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Diözesanbischof Dr. Kurt Krenn von St. Pölten

Profil, 28. Februar 2000, Seite 61 - 61

,,Schuld des Auslandes"

Interview. Der St. Pöltner Bischof Kurt Krenn über die Kritik an Österreich, die Fehler Haiders und SP-Chef Gusenbauer

profil: Herr Bischof, was sagen Sie zu den massiven negativen Reaktionen des Auslands auf die neue österreichische Regierung?

Krenn: Die Kritik ist sicher nicht gerechtfertigt, und klug ist sie auch nicht. Das Ausland hat eine historische Schuld auf sich geladen - was da passiert ist, steht ganz im Gegensatz zu den Grundsätzen der so genannten Europäischen Union. Eine Regierungsbildung ist Sache der Österreicher. Es muss auch andere Konstellationen in der Politik gehen als die bisherige Koalition. Diese neue Koalition ist legitim, sie hat eine Mehrheit im Parlament. Wenn der Wähler das nicht gewollt hätte, hätte er anders gewählt. Auch die bisherige Regierung zwischen SPÖ und ÖVP war sehr gut, aber jetzt hat es eben einen Wechsel gegeben.

profil: Was ist der Grund, dass Österreich so kritisiert wird?

Krenn: Sicher wird manch großes Land verleitet, auf den Kleinen herunterzuschauen. Wenn Präsident Chirac so über Österreich spricht und über eine Partei - die FPÖ -, die seiner eigenen strukturell und von den Aussagen her relativ ähnlich ist, da frage ich mich schon, warum er das tut.

profil: Wie lange wird es diese Regierung geben?

Krenn: Ich bin kein Prophet, aber sie wird viel länger halten, als man das heute meint. Der Überfall des Auslandes hat diese zwei  Parteien zusammengeschweißt, das war vorher ja gar nicht so.

profil: Hat nicht auch Haider zur aufgeheizten Stimmung beigetragen?

Krenn: Ich will mich nicht zum Oberlehrer aufspielen. Aber ich hätte manches so nicht gesagt. Sicher sind auch die Medien schuld, weil sie immer zu viel wissen wollen. Aber eine gewisse Zurückhaltung wäre jetzt einfach besser. Selbst wenn Haider die Wahrheit sagt, muss man sich fragen, ob das nicht momentan mehr Schaden als Nutzen bringt.

profil: Können Sie sich Haider in Zukunft als Bundeskanzler vorstellen?

Krenn: Das ist momentan nur ein theoretischer Gedanke. Aber wenn man den Mann weiter so fertig machen will, nützt das dem Angegriffenen natürlich. Wenn er die entsprechende Mehrheit im Parlament findet, dann ist er auch als Bundeskanzler denkbar. Wir müssen bloß die inneren Spannungen abbauen, denn schlussendlich geht es um Österreich. Wir haben alles Mögliche an politischen Konstellationen erlebt, und es ging immer besser, als man meinte. Die Kanzler der SPÖ, die 30 Jahre an der Spitze waren, hatten ihre Verdienste und Fehlleistungen, aber insgesamt war es ganz gut.

Profil: Von kirchlichen Personen wie dem Wiener Caritas-Chef Michael Landau ist an der Regierung auch heftige Kritik geübt worden.

Krenn: Dazu hat er kein Mandat. Ich  nenne Landau meinen Freund, aber zu diesen Wortmeldungen hat er nicht die Kompetenz.

profil: SP-Vorsitzender Gusenbauer hat sich vergangene Woche im profil als braver Katholik „geoutet“. Sind Sie damit zufrieden?

Krenn: Das freut mich sehr. Er ist ja aus unserer Diözese. Es wäre nur schön, wenn er mir einmal erklären würde, wie er das gemeint hat damals in Moskau, als er die russische Erde geküsst hat. Sicher war er auch einmal ein junger Mensch und hat vielleicht das eine oder andere Mal übertrieben. Aber ich glaube, wenn er so überzeugt zur Kirche gehört, dann wird er uns Bischöfe sicher auch hören, und das ist keine schlechte Perspektive.

Interview: Thomas Hofer


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Texte von Bischof Krenn werden im Internet auf hippolytus.net mit freundlicher Erlaubnis von Dr. Kurt Krenn publiziert. Verantwortlich: DI Michael Dinhobl und Dr. Josef Spindelböck. Die HTML-Fassung dieses Dokuments wurde erstellt am 13.03.2000.

 

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