Dario Kardinal Castrillón Hoyos:

            Zum Welttag 2002 „Heiligung der Priester“

 

 

Die Barmherzigkeit Gottes im Sakrament der Eucharistie und der Versöhnung als Ausgangspunkt zur Wiederentdeckung der priesterlichen Identität

 

 

Liebe Priester, liebe Freunde ,

 

der Welttag „Heiligung der Priester“ 2002  möchte sich heuer leiten lassen von den Themen der Gründonnerstagbriefe des Papstes an die Priester aus den Jahren 2000, 2001 und 2002. Diese Briefe  wollten uns auf  das Geheimnis der Eucharisitie und auf die Beichte aufmerksam machen.

 

Für uns geweihte Diener sind es jene zwei Sakramente, bei denen wir in ganz besonders persönlicher Weise die unsagbar barmherzige Liebe des göttlichen Vaters  uns und der ganzen Menschheit gegenüber erfahren.

 

Die heiligste Eucharistie und das Sakrament der Versöhnung, die  Beichte, sind und bleiben  das Herzstück unseres Priestertumes. Wirklich: auf eine einmalige Weise  schenkt Gott Vater uns Priestern  sein Vertrauen, wenn er uns seinen Sohn Jesus Christus anvertraut, der sich durch unseren Dienst bei der Heiligen Messe mit seinem Leib und Blut allen Menschen hingibt. Mit jenem Blut, „das  für euch und für alle vergossen wird“ ( Mt 26,28; Mk 14,24; Lk 22,29).

 

Wie oft sprechen wir jene heiligen Worte aus, wenn wir das göttliche Opfer feiern und wir sind dabei von einer ganz bestimmten  angstvollen Scheu betroffen wegen des Vertrauens, das der Herr in uns gelegt hat, wenn er uns ruft, all unsere Armseligkeit in sein Blut hineinzutauchen, das „für euch und für alle    vergossen wird“

 

Ohne Rückkehr zur eucharistischen Quelle, zum Abendmahlsaal, gleichsam  dem Mutterschoß unseres Priestertumes, könnten wir unmöglich unsere priesterliche Identität wiederfinden. Es war der Heilige Vater selbst, der uns dies beim Grossen Jubiläum mit folgenden Worten zurief:

 

„Wir müssen immer wieder neu das Geheimnis jener Nacht betrachten. Wir müssen immer wieder im Geiste zum Abendmahlsaal zurückkehren, dorthin, wo besonders wir Priester uns in einem gewissen Sinne immer  „daheim“ fühlen können. Im Bezug auf den Abendmahlsaal  könnte man von uns Priestern auch  die Worte des Psalmisten  anwenden, die er bezüglich der Heiligen Stadt Jerusalem von den Heidenvölkern aussagte. „Der Herr wird im Buche der Völker verzeichnen: ‚Jeder ist dort geboren‘ (Psalm 87(86), 6)“

 

Im Sakrament der Versöhnung ist es der Heilige Geist, den uns der Vater und der Sohn geben, damit es Vergebung für unsere Sünden geben kann. Mittels des Priesters tun es die göttlichen Personen durch den Vollzug der Kirche.  Beim Beichtbekenntnis wird daher für den Gläubigen und noch mehr für uns  Diener des Sakramentes der Versöhnung das Wirken des Heiligen Geistes  besonders spürbar. Er ist es, der uns zu einer ganz bestimmten Vertrautheit mit seinen Absichten und  Werken beruft. Der, der der Diener des Bekenntnisses ist, wird im Beichtstuhl der Stellvertreter des göttlichen Vergebung. Darum hängt es auch ein gut Stück  vom Priester  ab, in wie weit der Bußwillige in ihm das erbarmungsvolle Antlitz  Jesu betrachtend erkennen und die Freude der Versöhnung verkosten kann. Diesbezüglich  lehrt der Heilige Vater:

 

„Mit anderen Worten, um seine Wunderwerke in den Herzen zu wirken,.... rechnet Gott mit uns, mit unserer Verfügbarkeit und unserer Treue... und das muß uns mit großer Verantwortlichkeit erfüllen. Wahrscheinlich mehr als bei den anderen Sakramenten ist es in der Feier dieses Sakramentes wichtig, dass die Gläubigen eine lebendige Erfahrung des Antlitzes Christi, des Guten Hirten, machen.“(Gründonnerstagbrief 2002).

