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Diözesanbischof Dr. Kurt Krenn von St. Pölten

Predigt bei der Wallfahrt in Maria Roggendorf
am 13. Oktober 2002 abends

 

Gelobt sei Jesus Christus !

An diesem heutigen Abend wiederholen wir, nein, wir setzen ein zweites Mal diese Gnadentat Gottes, dieses Gebetstages um. Wir sind heute zusammen, manche das erstemal manche das zweitemal. Seien Sie herzlich gegrüßt, liebe Brüder und Schwestern im Herrn. Der Friede Christi sei mit ihnen. Seien sie sicher, der Friede Christi ist das, was wir erhalten, wenn wir mit Gott übereinstimmen.
Der Frieden Christi ist es, was wir haben, wenn unser Gewissen stimmt. Ich glaube, unsere Zeit heute kümmert sich nicht allzusehr um das Gewissen. Es kümmern sich die Menschen um allerlei Torheiten, ob man denn in den Umfragen gut liegt, ob man denn genug Zuschauer hat bei einer Sendung, um alles Mögliche fragt man sich heute und ganz wenige nur – dazu gehört ihr liebe Brüder und Schwestern – fragen sich: Stimme ich mit Gott überein? Bin ich wirklich in dieser Wahrheit, die es braucht um ein guter, ein gläubiger, ein christlicher Mensch zu sein?
Das geht nicht so ohne weiteres. Christ zu sein ist eine Mühe, und Wahrheit zu verwirklichen ist eine noch größere Mühe. Ihr fragt euch immer wieder: Stimme ich mit Gott überein? Das ist auch die Antwort, die ich oft gebe. Es gibt viele Menschen, die sagen: Hauptsache gesund! Und ich sage, na eigentlich nicht! Das ist nicht das Wichtigste, gesund zu sein. Ich sage das auch den älteren Menschen, die immer wieder sagen: Hauptsache gesund. Nein, da fehlt was. Gesundheit wünschen wir uns, Gesundheit dürfen wir erbitten, aber Gesundheit und Wohlbefinden des Leibes, das ist noch lange nicht das Letzte. Das Größte, das Wichtigste ist es, Gottes Willen zu tun. Das habe ich euch zu verkünden, euch allen, die ihr euch müht.
Beachtet eure Gesundheit, ihr müßt alles dafür tun, aber ihr müßt es richtig einordnen. Es kommt der Tag, an dem wir keine Gesundheit mehr haben, an dem uns Gott ruft und an dem wir dorthin gehen, wo wir die Auferstehung erwarten, das Grab. Das kommt eines Tages, keiner ist davon ausgenommen. Deshalb wissen wir auch: Aller Mensch ist sterblich. Ja es gibt Psychologen, es gibt Menschenforscher, Lebensforscher, die sagen, das Entscheidende beim Menschen ist im Gegensatz zum Tier, daß der Mensch um seinen Tod weiß. Kein Tier weiß um seinen Tod, kein Tier weiß, daß es ein Ende hat. Das Tier wird vielleicht unruhig, das Tier läuft herum, und es wird irrational, aber der Einzige, der weiß, gedenk o Mensch, du bist vom Staub und wirst zu Staube werden, der Einzige, der um seinen Tod weiß, liebe Brüder und Schwestern, ist der Mensch. Und ich glaube, da stimmt etwas daran, daß eigentlich das Kulturelle, das Soziale, das Verantwortungsbewußte das Menschsein ausmacht. „Ich weiß, daß ich sterben muß.“
Nun gut, lassen wir das einmal gelten. Und lassen wir auch, ich würde sagen, den Vorrang, den Vorzug des Menschen gelten, daß er allein weiß, ich muß sterben. Alle anderen Tiere, sie leben, sie versuchen sich durchzuschlagen, sie versuchen sich zu schützen, zu flüchten, aber der einzige, der weiß, daß der Tod seine Bestimmung ist, ist der Mensch. Lassen wir es so gelten. Gott sagte ja auch schon zu Adam: Mensch, du bist Staub, und Staub wirst du wieder werden. Auch solche Besinnung auf den Tod, auf dieses Wissen um den Tod ist für uns alle wesentlich. Sie gehört zum christlichen Menschsein. Das Wissen um den Tod, das Wissen aber auch darum, daß der Tod nicht das Ende ist, sondern daß wir dann vor Gott stehen und daß Gott unser Richter ist. Ich glaube, alle diese Wahrheiten unseres Glaubens habt ihr gelernt und kennt sie. Ihr seid ja nicht Menschen, die sagen, ja das wollen wir alles schnell vergessen und sich in allerlei Torheiten und Oberflächlichkeiten flüchten. Ich glaube nicht, daß jemand von euch so denkt.

