Ansprachen |
Ansprache bei der Jahresschlußandacht
im Dom von St. Pölten am Silvestertag 2001
In gewissen Augenblicken, die wir für wichtiger halten als andere, wollen wir uns feierlich verhalten und der Weisheit und Güte Gottes näher sein. Wir vollenden das Jahr 2001. Auch in diesem Jahr mußten wir durch Feuer und Wasser schreiten. Einmal mehr haben wir erfahren, wie tragisch das Böse in der Welt wirken kann. Wir wissen nicht, ob das kommende Jahr 2002 uns noch größere Katastrophen als den 11. September in New York bescheren wird. Manches ahnen wir, manches planen wir, aber nichts Sicheres wissen wir darüber, was im nächsten Augenblick eintreten wird.
Bis zu dem Tag, an dem Jesus Christus als Richter kommen wird,
ist die Geschichte des Menschen zuerst eine Sache der Hoffnung; wenn wir gerettet
sind, dürfen wir im ewigen Leben Gott schauen wie er ist. Bis dahin verbleiben
uns Glaube und Hoffnung, die einst in der vollkommenen Liebe aufgehen werden.
Über Weltgeschichte, Heilsgeschichte und Menschheitsgeschichte haben viele
weise Menschen schon nachgedacht. In der Geschichte stehen Heil und Wohl des
Menschen auf dem Spiel; wir sind jedoch nicht am Ziel angelangt und wirken daher
nur mit Zittern und Zagen, was sich in uns und in der Geschichte ereignet.
Noch wird es heute bei uns ein wenig still und besinnlich, ehe das Lärmen, Krachen
und Saufen einsetzt und wir wieder unsere Bekehrung zu vergessen beginnen. Laßt
in uns das Gewissen sprechen, Reue über unsere Sünden und Fehler erwecken, laßt
uns Hoffnung haben und mit Christi Gnade neue Menschen sein.
Wenn uns mit Gottes Hilfe etwas Gutes gelingen soll, müssen wir uns bekehren.
Bekehrung ist der Verzicht auf Rechthaberei und Selbstherrlichkeit vor Gott.
Nur wenn wir ein bekehrtes Gottesvolk sind, kann sich im Sinne Gottes etwas
in unserem Land ändern. Der bekehrte Mensch wird beten: Herr, weise mir den
Weg deiner Gesetze. Ich will ihn einhalten bis ans Ende (Ps 118,33).
Manche von uns betrachten den Zustand der Kirche nur von außen,
wie es meist auch die Massenmedien tun. Aber letztentscheidend darf nicht sein,
wie angesehen, beliebt, einflußreich oder mächtig unsere Kirche ist. Entscheidend
ist vielmehr die Frage, ob Christus der Stifter mit seiner Kirche wie mit seiner
heiligen Braut übereinstimmen kann. Unsere Zukunft ist die Heiligkeit, die für
uns das Gelingen der Gnade Gottes ist. Unsere Heiligkeit ist die große Übereinstimmung
mit dem dreifaltigen Gott, dessen höchster Name der Allerheiligste ist.
In unserer Diözese, die eine Teilkirche der Kirche ist, wollen wir Gott und
die Gläubigen um Vergebung unserer Sünden bitten. Seien wir barmherzig miteinander,
wie Christus mit uns barmherzig ist. Alle Mühen, allen Ärger, die es in einer
Diözese gibt, wollen wir bedauern und mit Gottes Hilfe zum Besseren wenden.
Wir haben kein Recht auf Ungehorsam, Stolz und Eitelkeit; wir wollen beten:
Herz Jesu. bilde unser Herz nach deinem Herzen. Jesus ruft jedem zu: Nehmt mein
Joch auf euch und lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und demütig von Herzen;
ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen.
Vielen Priestern, vielen gottgeweihten Männern und Frauen
und vielen Gläubigen will ich heute danken. In ihrem Glauben, in ihrer Opferbereitschaft,
in ihrer großmütigen Herzlichkeit, in ihrem christlichen Lebensbeispiel
sind sie das Fundament des diözesanen Gottesvolkes. Immer darf ich die Treue
und das Wohlwollen der Frauen und Männer in der Diözese St. Pölten schätzen.
