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Diözesanbischof Dr. Kurt Krenn von St. Pölten

Predigt zur Missa chrismatis
am 11. April 2001

Auf den Berg der Verklärung hatte Jesus drei seiner Jünger mitgenommen. Sie sahen Jesus mit Mose und Elija reden. Eine leuchtende Wolke umschattet sie. Vieles haben Theologen und Schriftgelehrte darüber nachgedacht und geschrieben; was war es, was die Jünger über Jesus erfahren sollten ? Die Stimme Gottes aus der Wolke sagt es: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe: auf den sollt ihr hören.

In Petrus, Jakobus und Johannes sind wir als die Gemeinschaft der geweihten Diener der Kirche betroffen; auch uns sagt der göttliche Vater: Hört auf meinen Sohn Jesus Christus. Und an die, die Christus einmal senden wird, ergeht das Wort des Stifters der Kirche: Wer euch hört, der hört mich, und wer euch ablehnt, der lehnt mich ab; wer aber mich ablehnt, der lehnt den ab, der mich gesandt hat (Lk 10,16). Liebe Mitbrüder ! Von Christus gesendet sollen wir Zeugnis geben vom Geheimnis Gottes, von der Liebe Christi, vom Glauben der Kirche und von unserem Heil, das Gott für jeden will.

Bei solcher Sendung und Gnade, wo bleibt da noch ein Platz für die Wortmeldung von Ungehorsamen und Stolzen ? Welcher Prieset kann sich noch selbstherrlich aufblähen und sagen: Ich bin mein eigener Papst; ich will auf keinen Bischof hören; ich allein bin fehlerfrei und wissend. Darf das Volk Gottes zu solchen Selbstherrlichen Vertrauen haben ? Sollen Liebe und Gottesfurcht bei den Geweihten verschwinden; soll der Prophet Jesaja recht behalten über die Widerspenstigen, von denen Paulus im Römerbrief sagt: "Den ganzen Tag habe ich meine Hände ausgestreckt nach einem ungehorsamen und widerspenstigen Volk" ? Paulus spricht hier vom Volk Israel; aber er kennt auch den ganzen Sinn der Heilsgeschichte und weiß um die am Kreuz ausgestreckten Hände des Erlösers, der uns in grenzenloser Liebe an sich ziehen will (vgl. Röm 10,21). Liebe Mitbrüder ! Streckt mit Christus aus eure Hände zu den Menschen, die Gottes Wahrheit und Liebe brauchen; führt sie zum Erlöser, damit er sie umarmen und an sich ziehen kann. Lehrt sie das Evangelium, spendet aus die Gnaden der Sakramente und leitet als gute Hirten die Herde Christi.

Heute versammeln sich in unserem Dom die geweihten Diener, die Bischöfe, Priester und Diakone zur Missa chrismatis; bevor wir die Feier der heiligen drei Tage und des Osterfestes beginnen, versammelt uns heute die Kirche in der Hauptkirche der Diözese zur Weihefeier für die hl. Öle und zur Erneuerung jener Bereitschaft, mit der wir uns zu keuscher Jungfräulichkeit und zu Ehrfurcht und Gehorsam gegenüber dem Bischof einst und immer neu entscheiden. Der Text der erneuerten Weiheliturgie hat für die Ordensleute nunmehr auch das Versprechen von Ehrfurcht und Gehorsam gegenüber dem Bischof der jeweiligen Diözese hinzugefügt. Dies bedeutet, daß es nur eine Pastoral in der Diözese gibt, nämlich die Pastoral, die der Bischof vorgibt und der gemäß auch die Ordensleute das Volk Gottes leiten und heiligen.

