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Die Bibel, das Buch der Bücher, besteht aus vielen Büchern, die zu verschiedenen Zeiten der Heilsgeschichte das Wirken und die Ziele Gottes kundtaten. Zur Bibel gehören nicht nur die Evangelien und Apostelbriefe; zur Bibel gehören auch die Schriften des Alten Testaments, die sich ebenfalls auf Gott als ihren Urheber berufen. Die Bücher der Bibel bilden ein unauflösliches Ganzes, das in das Leben der Kirche eingebettet ist. Es ist die Kirche Christi, die uns die Bücher der Bibel als heilige Bücher übergibt; die Kirche beurteilt letztlich, welche Schrift zur Heiligen Schrift zu zählen ist. Die Schrift hat ihren Ursprung aus der Kirche; die verbindliche Deutung der Schrift ist die Sache der Kirche; die ihre Gewissheit über alles Geoffenbarte nicht allein aus der Heiligen Schrift schöpft (vgl. DV 9).
Was in der Reformation zum Schlagwort der „sola scriptura“ (d.h. nur die Schrift bestimmt den Glauben) wurde, verkennt den Geist und das Leben. Das Zweite Vatikanische Konzil diskutierte ausführlich und mit Genauigkeit das Verhältnis jener Elemente, die zusammen jene Offenbarung Gottes sind, die unseren Glauben unfehlbar machen: Gott, der uns sein Wesen kundtut, ist die Wahrheit; Gott irrt nicht, Gott lügt nicht, Gott lässt sich nicht täuschen, Gott sagt nichts anderes als die reine Wahrheit; wäre dies anders, wäre Gott nicht mehr Gott. Gott, der die Wahrheit ist und uns in seinem Sohn Jesus Christus diese reine Wahrheit offenbarend kundtut, hat einst die Welt aus dem Nichts erschaffen. Gott spricht auch aus seiner Schöpfung zu uns, in der wir wissend und erkennend gar manches durch unsere menschliche Vernunft über Gott erkennen. Gott will uns jedoch viel mehr noch über sich selbst mitteilen. In seiner Schöpfung spricht Gott zu uns in menschlichen Worten und menschlicher Sprache; es sind Menschenworte, die sich Gott in seiner Offenbarung zueigen macht; diese Worte können wir auffassen und zu unserer Erkenntnis werden lassen. So ist die Heilige Schrift ein Buch in menschlicher Sprache, das unseren Glauben begründet und sicherste Wahrheit ist. Niemand darf sich an der Heiligen Schrift vergreifen; niemand darf an ihr etwas wegnehmen oder hinzufügen; über die Unversehrtheit und über die wahre Auslegung der Schrift wacht die Kirche, der Jesus jenen Geist gab, der uns in die Wahrheit einführt und uns verstehen lässt, was Jesus uns sagt.
Es würde nicht die Absicht Jesu Christi sein, wenn Glaube und Offenbarung nur das Ergebnis eines „Buch-Dienstes“ wären; es ist der Geist Gottes, der Leben und Lehre für die Glaubenden gibt und gestaltet. In den Taten Gottes ist es der Geist, der alle Zerstreuung überwindet und das „Ganze“ im Tun Gottes sichert.
Das Zweite Vatikanische Konzil definiert
das „Ganze“ der Offenbarung so: „Die Heilige Überlieferung und die Heilige
Schrift bilden den einen der Kirche überlassenen heiligen Schatz des Wortes
Gottes. Voller Anhänglichkeit an ihn verharrt das ganze heilige Volk, mit
seinen Hirten vereint, ständig in der Lehre und Gemeinschaft der Apostel,
bei Brotbrechen und Gebet (...), so dass im Festhalten am überlieferten
Glauben in seiner Verwirklichung und in seinem Bekenntnis ein einzigartiger
Einklang herrscht zwischen Vorstehern und Gläubigen.
Die Aufgabe aber, das geschriebene oder überlieferte Wort verbindlich zu
erklären, ist nur dem lebendigen Lehramt der Kirche anvertraut, dessen
Vollmacht im Namen Jesu Christi ausgeübt wird. Das Lehramt ist nicht über
dem Wort Gottes, sondern dient ihm, indem es nichts lehrt, als was überliefert
ist, weil es das Wort Gottes aus göttlichem Auftrag und mit dem Beistand
des Heiligen Geistes voll Ehrfurcht hört, heilig bewahrt und treu auslegt
und weil es alles, was es als von Gott geoffenbart zu glauben vorlegt, aus diesem
einen Schatz des Glaubens schöpft“ (DV 10).
Heilige Überlieferung und Heilige Schrift und Lehramt der Kirche sind von
Gott miteinander so verknüpft, dass keines ohne die anderen besteht und
dass alle zusammen, jedes auf seine Art, durch das Tun des einen Heiligen Geistes
wirksam dem Heil der Seelen dienen (vgl. DV 10).
Wenn wir also in unserer Diözese das Jahr der Bibel in unsere pastorale
Mitte rücken, werden wir beachten müssen, dass wir die Bibel in jenem
unlösbaren Ganzen lesen und annehmen müssen, das Heilige Überlieferung
und Heilige Schrift und Lehramt der Kirche miteinander verknüpft. Auch
wenn wir uns im Jahr 2003 besonders dem Buch der Bibel verbinden, möge
uns der Geist Gottes in das Ganze des Lebens und der Wahrheit einführen,
in dessen Mitte Jesus Christus für immer steht.
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