Jedem Kirchenbeitragszahler danke ich vielmals für die Hilfe, die wir unbedingt
brauchen, um unsere Aufgaben im Reich Gottes zu erfüllen. Die Aufgabe des Bischofs
ist es, zusammen mit den Mitarbeitern die Aufgaben und Wünsche der Pfarren und
der Gläubigen zu prüfen und die Mittel jedes Jahr gerecht und angemessen zu
verteilen. Jeder, der Verantwortung trägt, muß zugleich ein getreuer Verwalter
sein. Ich danke den Bediensteten unserer Kirchenbeitragsstellen für die viele
Geduld in der Ausübung ihrer Aufgaben.
Danken will ich auch den vielen Wohltätern, die für viele
Anliegen der Diözese und der Weltkirche spenden. Wir dürfen auch mit Freude
melden, daß die Sorge um die behinderten, alten und kranken Mitmenschen immer
umfassender und treffsicherer wird; unsere Caritas trägt viel dazu bei. Wer
für die Caritas spendet, spende für die Caritas der Diözese St. Pölten; nur
auf diesem Weg kann Ihre Spende in der Verantwortung unserer Diözese verteilt
werden.
Auch das bewußte Danken gehört zur Aufgabe des Diözesanbischofs. Mein Dank richtet
sich an die Priester, Diakone, Religionslehrer und Pastoralassistenten; sie
haben Wertvolles für das Reich Gottes geleistet. Lieber Herr Weihbischof, liebe
Mitglieder des Konsistoriums, liebe Dechanten, liebe Priester- und Pastoralräte,
liebe ehrenamtliche Helfer, liebe Beter, liebe um das Wohl der Kirche besorgte
Menschen! Ohne eure selbstverständliche und oft uns verborgene Hilfe wäre vieles
nicht im Sinn Gottes gelungen. Freuen wir uns ehrlich über das Erreichte und
laßt uns immer noch mehr aus Liebe zu Gott tun.
Wir danken dem hochwürdigsten Apostolischen Nuntius für den Dienst, den er mit
Weisheit, Standfestigkeit und hohem Ansehen bei allen Bürgern für den Heiligen
Vater leistet. Zu seinem Jubiläum, das demnächst gefeiert wird, erbitten wir
vom Heiligen Vater noch weitere Jahre seines Wirkens in Österreich.
Den gottgeweihten Frauen und Männern bin ich verbunden im Dank an Gott. Das
Vertrauen der Stifte zum Bischof wird Segen bringen; auch das Vertrauen des
Bischofs zu den Gemeinschaften des gottgeweihten Lebens wird alle stärken und
erfolgreicher machen. Ehrliches Wohlwollen und Freude an der Sache der Kirche
schenke uns der Geist Gottes.
Es gibt in der Kirche nur eine einzige Pastoral, nämlich die Pastoral, die der Diözesanbischof festlegt und mit der Hilfe aller Priester und Gläubigen in der Diözese leitet. Der Bischof ist in seiner Diözese der verantwortliche Lehrer des Glaubens; alle Priester und Gläubigen müssen mit der Glaubenslehre ihres Bischofs übereinstimmen; der Bischof wiederum hat mit dem Papst und mit dem Kollegium der Bischöfe übereinstimmend zu lehren. Der Bischof ist zu Lehre und Verkündigung verpflichtet. Wer den Papst und den Bischof nicht hören will, sündigt gegen den Glauben der Kirche. Wer in der Kirche die Wahrheit Christi lehrt, ist kein „Spalter“, sondern der Diener der Einheit der Kirche, die wesentlich eine Gemeinschaft des Glaubens ist. Verkündigung, Zeugnis und Bekenntnis müssen in der Kirche wieder mehr Gewicht erhalten; dies lehrt auch die jüngst in Rom abgehaltene Bischofssynode. Eine pastorale Praxis, die nicht in der Übereinstimmung mit der Glaubenslehre vollzogen wird, wäre ein Widerspruch der Kirche mit sich selbst. Alle Studien müssen mit dem Ziel der reinen und gesunden Lehre erneuert werden.
Unser Land ist vom Priestermangel in jeder Diözese bedroht. Die Bischöfe in Österreich wollen im Jahr 2002 ein Jahr der geistlichen Berufungen durchführen. Jeder Christ muß aus einer Berufung leben; aber nicht jeder ist zum Priesterdienst oder zum gottgeweihten Ordensleben berufen. Wir möchten im nächsten Jahr unsere Sorge dem Priester- und Ordensnachwuchs zuwenden. Viele werden darüber nachdenken, alle mögen den Herrn bitten; Christus selbst fordert uns zum Bitten um Arbeiter im Weinberg auf.
