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Predigt zum Fronleichnamsfest
am 11. Juni 1998 im Dom zu St. Pölten
Bei dieser Predigt handelt es sich um eine leicht geglättete Niederschrift der in freier Rede gehaltenen Predigt des Bischofs.
Liebe Brüder und Schwestern, liebe Pfarrgemeinde, liebe Gäste, die Sie uns heute die Ehre geben, liebe Jugend, liebe Teilnehmer am heutigen Fest von Fronleichnam!
Wir müssen zuerst feststellen, daß wir noch nicht gewiß wissen, ob es regnen wird oder nicht. Wir haben vereinbart, daß zur Kommunion bei der hl. Messe eine Entscheidung fällt, ob wir durch die Stadt ziehen können, ob wir auf diese Weise, wie immer, den Segen Gottes für unsere Menschen und für unsere Stadt erbitten können, oder ob wir hier gleichwertig das Allerheiligste verehren, wozu ich Sie ganz herzlich einladen möchte.
Liebe Brüder und Schwestern, ich möchte bei dieser Gelegenheit auch Ihnen danken, die die Fronleichnamsprozession vorbereiteten: der Dompfarre, die sich viel Mühe gibt, dem Dompfarrer und genauso der Franziskanerpfarre, dem Pater Irenäus. Ich danke, daß Sie das vorbereitet haben, und selbst wenn es heute nicht zum Einsatz kommt, was wir getan haben, so sei es ein Zeichen der Liebe zu Gott. Und Gott weiß auch, daß jedes Zeichen von Liebe und Zusammenarbeit eine Tat ist, die belohnt werden soll. Ich danke auch allen, die heute hier mitgestalten!
Heute ist der Tag der Erinnerung. Wir feiern das heilige Sakrament des Altares, wie wir es in unserem Glauben nennen. Es steht also im Mittelpunkt ein Sakrament, ein Sakrament, das unter den Sakramenten des Neuen Bundes, unter den sieben Sakramenten der Kirche das höchste und das vornehmste ist. Wir erinnern uns heute an diese Wirklichkeit dieses Glaubens, die Christus gesetzt hat. Hätten wir, liebe Brüder und Schwestern, dieses Sakrament erfunden, dann würde zutreffen, was manche sagen: Das sei eben ein fortgesetzter Kult aus dem Altertum heraus; dann wäre das alles nichts. Es hätte keinen Sinn, wenn wir heute unsere Knie beugen vor dem Allerheiligsten. Es hätte überhaupt keinen Sinn, durch die Straßen zu ziehen und zu sagen: Gott segne unsere Stadt, segne das Werk unserer Hände. Und es hätte keinen Sinn, Gott durch einen solchen Akt von Verehrung zu bitten für unsere Familien, für unsere Kinder, für alle, die Sorgen haben, und für alle, die Leid tragen müssen.
Wir muten ja am heutigen Tag Gott viel zu. Wir muten Gott zu, daß er uns hört. Wir muten Gott zu, daß er weiß, was uns fehlt, und daß er gleichsam hört, wie jener Vater, von dem Christus spricht und von dem er uns sagt: "Betet, betet immer wieder, aber betet mit Gottvertrauen. Euer Vater im Himmel weiß, was euch fehlt, und euer Vater im Himmel, er weiß längst, bevor ihr eure Bitten äußert und eure Wünsche sagt, er weiß längst, was ihr braucht. Seid also unbesorgt. Seid in einem gewissen Maße zufrieden mit dem, was Gott euch gibt, und seid unbesorgt um euer Leben." Und dennoch wollen wir gerade aus diesem Wissen heraus: "Gott ist unser Vater, Gott kennt uns", diese Prozession und diesen Gottesdienst feiern.
Liebe Brüder und Schwestern, die Lehre der Kirche hat sich immer mehr an der Heiligsten Eucharistie geformt - und die Kirche hat Jahrhunderte nachgedacht auf Konzilien, durch den Glaubensinn der Menschen, auch durch die Betrachtung der Hl. Schrift, was denn dieses Geheimnis ist. Und von diesem Geheimnis, von diesem Heiligsten Sakrament des Altares sagt z.B. das Ökumenische Konzil von Trient, daß in diesem Sakrament der Höhepunkt der Sakramente erreicht ist. Keines der anderen Sakramente ist höher, ist so, daß es den letzten Sinn dafür gäbe. Die Eucharistie ist das Ziel, die Quelle, der Gipfel aller dieser Sakramente, die wir in dieser Kirche feiern. Und das soll uns heute bewußt werden: Wir erreichen den Höhepunkt.