So möchte ich euch heute auch grüßen als Menschen, die treu sind, zu ihrem Wort stehen, zu ihren Vorsätzen halten, treu sind zu Gott, treu sind zur Kirche und treu sind zum Glauben. Eine Wallfahrergruppe, woher sie auch kommt, setzt sich aus vielen treuen Menschen zusammen. Deshalb ist sie auch ganz anders als ein Verein, als eine Zusammenrottung von Menschen. Ihr seid keine Zusammenrottung. Euch führt zusammen eure Liebe zu Gott, zum Nächsten, und euch führt zusammen euer Bewußtsein: Ich muß treu sein, ich muß mein Wort halten. Und so seid ihr heute die Pilger des Tages und die Pilger des Abends. Liebe getreue Brüder und Schwestern, so sollt ihr heute beten, so sollt ihr heute wieder aufbrechen, heim. Ihr müßt ja wieder heimgehen, und es kommt das Gleiche wieder, und es kommt manchmal noch schwerer. Dennoch meine ich, mit eurer Treue, eurer Liebe, auch eurer Kraft, die euch Gott gibt, werdet ihr diese Fragen überwinden.
Meine Lieben, wir feiern heute die 391. Wallfahrt. Eine wunderbare schöne Zahl. Ich glaube, daß es nicht viele Wallfahrten in der Weltkirche gibt, die so oft geschehen sind. Das ist auch ein Dank an euch, aber auch an die Menschen, die vor euch hier waren. Ich meine, daß wir alle auch bei unserm Gebet heute mitnehmen sollen, die Lebenden und die Toten, auch die Toten, die schon der Herr gerufen hat, und es werden nicht wenige sein. Auch diese Toten gehören zu uns. Wir wollen sie heute ganz begleiten mit Liebe und mit den guten Worten des Gebetes. Ich meine auch, daß wir heute im 33. Jahr – ich habe das vorhin gerade mit Freude gehört – der Wallfahrt denken sollen an den Priester, den Bischof, der das alles ins Leben gerufen hat. Euch hier in Maria Roggendorf, die ihr eine wunderbare Gemeinschaft geworden seid, ihr alle, die ihr hierher kommt, ihr wäret alle nicht da, heute und an keinem Tag des Jahres, wenn es nicht unseren verehrten lieben Kardinal Hans Hermann gegeben hätte. Und heute feiert er nicht nur mit uns den Beginn des nächsten Wallfahrtsjahres, sondern auch seinen Geburtstag. Wir wollen ihm wirklich allen Dank sagen, er ist so bescheiden, daß hier nur irgendwo im Beichtstuhl wartet, auf die, die noch beichten wollen, aber wir wollen ihn heute nicht vergessen. Er ist unter uns, er wirkt als Priester unter uns, und ich möchte auch sagen, danken wir ihm. Er hat schwere Zeiten mitgemacht. Das kann ich Ihnen bestätigen. Ich konnte ihm fünf Jahre lang an der Seite stehen und auch erleben, was da geschehen ist, was ihr euch gar nicht vorstellen könnt. Ich konnte es auch nicht, denn es hat mich nicht betroffen, und wer nicht betroffen ist, der muß weniger tragen als der, den es betrifft. Auch wenn es noch so ungerecht und lügnerisch ist, es ist einfach Last, die wir nur tragen können im Kreuz, im Kreuz unseres Herrn Jesus Christus. Das sage ich auch heute, das ist die Botschaft unseres Kardinal Groër. Er trägt es, er trug es im Kreuz. Dann geht es. Und wenn ihr einmal ähnliches habt, ihr seid auch nicht sicher, daß einmal ein Tag kommt, an dem man auf euch mit Fingern zeigt oder sagt, was ist denn das für ein böser Mensch und ihr habt gar nichts Böses getan. Wir müssen dann tragen, wir dürfen uns wehren, aber es ist oft die Frage, zahlt es sich aus, wenn alles darauf abgestimmt ist zu lügen und Vertrauen zu zerstören. Ich sage es euch heute, wir haben ein Beispiel, und Paulus schon sagt, ich trage die Wundmale Christi an meinem Leib. Ich meine auch, mancher Priester und Bischof, mancher überzeugte Christ trägt diese Wundmale Jesu Christi an seinem Leib, und sie gehen nicht weg oft und sie sind schwer, sie sind oft tödlich, aber all das wissen wir, sie führen uns dorthin, wo Gott ist und Christus uns einmal als Richter aller Welten und Menschen belohnen und beseligen wird. Denkt auch daran, dieses Leben ist nicht das Letzte, wir erleben es so häufig, daß gesprochen wird vom Tod. Aber es leben alle so: Gott sei Dank, wir haben es noch nicht vor uns, wir haben noch ein bißchen Zeit, dann werden wir schon sehen. Diese Kopflosigkeit, diese große Kopflosigkeit vor dem Tod, sie möge uns nie überwinden, sie möge uns nie verantwortungslos werden lassen.

