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Diözesanbischof Dr. Kurt Krenn von St. Pölten

"Profil", 22.03.1999, S.12-13

"Es stinkt mir"
Interview.

Der St. Pöltner Bischof Kurt Krenn
über den "Dialog", die "Kronen Zeitung",
die Abtreibungspille und die Absetzung des Wiener
Generalvikars Heimat Schüller



profil: Herr Bischof, diese Woche findet in Eisenstadt die Bischofskonferenz statt. Mit welchen Erwartungen fahren Sie dorthin?

Krenn: Ich hoffe, daß uns das Nötige einfällt. Überflüssiges fällt uns ja leichter ein.

profil: Was war überflüssig?

Krenn: Die sogenannte Kirchenpolitik, die können wir uns sparen. Das ist etwas Unfruchtbares wie die Frage, wie kommen wir an bei den Leuten. Wir müssen den Leuten ehrlich sagen, was nicht geht. Damit meine ich auch diejenigen, die beim "Dialog für Österreich" dabei waren.

profil: Was ist da falsch gelaufen?

Krenn: Es wäre besser zu fragen, was richtig gelaufen ist. Es war eine gute Stimmung, aber dann hat man sich in einer Euphorie auf völlig falsche Pfade begeben und das Heil nicht mehr in der Wahrheit gesucht.

profil: Wünschen Sie sich da auch klare Aussagen aller Bischöfe?

Krerin: Wenn wir das deutlich sagen würden, wäre das nicht schlecht. Aber das hängt nicht nur von mir ab. Der Dialog ist sicher an einem Punkt, an dem er sehr gefährlich wird.

profil: Zum Beispiel beim Diakonat für die Frau?

Krenn: Das ist nicht gefährlich, aber eine unmögliche Sache. Aber allein, daß wir uns nur über Dinge, die mit Sexualität oder Frauenpriestertum zu tun haben, unterhalten, ist falsch. Wir müssen uns wieder mehr die Gottesfrage stellen.

profil: Soll der Dialog weitergehen?

Krenn: Was heißt das? Man muß fragen, wie er weitergehen soll. Das ist ein unbefriedigender Stehsatz, "der Dialog muß weitergehen". Der Dialog kann nicht so weitergehen, wie er begonnen hat. Es ist die Frage, was wir erreichen wollen. Wir haben klare Anweisungen von der Glaubenskongregation, was bei diesem Dialog falsch war. Mir stinkt das Wort "Dialog" langsam. Nicht die Sache, aber das Wort. Es stinkt mir - und das ist das richtigste Wort, wie auch das Wort vom "Maul halten" richtig war. Und mir stinkt auch diese Betulichkeit, mit der man nie zur Sache kommt, sondern sich immer hinter neuen Alibis verschanzt.

profil: War das bei der Debatte um die Abtreibungspille auch so?

Krenn: Natürlich. Da ist das Leben eines Menschen gefährdet. Da kann man politisch oder soziologisch argumentieren, wie man will. In einer Zeit, in der wir an Geburtenrückgang leiden, haben wir nichts Besseres zu tun, als die Todespille unter die Leute zu bringen. Wenn das die Themen Österreichs sind, sind wir ganz sicher verloren.

profil: Aber auch in der Kirche gab es unterschiedliche Auffassungen. Gegen Sie und Weihbischof Laun ist der Wiener Generalvikar Helmut Schüller aufgetreten und hat gesagt, man muß die Fristenlösung akzeptieren.

Krenn: Schüller irrt in diesem Punkt. Das ist nichts anderes als ein Glaubensirrtum und absolut abzulehnen. Das war so falsch, daß ich das gar nicht weiter kommentieren will. Da muß ihm irgend etwas schiefgegangen sein im Hirn. Aber gut, man kann sich auch einmal irren.

profil: Die gesetzliche Lage ist für Sie also keineswegs akzeptabel?

Krenn: Es kann nicht sein, daß das Parlament bestimmt, was gut und böse ist. Soviel Übersicht über den Menschen haben wir schon noch, daß wir Bischöfe das sagen können.

profil: Helmut Schüller, damals noch als Generalvikar, hat Sie öffentlich zum Rücktritt aufgefordert.

krenn: Ich habe ihm verziehen.

profil: Glauben Sie, daß das ein Grund für seine Ablöse war?

