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DIE APOSTOLIZITÄT
DER
EUCHARISTIE UND DER KIRCHE
Ecclesia de Eucharistia,
Überschrift des Kap. III, Nr. 26-33
Einige Überlegungen
von P. Robert Bösner OSB,
Wallfahrtspfarrer
zu Forderungen von P. Udo Fischer OSB als Redakteur von „JA - die andere
Kirchenzeitung“
Um welche Forderungen geht es?
Kurz zusammengefasst meint P. Udo in seinem redaktionellen Vorwort
der letzten Ausgabe von „JA“,
gleichsam am „Vorabend“ der Amtseinführung von Bischof DDr. Klaus Küng
als seinem zuständigen Diözesanbischof: Man sollte doch aus pastoralen Gründen wieder
zur josephinischen Pfarreinteilung zurückkehren! In unserer “Zeit der Vereinsamung
und Isolierung der Menschen“ würde es vielen Mitmenschen gut tun, in
Seelsorge-Einheiten von ca. 500-800 Menschen leben zu können. In solchen
Strukturen könnte man dann auch „hautnah einen geistlichen
Gesprächspartner mit sakramentaler Vollmacht“ zur Verfügung haben.
Damit aber in einer Zeit des
Priestermangels der Vorschlag durchführbar wäre, sollte man „den Zölibat
aufheben“ und die schon vorhandenen Pastoralassistenten und
Religionslehrer (Frauen eingeschlossen!) zu Priestern weihen und mit der
Leitung von kleinen Pfarren – „im Nebenjob etwa“
(Originalzitat) – betrauen.
„Aber, wer macht den Anfang?“
So fragt sich mit Recht
unser Mitbruder. Er meint damit: Wer beginnt mit dem Entschluss, entgegen den zeitgenössischen,
zentralistischen Organisationsmodellen der Gesellschaft, bei denen alles großflächig betreut wird, nach diesem
seinem Vorschlag in der „Kirche“ mit kleinen überschaubaren Einheiten seelsorglich alles (?) zu ordnen
(siehe oben!). Die Schließung der Kleinschulen, der Postämter,
Gendarmerieposten, aber auch der Gasthäuser und Greisslereien sind ihm
abschreckende Beispiele für die Entwicklung in der Gesellschaft, die mit diesem
Weg die Kleingemeinden „geopfert“ hat. Es würde seiner Meinung nach
die seelsorgliche Kompetenz „der Kirche“ (in unserer Heimat) gegenüber
den „Menschen von heute“ verdeutlichen, wenn man auf dieses
individual-seelsorgliche Konzept überginge.
Findet man den Lösungsweg bei dieser empfindlichen Frage
- für heute und gar für morgen - nur in einem „Entweder –
Oder“?
Aus ganz bestimmten kirchenpolitischen
Gründen entstand durch eine flächendeckende Maßnahme Kaiser Josefs II. vor ca.
200 Jahren eine Pfarr-Ordnung in der Habsburgermonarchie, die manchem einseitig
denkenden „Pastoralstrategen“ als ein gutes Vorbild auch für heute
erscheint. Nota bene: allen totalitären Regimen
war dieses josephinische System ein willkommenes Instrument zur Disziplinierung
der katholischen Kirche (siehe manche Nachfolgestaaten der Monarchie).
„Nicht
die kleinen Pfarren aufheben sondern aktualisieren,
dafür aber „den Zölibat aufheben“ und die
gewachsenen Zugangsbedingungen zur
Priesterweihe aufheben, um die Menschen in überschaubaren Bereichen durch „seelsorgliches
Gespräch geistlich betreuen“ zu können, so meint P. Udo. Und dazu ist es wertvoll, dass „diese
Gesprächspartner mit sakramentaler Vollmacht ausgestattet seien.“
Um kurzfristig für diese
Variante von „Kirche“ in der Zeit des Priestermangels genug geeignete
verheiratete Männer und in gleicher Weise auch (verheiratete) Frauen zu
Priestern weihen zu können, hat P. Udo einen
schwungvollen Tipp. Fast so schwungvoll, wie die
„Klerikerbeschaffung“ durch Kaiser Josef II. für die vielen neu
gegründeten Klein-Pfarreien: er hat damals einfach viele Klöster aufgelöst und
die (seelsorglich nicht ausgebildeten) Ordenspriester zu Pfarrseelsorgern „umfunktioniert“.
So ähnlich sollte man nach Meinung von P.
Udo die gesamtkirchliche Sakramentenordnung (Unmöglichkeit
der Priesterweihe der Frauen) auflösen und die gesamtkirchliche
Sakramentenpastoral umstoßen, die in einem mühevollen - von den apostolischen
Zeiten herkommenden - Reifungsprozess entstanden ist: d.h. die „apostolica forma vivendi“,
die apostolische Lebensweise in der Kirche, und da im besonderen
das Zölibatsgesetz. Aus bestimmten Gründen
aber – so P. Udo – geht
die „Kirchenleitung“ jedoch auf diese seine Vorschläge, die er als
Sprecher basisorientierter Katholiken macht, nicht ein.