Heute, liebe Brüder und Schwestern, betet einmal für den Priester, für den Erzbischof, der das alles in die Wege gebracht hat, der unter uns ist, und sagen wir: Gott, schau auf ihn, beschütze ihn. Und ich glaube, seine Gesundheit ist ganz gut, und ich glaube, all das andere wird Gott ihm vergelten, was er heute noch und gestern leiden mußte. Gott gibt auch ganz sicher seine Liebe. Mit Gott tauschen wir immer so großartig, er schenkt uns seine Liebe, und wir haben dann auch die Kraft, das Kreuz zu überwinden. Wir haben dann auch die Kraft, wie die Gottesmutter zu leben, heilig, makellos und vor allem auch mutig und untadelig. Betet darum. Die Gottesmutter helfe euch.
Was soll ich euch heute mitgeben, liebe Brüder und Schwestern, wichtig sind immer die vier Punkte, die der Pater Prior schon genannt hat. Worauf es ankommt, worauf es der Gottesmutter in Fatima ankommt, denkt darüber nach. Daß wir uns bekehren, daß wir selber uns bekehren, daß wir unseren Glauben vertiefen und erneuern, daß wir wahrhaftig alles tun, was zum Frieden führt, daß wir der Kirche in ihrer Not beistehen – und diese Not heißt ja geistliche Berufe. Das ist wichtig, und ich bitte auch alle, die heute hier sind, denkt darüber nach. Erstens einmal: wozu bin ich selber berufen, keiner ist unberufen, es können sich viele den Ruf verspielen. Jesus sagt auch, viele, alle sind berufen, wenige aber auserwählt. Ihr habt es im Evangelium gehört, und ich möchte euch sagen, jeder von uns ist nicht nur heute oder gestern berufen worden. Wenn ihr auf die Welt kommt als kleinste Kinder, dann ist es schon Gott, der euch rief. Ich habe dich gerufen, ich habe dich erwählt, ich habe dich von Ewigkeit her erwählt. So hat ja Gott schon zu den Menschen gesprochen, von denen er etwas erwartet, von den Propheten, von den Aposteln, von all denen, die sich betätigen und nützlich machen sollen im Reiche Christi. Und auch ihr seid alle berufen, jeder. Ich sage immer, jeder von uns ist so berufen, daß er sagen kann, Gott liebt mich, Gott meint es gut mit mir, und Gott führt mich dorthin wohin ich gehöre, ins ewige Leben.
Das ist unsere Berufung, aber jetzt, vorher, geht mit Christus. Christus sagt euch ja: Ich bin die Wahrheit, der Weg und das Leben. Maria sagt den Dienern in Kana, die auch nicht recht wußten, was sie tun sollten: Tut alles, was Christus euch sagt. Das ist es, was wir heute mitnehmen dürfen. Wir brauchen nicht zu verzagen, liebe Brüder und Schwestern, keiner von uns darf seinen Mut verlieren, jeder hat die große Möglichkeit. Ich bitte euch alle um euer Gebet für unsere Diözesen: Es ist überall ziemlich gleich schlecht, leider nicht gleich gut, sondern gleich schlecht, wir haben zu wenige Priester, wir haben zu wenige, die anfangen und kommen, auch zu wenig Frauen, die in die Orden gehen wollen; das alles haben wir Bischöfe erklärt zum großen Anliegen der Kirche in Österreich. Betet mit, aber auch, vielleicht bist du selber berufen, liebe Frau, lieber Mann, vielleicht bist du selber auch berufen, hast es nur noch nicht gehört, daß Christus dich schon längst angesprochen hat.
Betet, liebe Eltern, laßt eure Kinder nicht so verblöden im Konsum, in Diskotheken. Nichts gegen die Diskotheken, auch nichts gegen das Schöne und das Spielen, aber laßt sie nicht verblöden. Verblöden heißt, daß man dann nichts mehr kennt als Unterhaltung, als nur noch Lust und Sex und andere Sünden. Wenn die Sünde einmal zum Vergnügen wird, dann ist es schlecht. Die Reinheit muß wieder ihre Ehre haben, meine lieben Mädchen, liebe Burschen, die Reinheit hat Gott euch zugedacht. Die Reinheit ist, würde ich sagen, die Heiligkeit eurer Jugend. Geht diesen Weg. Ihr wißt schon was Gott meint und was die Kirche meint. Man kann den Weg gehen, und wir haben immer wieder wunderbare junge Menschen, die das können, Und zuletzt darf ich heute auch noch jene jungen Menschen und überhaupt jene grüßen, die unter uns sind, ich weiß nur nicht genau wo, die kämpfen um das Lebensrecht des ungeborenen Kindes. Ich grüße euch alle, liebe Mitbrüder, liebe Brüder und Schwestern, und wir danken euch für euer Zeugnis. Viele sind ja so feig, das geht bis hinauf in die Spitzen der Kirche, sie sagen nichts mehr. Nicht daß sie es für gut heißen, aber es gibt so viele, die aus Müdigkeit feig geworden sind. Diese Menschen, die heute hier sind, sind jene, die dieser Müdigkeit aus Feigheit Widerspruch leisten. Gott segne euch. Gott schicke euch viele andere Helfer, und geht den Weg weiter. Geht ihn auch weiter, wenn eigene Leute der Kirche euch oft schimpfen oder verhöhnen oder verspotten. Leider Gottes gibt es auch bei uns den Judas in der Kirche, der sich aufregt, das ist doch unsozial. Nein, ihr tut das Richtige. Ihr müßt aber auch wissen, Jesus sagt, euer Lohn wird groß sein aber im Himmel. Das ist es, was ich euch versprechen kann. Nicht auf Erden. Kann sein, daß ihr alle möglichen Benachteiligungen habt, daß ihr alle möglichen Leiden und Sorgen habt für euren Einsatz. Aber euer Lohn wird groß sein im Himmel.