Und die Kirche lehrt mit ganz einfachen Worten - auf diesem Konzil -, daß die Eucharistie jenes Sakrament ist, das gleichsam immer wieder das Kreuzesopfer Christi wirklich macht. Es ist nicht nur ein Mahl, es ist auch ein Opfer, daß wir immer wieder feiern müssen. Und es nicht irgend ein Opfer, sondern es ist jenes Opfer, von dem der Hebräerbrief schon sagt: Einmal ist Jesus Christus gestorben, einmal für alle Zeit, und einmal ist er für alle gestorben. Und dieses Opfer, das so groß und gültig ist und das die Welt, aber auch die ganze Weltgeschichte umspannt, dieses Opfer feiern wir in der Hl. Eucharistie. Dieses Opfer ist das Kreuzesopfer Jesu Christi, das wir nicht einfach wiederholen, sondern immer wieder neu und wirklich begehen. Es ist das Opfer am Kreuz. Wir sehen nur die Gestalten von Brot und Wein, und Ihr werdet zur heiligen Kommunion gehen, Ihr werdet dieses Brot empfangen, dieses Brot des Lebens, von dem Jesus sagt, daß es nicht mehr Brot ist. Es ist nicht mehr Brot, was Ihr empfangen habt, es sieht so aus, aber die Kirche und der Glaube lehren: Es ist der Leib Christi, und wenn wir den Kelch des Blutes trinken, ist es nicht mehr Wein, es ist das Blut Christi. Und so lehrt die Kirche und sagt sie: In diesem Allerheiligsten Altarsakrament wird Christus gleichsam enthalten sein, er wird in diesem Sakrament geopfert wie am Kreuz, und er wird auch bei diesem Sakrament empfangen - empfangen wie das Brot des Lebens!
Das alles, liebe Brüder und Schwestern, könnte uns nicht einfallen als Menschen, es wäre eine verwegene Erfindung, wollten wir sagen, in diesem kleinen Brot, das wir verehren, da ist Christus gegenwärtig mit Leib und Seele, mit Gottheit und Menschheit. Es wäre verwegen, so etwas zu sagen. Aber Christus gibt uns die Gewähr, Christus gibt uns seinen Mut, das zu bekennen, und er sagt ja: Nehmt hin und esset, das ist mein Leib, das ist mein Blut. Aber es wäre Verwegenheit, wollten wir selber so etwas erfinden oder so etwas ausdenken und in eigener Vollkommenheit zu feiern. Und so ist es wieder Zeit, liebe Brüder und Schwestern, daß wir gerade in der Hl. Eucharistie, daß wir bei dieser wieder mit Ehrfurcht feiern. Immer mehr wird in manchen Teilen der Kirche, auch in manchen Teilen der Welt die Hl. Eucharistie zu einer politischen Demonstration, werden die Gebete zu Deklamationen von Protest. Das alles ist nicht Christus. Und das wollen wir nicht so feiern. Wir wollen die Hl. Eucharistie feiern nicht als ein Denkmal der Verzweiflung oder als ein Denkmal der Spaltung, sondern höchste Einheit verlangt der Leib Christi, den wir in der hl. Messe verehren, empfangen und als göttliche Gabe verehren. Höchste Liebe, höchsten Glauben und höchste Eintracht.
Und so sei das Sakrament des Altares wiederum gleichsam das Sakrament der Einheit - so nennt es ja auch die Kirche und das II. Vatikanische Konzil -, das Sakrament der Einheit, das Sakrament, auf das sich alle anderen Sakramente beziehen. Es ist das einzige Sakrament, in dem Christus selber gegenwärtig ist, indem wir sagen können: "Hier ist er, hier ist Jesu Leib und Blut, hier das allerhöchste Gut, hier ist er." Wir dürfen es sagen. Und alle anderen Sakramente, die Taufe, die Firmung, die Buße, die Krankensalbung, die Weihe, das Ehesakrament, alle diese Sakramente - sagt die Kirche - beziehen sich darauf, ordnen sich dorthin und erreichen in der Eucharistie ihren Höhepunkt. Wenn wir also sakramental leben, dann müssen wir wissen, alles was wir tun, die Taufe, die Firmung, alles - die Buße - alles führt uns dorthin, zur Eucharistie. Und die Kirche lehrt, daß alle diese Sakramente ihre Erfüllung finden und auch ihre innere Hinordnung auf die Eucharistie haben, ja sogar, daß alle Werke des Apostolates, die wir tun, im letzten gerechtfertigt und vollendet sind in der Hl. Eucharistie. Wenn Ihr also als Christen lebt, wenn Ihr als vorbildliche Christen lebt, wenn Ihr als christliche Familien lebt, wenn Ihr Zeugnis gibt von Eurem Glauben, all das, was Ihr tut und was Ihr leistet und wofür Gott Euch einmal lohnen wird, all das ist auch immer schon - selbst wenn es menschliche Taten sind - ein Weg zur Heiligsten Eucharistie. Und es darf jeder im höchsten Glück und in der Reinheit seines Gewissens dieses Sakrament empfangen und darüber glücklich sein. Es ist das Brot des Lebens.