Die Frage des Priesternachwuchses ist die Lebensfrage auch
für unsere Diözese. 13 Jahre hat sich der Regens unseres Priesterseminars
gemüht; dafür will ich ihm herzlich danken. Die Neuordnung der Leitung des Priesterseminars
will nichts anderes sein als ein neuer Versuch in sehr schwieriger Zeit.
Eine Ursache für das Fehlen von Berufungen ist das Fehlen von Kindern in unseren
Familien. Kinder, die heute fehlen, können morgen nicht ersetzt werden; es gibt
heute nicht wenige Familien, die den Ruf Gottes an ihren Sohn oder an ihre Tochter
als Unglück ansehen, weil sie keines ihrer wenigen Kinder an Gott verlieren
wollen.
Der Geburtenmangel wird auch in unserem Bundesland von katastrophalen Folgen
sein. Verhütung und Abtreibung sind viel zu leicht zum Anlaß der Sünde geworden.
Viele Seelsorger versagen dabei im Auftrag der Verkündigung des Gesetzes Gottes.
Nicht selten verweigern sich unsere jungen Menschen der Ehe und der Familie
und leben nur mehr von einer Affäre zur anderen, um verantwortungslos ein Leben
zu genießen, mit dem Gott andere Pläne als Genuß und Lustgewinn hat. Liebe Eheleute!
Besinnt euch auf eure Gewissenspflicht und werdet wieder Mütter und Väter in
einer christlich gelebten Ehe. Wenn ihr euch den göttlichen Pflichten versagt,
wird Gott unser ganzes Volk nicht mehr segnen können. Es wird höchste Zeit vom
Schlafe aufzustehen; gebt Gott den Vorrang vor dem Luxus und Konsum, verliert
euch nicht an Besitz und Ehren, werdet nicht müde Gutes zu tun. Paulus fordert
die Römer auf: Übertrefft euch in gegenseitiger Ehrerbietung (vgl. Röm 12,10).
Die Berufung zum Priestertum und zum Ordensstand ist Gnade, die sich nicht menschlich erklären läßt. Eine Botschaft aber beschäftigt mich immer wieder: Ich glaube, daß nicht folgenlos an unseren jungen Männern und Frauen vorbeigeht, wenn es zum Standard mancher Priester und Laien gehört, ständig über Papst, Bischof und Seelsorger Kritik zu üben, sie zu kritisieren, zu verdächtigen oder lächerlich zu machen. Auf solchem vergifteten Boden kann eine Berufung nicht gedeihen. Wo Ehrfurcht im Reden, Güte im Denken, Anständigkeit im Umgang miteinander und Gottes Wort und Wahrheit ausgesprochen werden, dort ist das vielfach gute Wort der glaubenden Christen der fruchtbare Boden für die geistlichen Berufungen. Freude im Herzen und Vertrauen zu Gott mögen unsere Gesichter erhellen, die oft kein Zeugnis für Christus und für die Wirklichkeit Gottes sind. Wir müssen entschieden für das Reich Gottes auftreten und durchaus einigen in der Kirche widersprechen, die das Amt des Priesters für überflüssig erklären. Ich wiederhole noch einmal mit allem Ernst, daß die vom Priester gefeierte Sonntagsmesse durch nichts zu ersetzen ist. Wortgottesdienste ersetzen nicht die Messe und erfüllen auch nicht die Sonntagspflicht des Katholiken. Nur die Messe, die in Gemeinschaft mit dem Papst und dem Bischof gefeiert wird, ist rechtmäßig gefeiert.
Brechen wir in Gottes Namen auf zum Jahr 2002. In der Liebe
zu Gott und zur Kirche soll uns niemand übertreffen; auch unsere Mitmenschen
und unser Vaterland Österreich verdienen all unsere Liebe. Die Gottesmutter,
deren Fest wir morgen feiern, sei die Helferin aller Menschen guten Willens.
Beten wir zu den Heiligen, die am Domtor als unsere Schützer und Helfer dargestellt
sind.
Wir weihen unsere Diözese wiederum der Gottesmutter mit der Bitte, daß es uns
gelinge, Gott über alles zu lieben und Christi Werk fortzusetzen. Ehre sei dem
Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geist; wie im Anfang so auch jetzt und
allezeit und in Ewigkeit. Amen.