 

Der Hl. Apostel Paulusbenennt mit dem Ausdruck „Gesandter“ die wunderbare Gnade unseres Dienstes. „Wir üben für Christus.... eine Gesandschaft aus, so  als ob Gott durch uns ermahnte. So bitten wir  euch  im Namen Christi: lasst euch mit Gott versöhnen.“ (2Kor 5,20).

 

Mehr denn je spürt die Kirche und die Menschheit heute die Notwendigkeit des Erbarmens, der Reinigung  und des Friedens. Man spricht- wie es ganz offenbar ist-  immer wieder von Gerechtigkeit, aber Gerechtigkeit darf nie vom Erbarmen getrennt werden; eine Gerechtigkeit ohne Erbarmen wäre nie eine  Gerechtigkeit, die von Gott herkommt sondern einfach nur eine  menschliche Gerechtig-keit. Sie allein  könnte nie die zahllosen Konflikte lösen, die die momentanen Zeitläufte durchwirken: weder die Einzelkonflikte, noch  die gemeinschaftlichen, erst recht nicht die nationalen und internationalen Auseinandersetzungen, Zu deren Überwindung braucht die Gerechtigkeit  einer wirklichen Ergänzung durch die Barmherzigkeit.

 

An erster Stelle sind wir Priester ganz liebevoll von Christus und seinem Stellvertreter auf Erden, dem Papst,  eingeladen, dass wir  umkehren und uns bei der Quelle der göttlichen Barmherzigkeit tränken, die überreich strömt aus den Sakramenten der Eucharistie und der Versöhnung. „ Wir  müssen von neuem bei ihm beginnen, um die Quelle und die tiefen Voraussetzungen für  unsere Brüderlichkeit neu  zu entdecken: sie kommen von dem Wort Jesu:‘ Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einer den anderen  lieben.‘ ( Joh.13.34)“ (Gründonnerstagbrief 2001)

 

Würden wir, was natürlich absurd ist, dies nicht tun, so würden wir immer tiefer in die Nacht, in eine konfuse ethische  Finsternis, ja in eine spirituell ohnmächtige Kraftlosigkeit  eingetaucht werden angesichts einer Welle des Bösen, die uns zu überfluten droht, wenn sie nicht aufgehalten und überwunden würde durch die schwungvolle Kraft der göttlichen Barmherzigkeit.

 

In diesem Zusammenhang fallen einem die Worte Jesu ein, die in der Homilie bei der Heiligsprechung  der demütigen Schwester aus Polen, Faustina Kowalska, am  30. April 2000, dem  „Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit“ zitiert wurden.

 

Jesus sagte zu  Schwester Faustina: ‚Die Menschheit wird keinen Frieden finden, bis sie sich nicht voll Vertrauen an die göttliche Barmherzigkeit wendet‘

(Tagebuch , Seite 132)“ Bei dieser Ansprache sagte der Heilige Vater mit prophetischer Betonung weiter:

 

„Was werden uns die Jahre, die vor uns liegen, bringen?  (....)Es ist sicher, dass trotz aller neuen Fortschritte daneben auch die leidvollen Erfahrungen nicht fehlen werden. Dennoch wird das Licht der göttlichen Erbarmungen, das der Herr durch das Charisma von Sr. Faustina der Welt gleichsam auszahlen wollte, den Weg der Menschen des dritten Jahrtausends erhellen. Wie einstens die Apostel dem  auferstandenen Christus begegneten, wie er ihnen die Wunden seiner Kreuzigung zeigte und ihnen mehrmals sagte: Friede sei mit euch!, so ist es  auch für die Menschen von heute notwendig, dass sie im Abendmahlsaal der Geschichte dem Herrn begegnen.  So wird es dann auch geschehen können, dass die Menschen sich vom Heiligen Geist erreichen und durchdringen lassen, den der auferstandene Christus ihnengibt. Dieser Geist kann auch die Wunden der Herzen wieder heilen, die Barrieren niederreissen, die uns von Gott fernhalten und uns untereinander trennen und zugleich kann er die Freude der Vaterliebe  Gottes und die der  brüderlichen Einheit wiederherstellen. (Johannes Paul II. Homilie am 30. April 2000).

