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Predigt bei der Missa Chrismatis
am 30. März 1994
Wiederum versammeln wir uns zur gemeinsamen Feier des Eucharistischen Opfers Christi in der Hauptkirche unserer Diözese. Ich darf wiederum viele Priester, Diakone und Kandidaten für das Weiheamt mit Christi Wort begrüßen: Der Friede sei mit Euch! Die nächsten Tage dieser Heiligen Woche werdet Ihr an vielen Orten der Diözese Euren aufopferungsvollen heiligen Dienst tun: Ihr werdet im Wort den Tod und die Auferstehung des Herrn verkündigen; Ihr werdet den Dienst der Versöhnung mit Gott im Bußsakrament tun; Ihr werdet die heilige Eucharistie feiern und den Gläubigen den Leib und das Blut Christi reichen; Ihr werdet zum Gebet einladen und den Euch anvertrauten Menschen die Gnade des Leidens und Sterbens Christi und die Freude der österlichen Auferstehung mitteilen. Wenn Ihr mit erneuerter Treue und Liebe zum Herrn Euren Dienst tut, wird Gott Großes und Wunderbares in den Seelen sich ereignen lassen. Ihr werdet die heiligen Öle mitnehmen, um im Auftrag des Heilands die Gläubigen in besonderen Stunden zu heilen und zu stärken.
Herzlich begrüße ich in dieser Stunde sichtbarer Gemeinschaft mit Christus und miteinander den hochwürdigsten Auxiliarbischof und Generalvikar, die Mitarbeiter und Berater des Bischofs für die Diözese, die hochwürdigsten Äbte und Oberen unserer Ordensgemeinschaften, die Firmspender, die Dechanten und Pfarrseelsorger, die Mitglieder des Priesterrats, die emeritierten und doch immer noch eifrigen Seelsorger, die Lehrenden und Erziehenden, die hochwürdigen Diakone und das gesamte hier anwesende Volk Gottes, für das die geweihten Diener von Christus und der Kirche bestellt sind. Wir sind im Gebet und im Glauben vereint mit unserem Heiligen Vater, Papst Johannes Paul II., mit unserem Altbischof Dr. Zak, mit unserem emeritierten Auxiliarbischof Dr. Stöger, dessen 90. Geburtstag wir in wenigen Tagen dankbar begehen; wir sind vereint mit unseren kranken Mitbrüdern und den heute Abwesenden. Unsere Mitte ist Jesus Christus; in ihm sind wir mit allen wirklich vereint.
Ohne den gültig geweihten Priester gibt es keine Eucharistie; unersetzbar ist der Priester, der in Christi Person handelt, wenn er im Hochgebet spricht: Das ist mein Leib, das ist mein Blut. Dieser Notwendigkeit müssen wir Rechnung tragen. Ein Priester, der ohne Not seine Gemeinde am Sonntag ohne Eucharistiefeier sein läßt, wäre ein Hirte, der seine Herde nicht bis zu jener Vollendung liebt, mit der Jesus die Seinen liebte (vgl. Joh 13,1). Heute wollen wir unsere treue Bereitschaft zum priesterlichen Dienst erneuern; heute wollen wir unsere Verfügbarkeit für Gott und die Kirche bekräftigen, die im priesterlichen Zölibat, in der Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen unsere unwiderrufliche Lebensweise geworden ist.
In dieser Stunde danke ich allen Mitbrüdern für ihren treuen und opferbereiten priesterlichen Dienst in unserer Diözese; besonders danke ich den älteren Priestern, die oft trotz Gebrechen ihren Dienst fortsetzen oder nach Emeritierung in neuer Weise einen seelsorglichen Auftrag übernehmen. Jener Mitbrüder wollen wir betend gedenken, die in besonders schwierigen Aufgaben oft lange und scheinbar ohne Erfolg für die Kirche Christi arbeiten; sie sind wie das Weizenkorn, das in die Erde gesenkt wird; der Hohepriester wird gedeihen lassen, was gegen alle Hoffnung manchmal gesät werden muß. Wir gedenken unserer verstorbenen Mitbrüder.
Noch gelingt es bei uns, überall einen für die Pfarre verantwortlichen Priester zu bestellen; von Jahr zu Jahr wird dies jedoch schwieriger. Junge Männer brauchen wir, die als Priester unserer Kirche im nächsten Jahrtausend das Werk Christi fortsetzen und begeisterte Zeugen des Evangeliums für unsere Menschen sind. Wir müssen Berufungen entdecken, wir müssen suchen, fragen und begeistern; wir müssen beten und keimende Berufungen vor dem Nachtfrost des Egoismus, der Zuchtlosigkeit und der kritisierenden Selbstherrlichkeit schützen. Stellt euch hinter die Kleinen Seminarien, hinter den guten Religionsunterricht; betrachtet das Priesterseminar und die Theologische Hochschule als das Herzstück der Diözese für die Neuevangelisierung.