Meine Brüder und Schwestern, ich glaube, jetzt reicht es. Ich versuchte, euch ein paar Worte der Ermutigung zu sagen, ein paar Worte, die euch weiterhelfen, und ich bin seit langem wieder einmal hier. Früher war ich auch immer wieder hier. Ich möchte nur noch sagen, eure Hilfe sei es, daß ihr die Muttergottes, auch von Maria Roggendorf, daß ihr sie alle verehrt, daß ihr kommt, und es ist so etwas Schönes, es gibt Lourdes, es gibt Fatima, es gibt Maria Roggendorf, es gibt Maria Taferl, es gibt Mariazell, es ist aber immer die selbe Gottesmutter, die sich den Menschen immer wieder zeigt und zu den Menschen spricht. Wo die Gottesmutter ist, dürft ihr beten, dürft ihr alles sagen, was euch bewegt. Maria sei auch die Helferin und Begleiterin aller, die berufen sind. Berufen zum Priester, berufen zum Diakon, berufen zur Ordensfrau und zum Ordensmann. Sie begleitet alle und findet sie. Viele sagen, bei mir ist es zu spät, ich fühle mich nicht berufen, dann schaut, ob vielleicht euer Nachbar, euer Kollege oder euer Freund vielleicht berufen ist. Ihr dürft ihn suchen. Und die Gottesmutter ist sicher da. Ein Wort: Immer wieder jetzt vom Konzil gesprochen. 40 Jahre sind es jetzt, ich bin genau so lange Priester, ich bin drei Tage vor Konzilsbeginn zum Priester geweiht worden. Im strengen Sinn also noch ein vorkonziliarer Priester. Aber, ich danke Gott, ich durfte jetzt 40 Jahre als Priester leben, und jetzt darf ich sie auch leiten und tragen, und das ist gut so. Ich danke Gott. Aber, ich möchte euch auch sagen, das Wichtigste ist nicht, daß wir jetzt wieder anfangen, über das Konzil zu reden; es wird soviel Dummheit geredet. Vor allem die Dummheit entsteht dort, wo wir meinen, daß das Konzil uns bestätigt, uns, unsere Gescheitheit, unsere Vorlieben, das ist das, was wir am Konzil scheinbar lieben und das bestätigt uns. In Wirklichkeit ist es aber so, das Konzil ist vom Heiligen Vater damals einberufen worden , damit wir uns bekehren, nicht damit wir Bestätigung finden. Das ist der Mangel. Bekehrt euch, dann wird man die Fingerzeige Gottes im Konzil verstehen. Bekehrt euch alle. Die Bekehrung war es, was die Konzilsväter wollten, was Papst Johannes XXIII. wollte, und was wir auch alle im Sinne Gottes tun sollen.
Liebe Brüder und Schwestern, bekehren wir uns, das heißt auf deutsch: Leben wir wie Maria, und leben wir so, daß wir mit Maria in Christus zur Ehre des Vaters und des Heiligen Geistes die Welt verändern. Amen.


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Texte von Bischof Krenn werden im Internet auf hippolytus.net mit freundlicher Erlaubnis von Dr. Kurt Krenn publiziert. Verantwortlich: DI Michael Dinhobl und Dr. Josef Spindelböck. Die HTML-Fassung dieses Dokuments wurde erstellt am 28.10.2002.

 

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