 

Wenn wir Jesu Aufruf zum „Vertrauen auf die göttliche Barmherzigkeit“ ganz in uns wirken lassen, -einen Aufruf, den der Papst in unserer Epoche immer wierholt hat -  dann „müssen“ wir  merken, dass in erster Linie wir Priester berufen sind, uns vom Geist durchwirken zu lassen, den der auferstandenen Christus uns schenkt, und  dass er uns für alle Menschen in ein Zeichen der Vergebung Gottes verwandelt hat (vgl. Joh 20,19-23).

Ohne Vergebung, welche die Frucht des Erbarmens ist, würde sich der Friede in eine reine Utopie auflösen  und unvermeidlich würden Rache und Repressalien dessen Platz einnehmen .

Nur das Gebot Christi „liebt einander, wie ich euch geliebt habe“ (Joh 13, 34) und „liebt eure Feinde“ (Lk 5,27) kann uns mit Gott versöhnen , den Menschen mit sich selbst versöhnen  und mit seinem Nächsten. Die hervorbrechende Kraft des Christentums – wie sie keine andere Religion  in diesem Maße kennt -  ist es nicht wirklich das Erbarmen  und die Vegebung ?

 

Diese dynamische und andauernd aktive Energie, die aus dem Erlösungswerk Christi hervorfließt, teilt sich der Welt  praktisch  vorallem durch den priesterlichen Dienst mit. Nur dieses Amt kann die Eucharistie  und die sakramentale Vergebung spenden. Obschon wir gelegentlich sehr entmutigt sind angesichts der Gleichgültigkeit der Welt, die sogar zur Feindseligkeit gegen die Kirche werden kann, dürfen wir nicht vergessen, dass unsere Gesellschaft  nach Vergebung und Frieden dürstet, den der auferstandene Christus uns gebracht und der in ihm allein seinen Ursprung hat. Diesbezüglich macht uns der Heilige Vater auf  eine tiefe Wahrheit aufmerksam, wenn er uns zum Nachdenken über die Botschaft Christi einlädt:

 

„Gerade wir sind als Künder Christi vor allem eingeladen in inniger Verbundenheit mit ihm zu leben: denn man kann schwer anderen etwas geben, das wir selbst nicht haben! Es gibt einen ganz bestimmten Durst nach Christus, der trotz allen entgegenstehenden Anscheines  auch in der heutigen Gesellschaft aufblüht, der mitten zwischen manchen Ungereimtheiten neuer Spiritualitäten hervorquillt, den man feststellen kann bis dort, wo in den  schwer zu lösenden  ethischen Fragen  das Zeugnis der Kirche zum Zeichen des Widerspruches wird. Dieser Durst nach Christus – mehr oder weniger bewußt -  kann mit leeren Worten nicht gestillt werden. Nur echte Zeugen können glaubwürdig das rettende Wort  ausstrahlen. (Gründonnerstagbrief 2001)

 

Wir können zu diesem Geist Christi, der uns zu Zeugen seiner Gaben macht, nur dann gelangen, wenn wir uns wieder zum häufigen und regelmäßigen  Empfang der Einzelbeichte durchringen  sowie zur tief empfundenen und mit dem Leben verbundenen Zelebration der Hl. Messe und wenn wir dann in der eucharistischen Anbetung gleichsam die Verlängerung der Hl. Messe sehen, der wir in unserem Tagesablauf  wieder hinreichenden Raum und Zeit geben sollen.

 

Der Priester wird durch die eucharistische Anbetung gestärkt. Zusammen mit der häufigen Beichte wird sie für ihn ein wirksamer Ruheplatz, tiefer Friede und Balsam für die Seele sein. Uns Priester werden tatsächlich weder die Aktivitäten, die Vorträge und Predigten, noch die Zusammenkünfte – so lobenswert sie manchesmal sein können – zum Heil führen, sondern vor allem die Liebe zum Herrn Jesus Christus, dessen absolute Oberhoheit sich im Leben eines jeden Priesters widerspiegeln muß. Hier ist die Quelle der missionarischen  Sehnsucht „alles in Christus zu erneuern“! Hier erreicht man jenen Enthusiasmus, dem nichts widerstehen kann !

 

Mit vollem freiwilligen Einverständnis haben die Heiligen der Kirche  diese geistliche Wirklichkeit verstanden und gelebt. Sie sind es, die uns oft schriftlich ihre gehaltvollen Erfahrungen der Verbundenheit mit dem Herrn Jesus zurückgelassen haben .

