen Sie sich zur Zeit mit Kardinal Schönborn?

Krenn: Recht gut. Unverträglichkeiten kommen von dritter Seite. NEWS: Von Helmut Schüller?

Krenn: Der hat in aller Öffentlichkeit über mich Dinge gesagt, die ich nicht akzeptieren kann. Aber am besten ist es, wenn man solche Dinge im Schweigen begräbt.

NEWS: Herr Bischof, der Journalist Norbert Stanzel schrieb ein Buch mit dem Titel: Kurt Krenn, "Die Geißel Gottes". Verärgert?

Krenn: Ich habe es nicht gelesen und werde es auch nicht lesen.

NEWS: Einer der Vorwürfe: Sie hätten sich an Marian Jaworski herangemacht, den Erzbischof von Lemberg. Über diesen engen Papst-Freund hätten Sie sich dann dem Papst angedient.

Krenn: Klingt gut, aber kein Wort ist wahr. Ich kann aus ehrlichem Bewußtsein sagen, daß ich nie eine Position angestrebt und ich mich niemandem angedient habe. Ich bin stets den Weg des mühsamen Zeugnisses gegangen. Ich lasse mir nicht nachsagen, ein unguter Karrierist zu sein.

NEWS: Aber mit Jaworski sind Sie schon befreundet?

Krenn: Ich war 1976 als Vertreter der Universität Regensburg und Würzburg bei einem Kongreß in Rom. Zufällig saß Professor Jaworski neben mir, der Dekan der Theologischen Universität Krakau. Karol Wojtyla war damals noch gar nicht Papst, und ich kannte auch deren beider freundschaftliche Beziehungen nicht.

NEWS: Mittlerweile sind auch Sie Papst-Freund.

Krenn: Wenn sich der Papst als mein Freund sieht, nehme ich diese Freude gerne an. Ich jedenfalls bin absolut loyal: dem Papst gegenüber, der Kirche und dem Evangelium.

NEWS: Aber Sie sind doch Frühstücksgast des Papstes?

Krenn: Wenn der Papst ruft, komme ich.

NEWS: Sie werden als künftiger Kardinal genannt. Ein Gerücht?

Krenn: Davon weiß ich nichts. Kardinal oder nicht ist alleinige Sache des Papstes. Wenn der Heilige Vater meint, daß er jemanden braucht, dann wird er ihn rufen. Wenn der Papst einen Wunsch hat, bin ich der Letzte, der diesen ablehnt.

NEWS: Als Sie vor zwölf Jahren Bischof wurden ...

Krenn: ... hat der damalige Nuntius Michele Ceccquini zu mir gesagt: Der Papst möchte, daß Sie als Weihbischof nach Wien gehen. Und er hat den Satz hinzugefügt: Der Heilige Vater erwartet sich von Ihnen ein Ja.

NEWS: Auch wenn er Sie als Erzbischof nach Wien schickt?

Krenn: Ich habe keinen Grund, darüber nachzudenken.

NEWS: Sie kennen das Gerücht: Schönborn nach Rom, Sie nach Wien.

Krenn: Sicher habe ich davon gehört. Aber ich denke nicht daran, irgendwelche Spekulationen über Schönborn anzustellen. Ich habe nur vernommen, daß er selber so was in Abrede stellt. Ich weiß also davon nichts. Man ist nur in dem Augenblick wirklich gefragt, wenn man gefragt wird. Und wenn man nicht fragt, dann wäre ich auch recht glücklich.

NEWS: Sind Sie unglücklich in St. Pölten?

Krenn: Im Gegenteil: Ich bin hier uneingeschränkt glücklich. Die Schwierigkeiten, die es gab, machten mich entschlossener. In letzter Zeit habe ich es hier eigentlich recht schön. Die Anfeindungen werden immer weniger.

NEWS: Ihre letzte Auseinandersetzung mit Schönborn betraf vergewaltigte Frauen im Kosovo. Sie meinten, daß niemals abgetrieben werden dürfte - Schönborn war gegenteiliger Meinung.

Krenn: Ich weiß, daß ich recht habe. Was ich sage, ist die Lehre der Kirche. Schönborn hat nur gemeint, meine Erklärung wäre überflüssig. Da widerspreche ich heftig: Ich glaube nicht, daß meine Wortmeldung überflüssig war. Kein Mensch, der an die katholische Moral glaubt, kann so was überflüssig finden.

NEWS: Herr Bischof, Johann Weber in Graz kämpft seit Monaten gegen das Gerücht an, ihm würde ein Koadjutor - ein Bischof mit Nachfolgerecht - beigestellt. Haben Sie das auch gehört?

Krenn: Gehört ja - aber Konkretes weiß ich nicht. Aber wenn viel darüber geredet wird, kann es sein, daß Irreales real wird.

NEWS: Ist es denkmöglich, daß Weber einen Koadjutor bekommt? Krenn: Denkmöglich ja ...

NEWS: Andreas Laun?

Kmtin: Warum soll man Laun nach Graz geben? Noch einmal: Die Sache ist nicht aktuell. Im übrigen weiß der Papst selbst am besten, was zu tun ist. Er ist über den Nuntius über unsere Verhältnisse gut informiert.

NEWS: Haben Sie eine gute Basis mit dem Nuntius?

Krenn: Immer.

NEWS: Was wird in der Kirche Österreichs demnächst passieren?

Krenn: Das müssen Sie den Nuntius fragen. Wir haben genug Probleme zu lösen - etwa die Sache mit dem "Dialog". Da höre ich, der "Dialog" gehe weiter. Ich sage: So geht das sicher nicht weiter. Diese ständigen Beteuerungen sind Durchhalteparolen ohne echte Grundlage. Ich habe immer gesagt, daß dieser "Dialog" absolut der Lehre der Kirche entsprechen muß. Aber da wollen manche jetzt, daß der Krieg mit anderen Mitteln weitergeht. Da mache ich nicht mit.

NEWS: Der "Dialog" beendet?

Krenn: Wenn er auf diese Weise geführt werden soll, ja.

NEWS: War die Absetzung von Schüller für Sie ein Triumph?

Krenn: Ich triumphiere nicht. Schüller hat gravierende Fehler begangen und Dinge über mich gesagt, die er nicht sagen hätte dürfen. Er hat die Grenzen bei weitem überschritten. Es war untragbar, daß ein Mitarbeiter von Schönborn so ausrasten kann.

NEWS: Im neuen Krenn-Buch rechnet Schüller mit Ihnen ab.

Krenn: Schweigen würde auch ihm guttun. Ich weiß nicht, was in ihn gefahren ist, so auf mich loszugehen. Aber ich verzeihe ihm, daß er mich schlicht und einfach aushebeln wollte. Na gut, probieren kann's jeder.

NEWS: Rom hat Sie gestärkt.

Krenn: Aber das, bitte schön, war von vornherein klar. Ich habe nie einen Krieg begonnen. Wer keinen Krieg führt, kann auch keinen verlieren.

NEWS: Kurt Krenn - der Sieger aller Schlachten!
zurück


Texte von Bischof Krenn werden im Internet auf hippolytus.net mit freundlicher Erlaubnis von Dr. Kurt Krenn publiziert. Verantwortlich: DI Michael Dinhobl und Dr. Josef Spindelböck. Die HTML-Fassung dieses Dokuments wurde erstellt am 17.06.1999.

 

Zur Hauptseite der "Bischöflichen Homepage"

Zur Diözese St. Pölten