Als die Apostel nach Jesu Geheiß in die Welt hinauszogen, waren sie überall Fremde; in vielen Ländern der Erde waren die Missionare Fremde, die den Glauben verkündeten und neue Teilkirchen gründeten. Unsere Diözese hat im Verlauf ihrer Geschichte immer wieder Priester aus anderen Ländern, aus Ordensgemeinschaften und anderen Diözesen gebraucht. Wir sind dankbar, daß in den letzten Jahrzehnten viele Priester aus anderen Ländern und Sprachräumen gekommen sind, uns zu helfen. Sie sollen in allem unsere Mitbrüder sein, denen unsere Liebe und der Respekt des Volkes Gottes gehört.
Auch heute melden sich wieder Helfer und Kandidaten. Wenn jemand die Kirche liebt, den wahren Glauben verkündet, zur Ordnung der Kirche steht und die erforderliche Eignung hat, soll er uns ein willkommener Mitarbeiter und Helfer sein, auch wenn er nicht allen Profilen unserer kirchlichen Gewöhnung entspricht. Die Kirche weist dem Bischof das Recht zu, Priester oder Kandidaten aufzunehmen; darüber sollte niemand im Zweifel sein. Schon Paulus mußte seine Christen bitten: Nehmt ihn auf, wenn er zu euch kommt (vgl. Kol 4,10).
Der Heilige Vater richtet auch dieses Jahr zum Gründonnerstag sein Schreiben an die Priester; diesmal, im Jahr der Familie, zeigt er die innige Beziehung zwischen dem göttlichen Gut der Familie und dem Sein und der Berufung des Priesters auf; lest dieses Schreiben mit gläubigem Interesse und erhellt damit euer Tun und Beten. Gleichzeitig erhaltet Ihr das "Direktorium für Dienst und Leben der Priester" der Kongregation für den Klerus; bezieht es in Eure persönliche geistliche Lesung ein und besprecht es bei Euren Konferenzen.
Ganz besonders freuen wir uns, daß der Heilige Vater 1996 zu uns kommen will. Wir dürfen begründet hoffen, daß der Papst auch unsere Diözese besuchen wird. Wir wollen uns auf diese Gnadentage vorbereiten. Der Beitrag der Priester und der aktiven Gläubigen soll diesem Ereignis ein besonderes, ein menschliches, ein gläubiges und ein frohes Bild geben. Beginnen wir schon jetzt unseren Weg der Erneuerung und der Hinwendung unseres Landes zu Christus.
Zwei Jahre werden wir etwa Zeit haben. Machen wir das erste Vorbereitungsjahr zur Zeit des "guten Wortes" füreinander, dem ein zweites Jahr der "guten Tat" folgen soll. Das gute Wort ist eine gute Tat und die gute Tat hat die Bedeutung des guten Wortes.
Beginnen wir die Zeit des guten Wortes: Wir sind heute sehr empfindsam geworden für die Weise des Umganges; Worte können töten, aber auch trösten und heilen; Worte können Gewalt erzeugen, aber auch zu Frieden führen. Kehren wir vor unserer eigenen Tür: Wie oft wird geschimpft, kritisiert, verletzt, verleumdet, verdreht, gespottet, Freundlichkeit vorgetäuscht oder Haß und Zwietracht gesät - oft genügt dafür das böse Wort, das aus einem unzufriedenen und unversöhnten Herzen kommt. Aus dem Herzen kommt, was im Wort Unheil stiftet: die bösen Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier, Bosheit, Betrug, Ausschweifung, Neid, Verleumdung, Hochmut und Unvernunft; Jesus selbst sagt uns: All dieses Böse kommt von innen und macht den Menschen unrein (vgl. Mk 7,21 ff.). Und der Jakobusbrief sagt: "doch die Zunge kann kein Mensch zähmen, dieses ruhelose Übel, voll von tödlichem Gift" (3,8).
Prüfen wir die Reinheit unseres Herzens, wenn wir nur mehr kritisieren und schimpfen möchten. Beten wir zuerst für jene, über die wir schimpfen möchten; beten wir darum, daß jene unsere Anliegen verstehen, und auch darum, daß wir des anderen Anliegen und guten Willen sehen. Nichts läßt uns die gottebenbildliche Würde des anderen besser erfassen als das Gebet für ihn.
Wie lahm und müde ist eine Kirche, in der die Schimpfenden das große Wort führen; welch großes Zeichen der Hoffnung aber ist eine Kirche, in der das gute Wort miteinander und übereinander den Frieden, Wohlwollen und Brüderlichkeit stiftet.
Die Zeit des guten, aufrichtigen, wahren und barmherzigen Wortes möge beginnen. Jesus Christus selbst ist das gute und ewige Wort Gottes, das für uns Mensch geworden ist. Ernst, aber ohne Bitternis ist Jesu Botschaft. Gehorsam und reine Liebe ist das Wort Mariens zum Engel in Nazaret.
Wir feiern die Weihe der heiligen Öle; bringt sie
zu den Menschen und beten wir als Hirten zum Guten Hirten: Der Herr ist mein
Hirte, nichts wird mir fehlen ... Und muß ich auch wandern in finsterer
Schlucht, ich fürchte kein Unheil; denn du bist bei mir, dein Stock und
dein Stab geben mir Zuversicht ... Du salbst mein Haupt mit Öl, du füllst
mir reichlich den Becher. Lauter Güte und Huld werden mir folgen mein Leben
lang ... (vgl. Ps 23(22).