 

In seinem berühmten Werk „Einführung in das gottgeweihte Leben“ hat zum Beispiel der Hl. Franz von Sales meisterhaft die absolute Notwendigkeit von regelmäßigen Zeiten der geistlichen Einkehr beschrieben. Nur so könne jemand seine Seele wieder ins Gleichgewicht bringen. Der Heilige verwendet dabei für die Seele das Bild von der Uhr.

 

„Auch die beste Uhr muss man zweimal am Tag aufziehen, in der Frühe und am Abend und wenigstens einmal im Jahr in all ihre Teile zerlegen , die Staubfuzzeln wegnehmen, die sich vielleicht angesammelt haben, die verdrehten Teile ausrichten und die verbrauchten austauschen.

So muss  auch jeder, der Verantwortung für sein wertvolles Herz hat, dieses wenigstens einmal im Jahr vor Gott ausbreiten und alle seine Bestandteile, sprich die Gefühle und die Strebekräfte, genauestens  überprüfen und alle dabei entdeckten Fehler  reparieren. Und so wie der Uhrmacher  die verschiedensten mechanischen  und weichen Teile der Uhr mit Spezialöl  schmiert, (...) so muss die gottgeweihte Person  (...) sich salben mit den Sakramenten der Beichte und der Hl. Eucharistie.(....) Durch diese Übung wirst du merken, dass sich die mit der Zeit geschwächten Kräfte erholen werden, dein Herz wird sich erwärmen und es wird sich zu neuer Kraft für deine guten Vorsätze aufraffen. Es werden auch die Tugenden deines Geistes aufblühen.“

 

Dieser heilige Bischof istals wertvoller Meister des geistlichen Lebens durch die Jahrhunderte zu einem Vorbild für manche eifrige bischöfliche Mitbrüder geworden, die sich selbst für ihr Leben  bemüht haben  und darüber hinaus es auch als ihre Pflicht ansahen, ihren wertvollsten und notwendigen Mitarbeitern , den Priestern, zu helfen, damit sie zu sich selbst finden und die Freude an ihrem Dienst wieder entdecken. Sie machten es dadurch, dass sie sie „ins Abseits“ des Schweigens und der Entspannung riefen. So machte es auch Jesus, der den Aposteln manche Zeit der persönlichen Sorge widmete, indem er ihnen  - abseits von der Menge – den Sinn der Schrift erklärte, sie auf die kommenden leidvollen Ereignisse vorbereitete, sie tröstete und sie im Glauben stärkte( vgl. Mt 17,1; Mt 20,17; Mk 10,32; Lk 10,23). 

 

Auch in unseren Zeiten, in denen man  immer ausdrücklicher die Notwendigkeit zur Wiederaneignung  der priesterlichen Identität und zu einer sich daraus ergebenden Spiritualität spürt, gibt es Bischöfe, die die persönliche Sorge für ihre Priester als ihre seelsorgliche Priorität erachten, weil sie sehen, dass dies die unvermeidliche Voraussetzung für die Fruchtbarkeit aller übrigen Dinge ist. Deswegen reservieren sie immer größere Teile ihrer Zeit für die Priester:  für persönliche Gespräche und  brieflichen Austausch, um mit ihnen zu beten und um das  gegenseitige Vertrauen zu fördern, damit keiner der geistlichen Führung und der Beratung sowie der kraftvollen Leitung und der behutsamen Rücksichtnahme entbehren muss.... einfach so wie es Jesus tat, als er mit seinen Aposteln lebte.

 

Man muss unbedingt den Mut haben klare Entscheidungen herauszuarbeiten in dem Sinne, dass man neben vielem anderem  auch das fördert, sich  mehr Zeit für  Gebet und den brüderlichen Austausch unter den Priestern zu nehmen. Darum hat auch jemand vorgeschlagen in der Diözese ein Haus zu errichten, das  genau für Priester gewidmet ist, damit sie sich gut aufgenommen fühlen , wenn sie eine hinreichende Zeit der geistlichen Einkehr und der - auch körperlichen -Erholung bedürfen. Nicht dürfen dabei aber auch wahre und echte Erfahrungen priesterlichen Gemeinschaftslebens  fehlen , sei es in Gruppen von Priestern untereinander oder der Priester mit ihrem Bischof !   Es werden wahrscheinlich diese Formen priesterlichen Gemeinschaftslebens  in den Diözesen immer notwendiger werden, besonders dann, wenn sich  Priester - aus Mangel an (Aus-) Hilfe für sie -  sich  selbst überlassen fühlen und in die Gefahr der Vereinsamung fallen. Andere Anlässe für diese Gefahr: eine Überfülle an Aktivität, oder zu große räumliche Entfernungen, Schwierigkeiten im Dienst oder Unverständnis ihnen gegenüber.