Krenn: Das kann ich nicht sagen. Schönborn hat das Recht, jeden Tag einen neuen Generalvikar zu ernennen. Nur soviel: Schüller hat über mich einiges gesagt, was nicht in Ordnung war. Das ist für mich noch nicht ganz erledigt, ich bin ja nicht in Eile, mir einen neuen Generalvikar zu suchen.

profil: Hat Schüller seine Kompetenzen überschritten?

Krenn: Kompetenzen hat er ja keine, seine Grenzen hat er überschritten. Es kann nicht sein, daß ein Generalvikar einen Bischof beschimpft und mit der Absetzung droht. So töricht kann nur selten einer sein. Damit ist ja auch das Urteil über seinen geistigen Stil gefällt.

profil: Es wird spekuliert, daß Ihr Verhältnis zu Schönborn belastet ist.

Krenn: Ich habe kein Problem mit ihm. Wir haben unsere Gegensätze, aber wir wollen immer gemeinsame Positionen finden.

profil: Im Streit um den Ad-limina-Bericht an den Vatikan haben Sie nachträglich recht bekommen. Empfinden Sie Genugtuung?

Krenn: Das war doch eine Kinderei, bei der so viel gemurkst worden ist und der Kirche viel Schaden zugefügt worden ist, daß ich mich nicht freuen kann.

profil: Wer war denn schuld?

Krenn: Da waren einige schuld. Ich war es sicher nicht, ich habe das alles sofort abgelehnt. Dieser ganze zusätzliche Bericht war überhaupt nichts wert.

profil: Stichwort Murks: Es ist diese Woche vier Jahre her, daß die sogenannte Affäre Groer ausgebrochen ist. Was ist denn Ihre Bilanz?

Krenn: Ich halte mich im Gegensatz zu manch anderem an das Schweigegebot des Papstes. Es ist bedauerlich, daß einige, vielleicht im Glauben, etwas Gutes zu bewirken, nichts Gutes getan haben.

profil: Meinen Sie damit auch die Erklärung von vier Bischöfen, die zur "moralischen Gewißheit" gelangt sind, daß die Vorwürfe gegen den Kardinal im wesentlichen zutreffen?

Krenn: Ja, das könnte ich sagen. Aber lassen wir das. Wir wollen lieber schweigen. Das ist zwar keine Lösung des Problems, aber es ist besser, als wir sagen etwas Falsches.

profil: Wissen Sie, wie es dem Kardinal geht?

Krenn: Ihm geht es gut. Er ist in St. Pölten im Spital, und wir haben auch Kontakt. Ich habe mich dafür auch nie geschämt. Ich stehe zu seiner Person.

profil: Sie halten Kardinal Groer weiter für unschuldig?

Krenn: Hat der Papst ihn je schuldig gesprochen?

profil: Kardinal Schönborn hat zur Zukunft der Kirche gesagt, daß sie zwar kleiner, aber immer gläubiger und auch glaubwürdiger werde.

Krenn: Gläubiger und glaubwürdiger ja, aber sie wird nicht kleiner. Ich glaube nicht, daß Schönborn das so gemeint hat. Ich mag den Pessimismus der kleinen Herde nicht. Ich halte es lieber mit der Volkskirche. Die wird weiter wachsen.

profil: Steckt die Kirche nicht in einer Krise?

Krenn: Das ist ein gefährliches Wort. Wir haben Schwierigkeiten, aber Krise würde bedeuten, daß wir nicht mehr wissen, was wir tun sollen. Aber das wissen wir ja ganz genau. Das Entscheidende ist doch nur, daß wir uns zum Glauben bekehren. Ich, und Sie auch.

profil: Ist die Kirche in Österreich zu links, zu zeitgeistig?

Krenn: Leider oft genug. Aber für mich ist nicht die Frage, ob viele in der Kirche links sind, sondern ob sie irren.

profil: Sie schreiben als Christianus in der "Kronen Zeitung". Diese Zeitung hat die Caritas und ihren Präsidenten Franz Küberl scharf attackiert. War das in Ordnung?

Krenn: Ich schreibe den Christianus nicht immer Und was hat Küberl gesagt?

profil: Er hat die Kirche als Verein von "Mieselsüchtigen" beschrieben.

Interview: Thomas Hofer


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Texte von Bischof Krenn werden im Internet auf hippolytus.net mit freundlicher Erlaubnis von Dr. Kurt Krenn publiziert. Verantwortlich: DI Michael Dinhobl und Dr. Josef Spindelböck. Die HTML-Fassung dieses Dokuments wurde erstellt am 22.03.1998.

 

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