Wenn ihr heute die hl. Öle in die Pfarreien bringt, dann denkt vor allem an die hohe Pflicht, die Gläubigen, vor allem die Kinder und die Jugend auf die Sakramente vorzubereiten und in der Glaubenslehre der Kirche zu unterweisen. Viele gläubige und geeignete Frauen und Männer mögen euch dabei helfen; ihr sollt aber auch wissen, daß ihr die persönliche Pflicht zur Katechese habt, die ihr nicht abtreten könnt und die euch niemand wegnehmen darf. Der geweihte Seelsorger selbst muß die Vollständigkeit und Richtigkeit der Sakramentenkatechese prüfen und verantworten. Ich danke allen, die sich mühen und helfen; es müssen jedoch immer die Lehre des Glaubens und die Ordnung der Kirche von den Priestern und ihren Helfern dem Volk Gottes dargestellt werden. Weder die Firmung noch die Taufe noch die Erstkommunion noch die Beichte sind bloße soziale Eingliederungen in die Kirche, denn jedes dieser Sakramente wirkt seinshaft besondere persönliche Gnaden und ist ein unverfügbares Gnadengut, das Christus selbst mit jedem Sakrament stiftet und uns schenkt.

Morgen feiern wir das Gedächtnis des Abendmahles Jesu mit seinen Jüngern und darin auch die Einsetzung des Weihepriestertums des Neuen Bundes. Die Eucharistie ist unter allen Sakramenten das zentrale christliche Sakrament. Die Kirche ruft bei der Wandlung der heiligen Messe den Gläubigen zu: Geheimnis des Glaubens; darauf antworten die Gläubigen, daß es in der Eucharistie um den Tod, die Auferstehung und die Wiederkunft des Herrn geht. Es kann also nicht genügen, wenn unsere Kinder vom "heiligen Brot" hören; sicher ist es sogar das heiligste Brot. Wir müssen jedoch das glauben, was Jesus beim Abendmahl sagt: das ist mein Leib, das ist mein Blut. Liebe Mitbrüder ! Laßt also nicht zu, daß unser Glaube an die Eucharistie durch Anpassung an menschliche Erfahrung in seiner unveränderlichen Wahrheit zerstört wird.

Am 15. September dieses Jahres vollende ich mein zehntes Arbeitsjahr als Bischof dieser Diözese. Für vieles Gute und Segensvolle habe ich Gott und der Kirche aber auch euch und den Gläubigen der Diözese zu danken. Der Anfang meiner Arbeit war sicher schwierig, da manch einer für sich selbst und für die Diözese anderes gewünscht hätte. Bei allen vergangenen Turbulenzen und Mühen war ich zufrieden, wenn dennoch in allem Christus verkündet wurde: in Neid und Streitsucht; in guter Absicht; aus Liebe oder aus Ehrgeiz; in unredlicher Gesinnung. Aus unlauterer oder aus lauterer Absicht wird Christus verkündet (vgl. Phil 1,15 ff.). Darüber wollen wir uns freuen und Gott danken.

Mein wichtigstes Ziel soll sein, für die Diözese genug Priester zu finden und durch gute Priester, Diakone und pastorale Mitarbeiter das Gute zu bewahren und jeden Tag auch durch Gebet, Bekehrung und Heiligung, durch katholische Seelsorge die Kirche in unserem Land zu bewahren und zum Herrn zu führen. Jedes dieser Ziele bindet mich persönlich, aber ohne eure Verbundenheit, Treue und Liebe zur Kirche wäre ich sehr hilflos. Tun wir nichts in Ehrgeiz und Prahlerei; in Demut schätze einer den anderen höher als sich selbst. Jeder achte nicht nur auf das eigene Wohl sondern auch auf das des anderen (vgl. Phil 2,2 f.).

Der Höhepunkt in diesen zehn Arbeitsjahren war der Besuch des Heiligen Vaters am 20. Juni 1998 in St. Pölten. Für diese historische Gnade des ersten Pastoralbesuches des Heiligen Vaters danke ich Papst Johannes Paul II. und seinem Apostolischen Nuntius in Österreich.

