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Diözesanbischof Dr. Kurt Krenn von St. Pölten

"Neue Bildpost"-Interview abgedruckt in Nr. 52, vom 28.12.1997

"Stecher weiß nicht, was Rom denkt"
Bischof Kurt Krenn im
"bildpost"-Interview: "Fehleinschätzung"

 

Zu seinem Abschied als Diözesanbischof hinterließ Bischof Reinhold Stecher einen Brief, der in Österreich für Furore sorgt. Stephan Baier sprach darüber mit dem Bischof von St. Pölten, Kurt Krenn.

Frage: Der bisherige Bischof von Innsbruck, Reinhold Stecher, hat vor kurzem den Papst scharf kritisiert. Was halten Sie von solchem Stil?

Bischof Krenn: Das ist ein sehr unguter Stil. Ein Bischof kritisiert nicht den Papst. Er wird von ihm ernannt, und der Papst geht davon aus, daß der Bischof seine Verpflichtungen, die er ja selbst übernommen hat, einhält. Der Bischof muß die Gesetze der Kirche halten und andere anleiten, sie zu halten. Ich weiß nicht, welches Selbstverständnis und welches Verständnis vom Amt Bischof Stecher hat.

Frage: Österreich werde von Rom oft schlechtgemacht, heißt es in dem Stecher-Brief. Aber auch, daß die pastorale Situation bei uns in Rom nicht zur Kenntnis genommen werde. Teilen Sie diese Einschätzung?

Bischof Krenn: Nein, das ist eine Fehleinschätzung. Ich denke, daß Stecher in Rom wenig Kontakte hatte und nicht weiß, was man in Rom denkt. Umgekehrt habe ich gehört, daß die Linken jetzt aufrufen, Rom zu informieren. Aber Rom ist informiert! Wir haben einen Nuntius, der Bescheid weiß.

Frage: In Bischof Stechers Brief heißt es: "Es ist immer problematisch, wenn man an den göttlichen Heilabsichten und dem tiefsten theologischen Wesen des Sakraments vorbei menschliche Ordnungen verabsolutiert." Ein anderes Zitat: "Die Tendenz, menschliche Ordnungen und Traditionen höher zu werten als den göttlichen Auftrag, ist das eigentlich Erschütternde an manchen Entscheidungen unserer Kirche". Was sagen Sie zu solchen Vorwürfen?

Bischof Krenn: Das sind Vorwürfe, die an ihn selber gerichtet werden müssen! Er macht aus der pastoralen Not ein Argument, das alle Theologie und theologische Argumentation unmöglich macht. Es gibt hier zwei Wahrheiten, die gepredigt werden: eine theologische und eine pastorale.

Frage: Stecher wirft der "derzeitigen Kirchenleitung" ein pastorales und theologisches Defizit vor und schreibt, daß "auch die Praxis des höchsten Amtes von der Sache Jesu abirren kann". Wer irrt hier: Bischof Stecher oder Rom?

Bischof Krenn: Das soll er selber rechtfertigen. Die "Sache Jesu", das ist ein so mißbrauchtes Wort heute. Es müßten diejenigen, die von der "Sache Jesu" reden, auch die Worte Jesu ernstnehmen. Man nimmt heute das Gesetz Jesu nicht mehr ernst, seine Botschaft und seine Gebote.

Frage: Es geht offensichtlich nicht nur um eine Auseinandersetzung um pastorale Fragen, sondern auch um einen theologischen Konflikt, etwa wenn Bischof Stecher Rom die "Mißachtung göttlicher Weisungen" vorwirft.

Bischof Krenn: Er müßte sich fragen lassen, wie er es damit hält. Man beschuldigt hier jemanden, weil das, was im eigenen Gewissen beunruhigt, belastet. Rom hat die göttlichen Weisungen nicht mißachtet. Ich möchte nicht gelten lassen, was dieser Brief sagt. Außerdem ging der Brief gar nicht an Rom, sondern redet nur über Rom. Das ist eine interessante Variante heute und eine ganz ungute Art. Im Petersdom bei der Seligsprechung vergangenes Jahr hat Stecher sehr schöne Worte gefunden. Warum hat er da nichts gesagt? Die Instruktion ist ja gar nichts Neues, sondern nur eine dringende Erinnerung an die Lehre und die Ordnung der Kirche.

Frage: An wem sollen sich die Gläubigen orientieren, wenn ein Bischof sich so offensichtlich gegen den Papst stellt?

Bischof Krenn: Der Bischof kann sich nur mit dem Papst glaubwürdig machen - und unter dem Papst. Ohne den Papst hat er keine Autorität. Der Papst ist Petrus. Was gegen Petrus ist, ist gegen Christus.

Frage: Der neue Bischof von Innsbruck, Kothgasser, hat sich mit seinem Vorgänger solidarisiert.

Bischof Krenn: Jeder hat 100 Tage Schonfrist. Man sollte noch nicht urteilen.


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Texte von Bischof Krenn werden im Internet auf hippolytus.net mit freundlicher Erlaubnis von Dr. Kurt Krenn publiziert. Verantwortlich: DI Michael Dinhobl und Dr. Josef Spindelböck. Die HTML-Fassung dieses Dokuments wurde erstellt am ?

 

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