Sollten das wirklich alle Gründe der Kirche für einen legitimen Vorbehalt sein?
Wenn man auf die drängende Forderung
von P. Udo eingeht und sich bemüht,
darauf eine Antwort zu geben, nämlich auf die Frage: „Warum tut sie´s (die Kirche) nicht?“ (Originalzitat), dann
ergeben sich mehrere Antworten, von denen er einige selbst anführt.
Weil der Mitbruder P. Udo in dieser Frage aber nicht
alleine für sich dasteht, sondern in einem bestimmten Sinne der Sprecher für
viele ist, die sich auf einer gewissen Plattform
auch als Kirche verstehen, und sie alle wahrscheinlich diesen Artikel mitlesen
werden, möchte ich mich genauer auf die von ihm angegebenen Motive einlassen.
Erst dann wird es fruchtbar
möglich sein, auch auf die Glaubensdarlegung der Kirche zu diesem Themenkreis deutlicher
einzugehen. Papst Johannes Paul II hat z.B. erst vor kurzem in einem Lehr-Rundschreiben
an die ganze Kirche „Ecclesia de Eucharistia“ („Die Kirche lebt von der Eucharistie“,
Rom 17. April 2003) den Glauben diesbezüglich verdeutlichend verkündet.
Warum Glaubenstreue negativ uminterpretieren?
Die Treue gegenüber der
gewachsenen sakramentalen Ordnung der Kirche, die dem Stiftungswillen Jesu
entspricht, wird von P. Udo falsch wiedergegeben,
wenn er sie von vornherein (!) negativ darstellt als „sklavischen
Gehorsam gegenüber Rom“. Eine solche negative Uminterpretation billigt
weder Bischöfen noch den in Kircheneinheit mit ihnen sich bekennenden
sakramentalen Priesterschaften (presbyterum), aber
auch dem gläubigen Gottesvolk überhaupt keine (!) positiven Gründe zu und macht
eigentlich jede persönliche Glaubenseinstellung zu der mit der Heiligen Schrift
und mit der Kirche verbundenen Glaubenslehre schlecht: Sklavengehorsam Rom
gegenüber! Ist das geschwisterlich? Dann sind auch z.B. die „3 Märtyrer
von Kaschau“, die auf brutale Weise von
reformierten Protestanten zum Abfall von der katholischen Kirche gezwungen
wurden, nur „sklavische Opfer“ eines menschlichen (!) Gehorsams Rom
gegenüber und nicht Zeugen für die apostolische Stiftung Jesu, in der wir
„den Heiligen Gottes“, Christus den Messias bekennen.
Ist wirklich jedes lehrhafte Überlegen der geweihten
Hirten sofort Feigheit, der
Todesbereitschaft Jesu nachzufolgen ?
Auch die andere
Motivenreihe, die P. Udo dem Zögern
der „Kirchenleitung“ unterstellt, hat einen negativen Unterton. Ist
es wirklich wahr, dass die mit den rechtgläubigen Bischöfen glaubenden Priester
und Katholiken dem „Heil der Seelen“ gleichgültig gegenüber stehen,
weil sie nicht gleich jeden pastoralen Vorschlag im Handumdrehen und ungeprüft als
„Lehre der Kirche“ verwirklichen? So ist der oberste Grundsatz des
kirchlichen Gesetzbuches nicht zu verstehen: „das Heil der Seelen ist der
oberste Rechtsgrundsatz!“
Die Faszination aktueller Vorschläge lässt manchmal die
Kirchengeschichte vergessen.
Bedenkt P. Udo alles, was mit seinem seelsorglichen und gut gemeinten Pfarrsystem
josephinischer Prägung verbunden war? Vor 200 Jahren
hat dieses (staatskirchliche) System Kaiser Josephs II die Kirche in der
habsburgischen Monarchie verwaltungsmäßig ganz vom Papst getrennt und zur
gleichen Zeit ganz dem Staat unterstellt. Dafür wurden die Pfarrer (als
Matrikenführer der Sakramentenspendung) zu Beamten im Dienste des staatlichen
Interesses an der Ordnung in der Bevölkerungsbewegung. Der Kaiser hat den
Einflussbereich des Papstes über seine Katholiken (Jurisdiktion) als
aufgeklärter Monarch politisch uminterpretiert in eine von einer
„ausländischen Macht“ kommende Einmischung und sie dementsprechend abgelehnt.