 

Es gibt auch Bischöfe, die sich von Pfarrei zu Pfarrei begeben, um sich dort eine gewisse Zeit aufzuhalten und um an der Seite des Pfarrers einige Tage mit ihm das Leben zu teilen und seinen Dienst kennenzulernen. So kann der Bischof auch Stück für Stück sein Presbyterium realistisch kennenlernen.

 

Man kann sich gar nicht vorstellen, welche Wohltat  diese gemeinsam von einem  Bischof und seinen Priestern  freundschaftlich  verbrachte Zeit  sein kann!

Es ist eine Wohltat für die Priester, aber auch für die jeweiligen Bischöfe, wenn sie, die zwar die Erstverantwortlichen für ihre Priester sind, mit ihnen die Freuden und Leiden teilen. Hat es doch der Herr Jesus Christus auch so gemacht! Ein Bischof kann nichts Besseres machen, als seine Priester persönlich kennenlernen und diese können nichts Besseres haben als die Kenntnis des echten Leitungsdienstes ihres eigenen Bischofs.

 

Übergroß sind die vielen seelsorglichen Dringlichkeiten , aber ohne der persönlichen und personenbezogenen  Aufmerksamkeit des Bischofs für seine Priester und für das eigene Seminar ist alles zur Unfruchtbarkeit verurteilt..

 

Konkret ist man sich immer mehr bewusst, wie wichtig für die Bestärkung der  Communio  in den einzelnen kirchlichen Gemeinschaften das gemeinsame Gebet, besonders vor dem ausgesetzten Allerheiligsten ist. Es stimmt, dass die Arbeit übergroß ist, dass die Herausforderungen immer  stärker werden , aber gerade deswegen muss man zum Wesentlichen kommen , zur Seele allen Apostolates: zur vertrauten Verbundenheit mit Gott und zur Einheit der kirchlichen Gemeinschaft  im geheimnisvollen Leib Christi.

 

Das gilt vor allem in der Beziehung des Bischofs mit seinen Priestern: bilden sie ja gemeinsam das pulsierende Herz der gesamten diözesanen Gemeinschaft. Nach dem Bericht der Apostelgeschichte war dieser Gemeinschaftsgeist in den ersten christlichen Gemeinden  sehr lebendig. Sie waren geprägt von dem Jesuswort, das er  beim letzten Abendmahl gleichsam als sein Testament aussprach: Liebt einander, wie ich euch geliebt habe!“ (Joh 13,34) Das sollte das Erkennungszeichen  der Echtheit ihres christlichen Lebens sein: „Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid“ (Joh 13,35).

 

Damit unser Verbundensein  mit Jesus  und in Folge, unsere Verbundenheit mit allen Glaubensbrüdern , immer fester werde, hat uns Jesus zwei Sakramente geschenkt, die  wie zwei Angelpunkte der göttlichen Barmherzigkeit sind: die Hlst. Eucharistie und das Sakrament der Versöhnung. Sie sind uns im Rahmen einer großen geistlichen Freundschaft geschenkt worden. Es war im  Abendmahlsaal , wo sich Jesus an die Seinen wie an Freunde wandte und von wo alles seinen Ausgangspunkt nahm: Vor seiner Auferstehung war es das Geschenk der Eucharistie, unmittelbar nach seiner Auferstehung war es die Ein- setzung des Sakramentes der Sündenvergebung. Damals erklang auch in jener  dichten Atmosphäre des Vertrauens und des Gebetes im Abendmahlssaal auch  das Jesuswort: „Tut dies zu meinem Gedächtnis!“ (Lk 22,19). So entstand das Sakrament des Ordo, jenes Sakrament, das die Erstapostel und in ihrer Nachfolge auch uns alle fähig gemacht hat, das eucharistische Opfer  durch die Jahrhunderte  gegenwärtig zu halten.