Wie das Heilige Jahr 2000 soll auch der Besuch des Heiligen Vaters nachhaltig segensvoll in uns weiterwirken. Das Thema der Berufung und die Sorge um den Priester- und Ordensnachwuchs wurden uns vom Heiligen Vater besonders ans Herz gelegt. Der richtige Weg kann nur sein, daß ein Priester wieder von einem Priester ersetzt werden muß. Es wird auf die Priester ankommen, daß wieder Priester nachrücken; besonders empfehle ich euch das Haus der Berufung, die kleinen Seminarien und besonders unser diözesanes Priesterseminar; leider haben wir im Priesterseminar heuer weder einen Neupriester noch einen Neueintritt, so daß gehandelt werden muß. Auch die Familien und der Religionsunterricht müssen ihren besonderen Beitrag leisten.

Überall in der Weltkirche, wo nach dem II. Vatikanischen Konzil die Bekehrung der Herzen ausblieb und man sich bloßen Trends und Moden auslieferte, ist geistige und religiöse Unfruchtbarkeit eingezogen. Bekehren wir uns und kehren wir zurück zu unserer ersten Liebe, die uns einst beseelte und zu Großem fähig machte. Beweinen und beklagen wir nicht unsere Lebensentscheidung für unseren Hohenpriester Jesus Christus. Das Mitleid mit uns selbst macht uns ratlos, tatenlos und entscheidungsunfähig. Blicken wir auf den Herrn, von dem uns Hilfe und das Licht des Heiligen Geistes kommt.

Die Priester gehören zu einem einzigen Presbyterium und zu einer einzigen Familie, deren Vater der Bischof ist (II. Vat., Bischöfe Nr. 28). Laßt euch heute von eurem "Vater" einige Bitten und Ratschläge vortragen, damit unser Tun und unsere Bekehrung gelingen: Feiert täglich, wenn irgendwie möglich, die heilige Messe; verrichtet andächtig und täglich das ganze Stundengebet; betet den Rosenkranz; erforscht euer Gewissen und beichtet oft; tragt immer das geistliche Gewand des Priesters und seid damit die verläßlichen Zeugen eures Glaubens und eures Amtes. Seien wir demütig; nicht Stolz, Ehrgeiz und Neid mögen unseren Blick trüben. Bilden wir uns in den göttlichen Dingen weiter; feiern wir eine vorbildliche Liturgie ohne selbstherrliche Eigenarten. Leiten wir unsere Mitarbeiter in jenen Diensten an, für die sie bestellt sind. So ist die Homilie dem Priester und dem Diakon ausschließlich vorbehalten. In den Anliegen von Ehe und Familie seien das Gesetz Christi und die Ordnung der Kirche allein das Maß unserer Pastoral. Die christliche Ehe ist unauflöslich; wer sich pastoral über das Gesetz Christi hinwegsetzt, sündigt gegen Christus selbst. Nehmt euch um die Jugend und die Kinder herzlich und wohlwollend an. Tretet auf gegen Sünde und Versuchung, wenn das Volk Gottes Schaden nimmt. Lebt und wohnt dort, wo euch die pastorale Arbeit zugewiesen ist. Beteiligt euch am Religionsunterricht und zeigt euch in den Schulen mit Interesse und Wertschätzung für die Arbeit der Lehrer.

Freut euch darüber, daß ihr zum Heil der Menschen mit Christus arbeiten, leiden und leben dürft. Freut euch, daß so viele Menschen euch brauchen und lieben. Wer etwas aus Liebe tut, wird immer mit Wahrheit und in Übereinstimmung mit Gott reiche Frucht bringen.

Ein neues Jahrtausend liegt vor der Kirche wie ein weiter Ozean; fahrt hinaus aufs Meer und werft eure Netze aus. Von Christus seid ihr zu Menschenfischern berufen; freut euch und fürchtet euch nicht, denn Jesus Christus ist bei uns bis zum Ende der Zeiten.


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Texte von Bischof Krenn werden im Internet auf hippolytus.net mit freundlicher Erlaubnis von Dr. Kurt Krenn publiziert. Verantwortlich: DI Michael Dinhobl und Dr. Josef Spindelböck. Die HTML-Fassung dieses Dokuments wurde erstellt am 12.04.2001.

 

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