So entstand die ganz typische – in sich geschlossene - „pietas austriaca“, die die
Norm für alle seelsorgliche Tätigkeiten in der Habsburgischen Monarchie sein
sollte (vgl. den Entwurf einer gesamtösterreichischen Pastoralanweisung dazu
für die Seelsorger in den Kronländern, entworfen vom aufgeklärten Abt des
Schottenstiftes in Wien, Prälat Rautenstrauch, die in allen Generalseminarien
doziert werden sollte).
Ob es den basisorientierten „Pastoralstrategen“
auffällt?
Wenn P. Udo auf seine (!) Weise zum
josephinischen Modell der Kleinpfarreien zurückkehren will, dann bin ich mir
nicht sicher, ob er sich bewusst ist, dass er sich mit seinem
„seelsorglich inspirierten“ Weg auf eine Bahn begibt, die die
Kirche im heutigen Österreich genau
so von Rom (von der Weltkirche) wegführt, wie Kaiser Josef II. damals die
Kirche in Österreich durch die Ablehnung der Jurisdiktion des Papstes über die
Katholiken Österreichs diese absichtlich von der Weltkirche wegbringen wollte.
Denn jeder Hl. Vater in Rom,
nicht nur der jetzige Papst Johannes Paul II., kann das Gesetz des Zölibates
nicht „auflösen“ (wenn mehr als drei Päpste hintereinander etwas als
Lehre der Kirche darlegen, dann gehört diese Lehre – mindestens ab dann -
zum ordentlichen Lehramt dazu!) noch kann er „wegschauen“ von der
„Unmöglichkeit der Weihe von Frauen zum apostolischen Dienstamt“ (Paul
VI.).
.
Ein plausibler „Platz“ für „ein wenig Kirche“ in der
heutigen Gesellschaft
Wenn man die Vorschläge von P. Udo in ihren Konsequenzen weiter
überlegt, dann kommt man zu dem Eindruck: er schlägt das „Kleinpfarrei-Modell“
deshalb vor, weil er dort - im überschaubaren Bereich - eine plausible Chance für und eine Sehnsucht nach der Individual-Seelsorge sieht. Im
heutigen globalisierenden und rationalisierten -
größten Teils aber antikirchlichen - Zeitgeist ist das die einzige „Nische“,
wo Platz für „ein wenig Kirche“ ist.
Die überschaubare Gruppengemeinschaft schillert fast wie eine „freikirchliche
Versuchung“, die die 2000 Jahre vorgegebene katholische Kirchengemeinschaft
(koinonia) der Getauften „unterbelichtet“
erscheinen lässt und sich ohne weiters mit Individualseelsorge zufrieden gibt. In
solchen kleinen Gemeinschaften könnte man ohne
das bisher gewachsene apostolische Amt einen entspannenden „Pastoralbetrieb“
machen. Ob P. Udo diese
„Versuchung“ sieht und eventuell stillschweigend mit ihr spielt?
Es hat den Eindruck, dass P. Udo jenes neu erfundene „Priestertum“,
das sich vom überkommenen bisherigen apostolischen, durch Jesu Geist erfüllten,
Priestertum in der katholischen Kirche abhebt, als die großartige Möglichkeit
sieht, um in der Zeit eines Priestermangels schnell den verheirateten Priester und
vor allem die zum Priester geweihte Frau als Gebot der Stunde einführen zu
„müssen“! Alles aber, was diesem „seinem“ Vorhaben entgegensteht,
möchte er aufheben, aufgeben (auch die „Kirchenleitung“?) und sich
so der Mühe des Betens und Wirkens für einen geeigneten apostolischen Priesternachwuchs
enthoben sehen und auch der Notwendigkeit, die vielen zur Mitarbeit bereiten
gläubigen Männer und Frauen in die geistliche Bedeutung des katholischen
Priestertums und die Einmaligkeit der Katholischen Kirche einzuführen.
Innerhalb des Rahmens
des Zeitgeistes …
... aber ohne apostolischen Einspruch gegen den Zeitgeist !
Ob es auch anderen
Katholiken – außer mir - auffällt, dass bei diesem
„Kirchenmodell“ die direkte apostolische Auseinandersetzung mit dem
heutigen Zeitgeist nicht im Mittelpunkt
steht? Gleichsam unwidersprochen lässt diese Sicht von Kirche den „Zeitgeist“
weiterwüten. Alle gewachsenen Organismen und ethischen Grundpositionen wie
Familie, selbständigen Kleinbetrieb, Sozial- und Arbeitsrecht, Menschenwürde und
Lebensrecht bleiben in dieser Konzeption schutzlos und unberücksichtigt. So ist
es auch mit der geordnete Freizeit: sie ist in der heutigen individualisierten und
zugleich großflächigen Vision menschlichen Lebens fast kein Rechtsgut mehr (vgl.
die Bereitschaft, den Sonntag als einen arbeitsfreien Tag abzuschaffen!).