Und wir wissen, daß Christus zu den Menschen von diesem Brot des Lebens sagte: "Ich gebe euch meinen Leib, mein Fleisch zu essen!" Das konnten die Menschen nicht verstehen. Sie meinten, er sei verrückt. Christus sagte es, und er hat es riskiert, daß Menschen an dieser Stelle auch in ihrer Glaubensprüfung versagt haben. Aber andere haben den Glauben gefunden, den Glauben bestärkt, den Glauben bekannt. Und es war Petrus, der sagte: "Herr, zu wem sollen wir gehen, du hast Worte des ewigen Lebens." Die Eucharistie war nicht einfach ein unbestrittenes Gut. Jesus selber hat diese Eucharistie hineingestellt in die Auseinandersetzung mit den Menschen. So wollen wir heute all das ein wenig mitbedenken, mittragen und auch mitsorgen. Denn es ist eigentlich das Ganze des Christseins, das uns in diesem Sakrament geschenkt ist. Und wenn wir leben und anbeten und wenn wir würdig empfangen und wenn wir wissen: Hier ist Christus - und er bleibt immer bei uns -, dann werden wir genau dieses Geheimnis ein wenig für uns eröffnen.
Ich wünsche Euch, liebe Brüder und Schwestern ein offenes Herz für die Heiligste Eucharistie. Ich wünsche Euch allen, daß Ihr sie versteht und daß wir sie nicht unwürdig empfangen. Denn es ist Unrecht an der Liebe Gottes, wenn wir unwürdig dieses Sakrament empfangen. Jeder kann sich mit Gott versöhnen, und jeder möge auch gerade in der persönlichen Beichte der schweren Sünde gleichsam den Weg zur Eucharistiefähigkeit seiner Seele und seines Herzens erbitten.
Wir wissen noch nicht, liebe Brüder und Schwestern, wie wir heute diese Feier beenden. Aber in jedem Fall bitte ich Euch auch, betet heute, daß gelinge, was in wenigen Tagen sich in unserer Diözese ereignet. Am 20. Juni nachmittag wird der Hl. Vater diesen Dom hier betreten. Und er wird zuerst Anbetung halten in der Kirche der Diözese. Und er wird dann hinausgehen zum Landhauspark und dort mit uns die Heiligste Eucharistie feiern. Und denkt daran: immer ist es das Beste, was wir überhaupt haben und feiern können, immer ist es die Heiligste Eucharistie. Auch dort werden wir dies mit dem Hl. Vater tun. Und ich darf Euch alle, wirklich alle von Herzen einladen, diese Eucharistie hier in unserer Stadt mit dem Hl. Vater zu feiern.
Jetzt wollen wir beten, daß es gelinge, was viele gute Mitarbeiter und Gläubige vorbereitet haben: es werde auch durch Eure Liebe, durch Eure Freude an diesem heiligen Geschehen belohnt, was viele getan haben.
Heute möge, fernab von Nostalgie, fernab auch von irgendwelcher falschen Romantik, jeder auch noch an den Tag seiner ersten heiligen Kommunion denken.
Meine lieben Brüder und Schwestern, denkt einmal
an diesen ersten Freudentag, was eure Familie getan hat, was ihr miteinander
gefeiert habt, und welche heilige Freude Euch an diesem ersten Kommuniontag
erfüllt hat. Ihr ward Kinder, aber Ihr ward Kinder Gottes. Ihr ward Kinder
und habt Euch gefreut. Aber es war die echte und wahre Freude, die wir vielleicht
später nie mehr in dieser Reinheit und in dieser Vollkommenheit haben.
Erinnert Euch daran und dankt Gott, daß Ihr berufen seid zum Tisch des
Herrn. "Kommt und empfangt, nehmt und esset, nehmt und trinket, tut dies
alles zu meinem Gedächtnis", sagt Christus, und wir folgen seinem
Wort. Amen.
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