Das ist auch der genaue Grund, wieso der Heilige Vater zu uns sagte: wir sollten  uns im Abendmahlssaal „daheim“ fühlen, ist er doch unser Geburts-„Ort“.

 

Weil dieser „Geburtsort“ der mütterliche Schoß unseres priesterlichen Dienstes ist, müssen wir ihn mitten unter den  vielen Alltagsverpflichtungen und Sorgen fortlaufend wiedererobern und lebendig halten; wie einstens die Apostel, so müssen heute die  Priester von einer ganz besonderen seelsorglichen Absicht dorthin geleitet werden. Das fordert von ihnen eine stark motivierte Hingabe und viel Aufmerksamkeit, um die Inhalte für die Betrachtung sowie ein entsprechendes Klima für das Gebet und den vertrauensvollen  und brüderlichen Austausch entsprechend zu bereiten, so wie es auch unser Herr tat.

 

Dieser „Geburtsort“ fordert auch  eine ganz bestimmte Zeitspanne ein, die nicht in ein reduziertes Stückchen  Zeit eingegrenzt werden kann, denn sonst ist sie nicht geeignet, jene geistliche Atmosphäre des gegenseitigen Respekts zu schaffen, wie er zwischen den Priestern sowie zwischen Priester und Bischof herrschen soll und die  in der Einmütigkeit der Absichten zugleich  die günstige Voraussetzung für die eucharistische Zelebration ist. Auch die Einzelbeichte, ausgetauscht zwischen Mitbrüdern im gleichen Geheimnis, ist eine Gegebenheit, die noch häufiger und regelmäßiger werden sollte.

 

„Eilen wir häufig, meine lieben Priester, zu diesem Sakrament damit der Herr beharrlich unser Herz reinigen kann und er uns weniger unwürdig mache  für die Geheimnisse, die wir feiern“ (Gründonnerstagbrief 2001).

 

Ich habe mir erlaubt, mich als Euer Bruder im Herrn, an Euch zu wenden an jenem Tag, der auf Weltebene unserer Heiligung gewidmet ist und ich bin mir wie der hl. Apostel Paulus bewusst, „dass wir diesen Schatz in irdenen Gefäßen haben, damit deutlich wird, dass die ausserordentliche Kraft  von Gott und nicht von  uns kommt“ (2Kor 4,7) Aber gerade deswegen müssen wir um so mehr überzeugt sein, dass Gott Vater uns  mit so wirksamen Gnadenmitteln hilft, dass dort „wo die Sünde groß wurde, die Gnade noch viel größer ist“ (Röm 5,20).

 

Gerade für unsere innere Erneuerung ist  es absolut notwendig, dass wir uns vertrauensvoll den  Armen der göttlichen Barmherzigkeit überlassen  und dabei dem Beispiel folgen, das uns Maria, die Mutter des Herrn, vorgegeben hat .

 

Euch, den Bischöfen, möchte ich diese Seiten zur Überlegung anvertrauen , damit alle Eure Söhne, die Priester, die sie lesen werden, die Dringlichkeit der alltäglichen Bekehrung  in der momentanen Stunde erkennen , um das zu werden, wozu sie berufen sind. Wollen wir uns gemeinsam bemühen, nichts der Liebe Christi vorzuziehen und sowohl für uns als auch für die Gläubigen den Reichtum des Sakramentes und der Tugend der Buße wieder zu entdecken. Lassen wir aber auch allen  die Weisheit der kirchlichen Disziplin mit all ihrer seelsorglichen Fruchtbarkeit erkennen, die aus deren motivierter und vom Herzen kommender  Beobachtung hervorkommt.

 

Die Entmutigung wird keine Bleibe im Herzen eines „Gesalbten des Herrn“ finden, denn „bei Gott ist kein Ding unmöglich“ (Lk 1,37) und Gott lässt sich leicht finden von einem einfachen und demütigen Herzen.

 

Unsere himmlische Mutter erinnert uns im „Magnificat“ daran, dass der Herr „die Mächtigen vom Thron gestürzt und die Niedrigen erhöht hat“ (Lk 1,52) und dass er das mit seinem Erbarmen gemacht hat, das sich „von Generation zu Generation über all jene erstreckt, die ihn fürchten.“ (Lk 1,50).  Wiederholen wir mit ihr in allen Situationen : „Jesus, ich vertraue auf dich!“

 

Dario Kardinal Castrillón Hoyos

Präfekt der Kongregation für den Klerus