Und dann „erpresst“
der globalisierende Zeitgeist gleichsam mit den
überlasteten Opfern dieser Lebensweise die christlichen Denker und
Menschenfreunde nach der Art von P. Udo
und anderen: Sie sehen die seelische Not (!) der Menschen und können doch nicht
helfen. So sind sie wenigstens um eine ganz spezielle Glaubwürdigkeit den
Zeitgenossen gegenüber bemüht. Sie möchten ihnen signalisieren, dass sie
„für die Menschen von heute“ da sein wollen und für sie die Kirche
gleichsam „umkrempeln“ wollen. So stehen sie dann als gute und „menschliche“
Seelsorger da.
Das, was noch an
„Kirche von Jesus und den Aposteln her“ heute übrig ist, wollen sie
unwillkürlich von der 2000jährigen Sukzessionsgeschichte
der „einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche“ (vgl.
GL 356) ganz losreißen, statt sich zur Ehre Gottes dazu zu bekennen. Dafür
wollen sie diesen heiligen „Rest“ in die vordergründige Form von
„Kirche“ nach ihrer Vorstellung und der allgemeinen zeitgenössischen
Plausibilität - wie in ein Korsett – hineinzwängen. Und was wird sein,
wenn später etwas anderes allgemeine Plausibilität beansprucht
?
Das
Selbstverständnis der „einen, heiligen, katholischen und
apostolischen Kirche“ (vgl. Credo GL 356)
... liegt nicht nur (!)
ausschließlich in einer plausiblen und behutsamen zeitgenössischen „Pastoral“,
in der kommunikativen Gesprächsführung, zu der man in „überschaubarer
Umgebung“ (500-800 Menschen) leicht Zugang hat, in der christlich nachgehenden
Einzelseelsorge, die die Entwicklungsprozesse wachsen lassen kann, sondern auch
in der sakramentalen Gegenwärtigsetzung des Weltenerlösers Jesus Christus im
hier und heute seiner sakramental strukturierten Kirche, und zwar durch die Weiterführung
dessen, was die Apostel - von Jesus aufgetragen - begonnen haben.
„Die Chance zur Wende“ (Bischof DDr. Küng bei seiner Amtseinführung)
„Trotz vieler bitterer
Folgen unglücklicher Lebensweisen regen sich in den Herzen der Menschen
Sehnsüchte nach dem Religiösem, nach Gott. Das ist die Chance zur Wende!“
So unser Diözesanbischof DDr. Klaus Küng bei seiner programmatischen
Antrittspredigt.
„In der Kirche ist ein
Nachdenkprozess in Gang gekommen. Viele merken es bereits: Aktionen alleine
helfen nicht weiter! Es ist notwendig, inne zu halten, zu beten, das
Wesentliche zu suchen und wieder mehr auf Gott zu hören. Das kann vielleicht wieder
einen neuen Aufbruch bewirken!“ Denn „die Möglichkeit zu Umkehr, Bewährung
und Neuanfang sind Wesensbestandteile
einer (Anm.: jeden) christlichen Betrachtungsweise des Lebens.“
„Das Wesentliche suchen und wieder mehr auf
Gott hören!
Das kann wieder einen neuen Aufbruch bewirken!“ (Bischof DDr. K. Küng)
Wenn P. Udo und viele, die mit ihm denken, von den vorhin aufgezeigten Bischofsworten
und vom apostolischen Zusammenhang des priesterlichen Dienstamts in der Kirche ausgingen
und weiterforschen wollten, könnten sie viele Elemente für einen aufbauenden
„Neuanfang“ und tragfähige Fundamente für jene seelsorgliche
Einstellung finden, um die P. Udo bemüht
ist und die unserer Diözese und vielen Menschen in ihr wirklich gut täte.
Der Verfasser dieser „Bemerkungen
zu manchen Forderungen von P. Udo“ ist
sich sicher, dass der Hw. Mitbruder auf dieser Ebene mit DDr. Klaus Küng in ein
gutes Gespräch über das „erneuerte Verständnis des priesterlichen Dienstamtes
nach den Dekreten und Konstitutionen des 2. Vatikanischen Konzils“ treten
könnte. Es sind schon 32 Jahre her, dass der Verfasser dieser „Überlegungen“
zum Ende der ersten Periode des diözesanen Priesterrates darüber unter Bischof
Dr. Franz Zak referiert hatte.
Texte
von Bischof Krenn werden im Internet auf hippolytus.net
mit freundlicher Erlaubnis von Dr. Kurt Krenn publiziert. Verantwortlich: DI
Michael Dinhobl und Dr. Josef Spindelböck. Die
HTML-Fassung dieses Dokuments wurde erstellt am 30.11.2004.