"Profil", 14.01.2002 

"Ich mag es nicht"
Interview. 

Der St. Pöltner Bischof Kurt Krenn über das Anti-Temelin-Volksbegehren der FPÖ,
Jörg Haider und dessen Verhältnis zum Islam.

 

profil: Herr Bischof, Sie wollen das Anti-Temelin-Volksbegehren der FPÖ nicht unterschreiben. Dabei kommen Sie aus dem oberösterreichischen Mühlviertel.
Krenn: Ich mag es nicht, wenn ein Volksbegehren, das nur dazu da ist, die andere Seite über den Tisch zu ziehen, fast zu einer religiösen Frage gemacht wird. Ob man da jetzt unterschreibt oder nicht: Mit diesem Volksbegehren löst niemand etwas. Es ist eine Arroganz von unserer Seite, dass wir unseren Nachbarn etwas vorschreiben wollen. Das Ganze ist ein inszeniertes Spiel. Ich bin weder ein flammender Gegner noch ein Befürworter der Atomenergie, aber was man da jetzt inszeniert, ist inkonsequent. Es traut sich niemand, die Wahrheit zu sagen.

profil: Was wäre die Wahrheit?
Krenn: Natürlich muss man alles wissenschaftlich prüfen, aber wenn ein Land diese Entscheidung fällt, kann man das schwer verbieten. Ich habe nichts gegen Leute, die gegen Temelin sind, aber ich gehöre nicht zu jenen, die sich da jetzt instrumentalisieren lassen.

profil: Was sind denn Ihrer Meinung nach die Beweggründe für die FPÖ, dieses Begehren abzuhalten?
Krenn: Ich weiß es auch nicht, eigentlich passt das nicht zu meinem Eindruck von dieser Partei. Aber jeder versucht eben Stimmenmaximierung auf seine Art. Man soll jetzt aber auch nicht die FPÖ verteufeln, Ähnliches haben andere vor ihr auch schon auf diese Art versucht. Dennoch könnte unser gutes politisches System durch diese Sache erschüttert werden, weil das von ein paar Leuten zu einer Weltanschauungsfrage hochstilisiert wurde.

profil: Verstehen Sie die heftige Kampagne der "Kronen Zeitung"?
Krenn: Das ist eines der Geheimnisse, die ich momentan nicht entschlüsseln kann. Die "Kronen Zeitung" wird schon etwas damit bezwecken, aber mein Weg ist das nicht.

profil: Die Katholische Aktion mobilisiert gegen das Volksbegehren. Ist Ihnen das als Bischof recht?
Krenn: Die Katholische Aktion ist eine Organisation der katholischen Kirche und müsste eigentlich immer in Einklang mit den Bischöfen reden. Ich kann nur sagen: Wir Bischöfe haben sie zu dieser Aktion nicht veranlasst.

profil: Wird es da Konsequenzen geben?
Krenn: In dieser Sache nicht. Aber die Katholische Aktion hat noch anderes mit uns zu klären. Die falschen Aussagen zur Homosexualität liegen noch immer auf dem Tisch, da hat es die notwendige Distanzierung nicht gegeben. Was da nach der jüngsten Bischofskonferenz gesagt wurde - dass wir das nur privat klären wollen -, stimmt nicht. Da muss es schon noch eine deutliche Erklärung der Katholischen Aktion geben. Das dürfen wir trotz der ganzen Aufregung über Temelin nicht aus dem Auge verlieren.

profil: Zurück zur Innenpolitik: Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider trat in den vergangenen Wochen nicht nur in der Causa Temelin, sondern auch im Kärntner Ortstafelstreit und gegen den Verfassungsgerichtshof sehr aggressiv auf. Halten Sie das für gut?
Krenn: Ich schätze ihn durchaus als begabten und kompetenten Politiker. Aber man muss nicht immer sofort den Konflikt suchen. Haider hat in Österreich vieles verändert, ohne dass ihm das zugeschrieben würde. Die letzten Streitereien sind aber nicht würdig, auf keiner Seite. Doch das ändert nichts an meiner Hochachtung ihm gegenüber.

profil: Warum ist die politische Stimmung derzeit so aufgeheizt?
Krenn: In der Politik ist man halt oft versucht, ein Heuchler zu werden. Momentan erleben wir Zeiten besonderer Heuchelei. In Wirklichkeit haben alle, die Haider jetzt so tadeln, es in der Vergangenheit selbst auch nicht viel anders gemacht. Das nenne ich Heuchelei. Aber in der Sache mit dem Verfassungsgerichtshof soll sich auch die FPÖ zurücknehmen. Momentan gibt es keine Seite, die Recht hat.

profil: Halten Sie die Kritik am Verfassungsgerichtshof für zulässig?
Krenn: Kritik ist immer wieder passiert, nicht nur vonseiten der FPÖ. Wir sollten zu diesem Gerichtshof stehen. Über Fragen der Bestellung kann man sicher reden, aber ich habe prinzipiell überhaupt keinen Grund, den Verfassungsgerichtshof zu kritisieren.

profil: Jüngst sind Fotos von Jörg Haider aufgetaucht, auf denen er eine islamische Gebetskette in Händen hält. Stört Sie das als katholischer Bischof?
Krenn: Die schaut doch aus wie ein Rosenkranz?

profil: Ähnlich, ja.
Krenn: Na, vielleicht hat Haider damit seinen Rosenkranz gebetet. Das kann er als Katholik tun. Eine Perlenkette ist ja noch kein Glaubensbekenntnis.

Interview: Thomas Hofer


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Texte von Bischof Krenn werden im Internet auf hippolytus.net mit freundlicher Erlaubnis von Dr. Kurt Krenn publiziert. Verantwortlich: DI Michael Dinhobl und Dr. Josef Spindelböck. Die HTML-Fassung dieses Dokuments wurde erstellt am 17.01.2002.

 

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