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Diözesanbischof Dr. Kurt Krenn von St. Pölten

Nitsch, Peymann und Karlich.Das Interview erschien im Nachrichtenmagazin "News" Nr. 15/2000 vom 13. 4. 2000

Krenns Osterpredigt
Der Bischof privat: 
über Genießen, Lügner in der Kirche,

Interviewer: Heinz Sichrovsky

Die Bettbank, auf welcher er ruht, würde mancher Bedürftige verschmähen. Dafür hängt in seinem Arbeitszimmer, gleich über dem Reliquienschrein des seligen Jakob Kern, ein monumentales Porträt in Öl, das Kardinal Groer zeigt. Als er zu Silvester im "Musikantenstadl" lustig wurde, ergrimmte das humorlose Publizisten.
 
Kurt Krenn, Bischof von St. Pölten, ist kein Kirchenfürst wie jeder andere. Reformchristen schmähen ihn lauthals zur Guitarre, und Abt Angerer widmete ihm jüngst ein Buch, welches Hoffnungen in die "Kirche nach Krenn & Co." setzt. Doch Interviews mit Kurt Krenn sind kurzweiliger als eine Bibliothek voller Kampfschriften. Wir baten den Bischof zum ungewöhnlichen Ostergespräch.
 
NEWS: Sie gelten als Genießer.
 
Krenn: Zum Genießen habe ich komischerweise kein Talent. Ich bin auch kein Feinschmecker, weder im Essen noch im Trinken. Wenn jemand einen Wein besonders preist, muss ich ihn immer fragen: Warum? Beim Essen ist es genauso, obwohl mit das immer als Leitbild angehängt wird. Ich esse für den Hunger, nicht für den Genuss. Von meiner Mutter habe ich gelernt, dass man das, was man bekommt, auch aufessen muß. Ich lasse bis heute nichts stehen. Aber die Rolle des Genießers, die mir die Propaganda anhängen will, ist nicht die meine. Sie können die geistlichen Schwestern fragen: Ich bin einer, der nur einmal am Tag isst. In der Früh einen Kaffee mit etwas dazu, und dann nur noch einmal, zu Mittag oder am Abend. Ich bestimme auch nicht, was gekocht wird. Ich mag alles, was nicht zu süß ist, eine Wurst, einen Leberkäse.
 
NEWS: Wer bestimmt da für Sie?
 
Krenn: Die geistlichen Schwestern, vor allem die Schwester Cordula, eine Meisterköchin.
 
NEWS: Tatsächlich?
 
Krenn: Ja, sie hat das Meisterdiplom für Großküchen.
 
NEWS: Und als Sie im "Musikantenstadl" sehr fröhlich dem Wein zusprachen?
 
Krenn: Da bin ich von der Propaganda schwer geprügelt worden. Sie sind ja nicht im Bilde über die Humorlosigkeit bei uns! Ich habe mir die Sendung ja hie und da angeschaut, nicht die ganze, weil das doch ein bissl lang ist. Warum sollte ich also nicht hingehen ? Tatsache ist, dass ich dort überhaupt nichts getrunken habe. Ich kann Ihnen versichern, dass ich nie in meinem Leben einen Rausch gehabt habe. Ich bin überhaupt kein Weintrinker. Ich trinke lieber ein Bier, wenn es nicht zu süß ist.
 
NEWS: Sie kommen aus armen Verhältnissen.
 
Krenn: Ich nenne das nicht arm. Ich bin ja kein Arbeiter- oder Bauernkind, sondern ein Lehrerkind. Wir waren sechs Kinder. Mein Vater ist aus dem Krieg nicht mehr wiedergekommen. Ich war der älteste Sohn und für die anderen ein bissl etwas wie der Vater. Meine Mutter war eine ganz große Frau. Wir verdanken ihr alles. Wir haben alle Matura, meine beiden Brüder sind Universitätsprofessoren, meine Schwestern Lehrerinnen.
 
NEWS: Ihre Mutter war eine überragende Person in Ihrem Leben.
 
Krenn: Ja, aber nicht so, wie die Propaganda gern behauptet, dass sie ehrgeizig und ich von ihr abhängig war. Sie ist 92 geworden und vor zwei Jahren gestorben, am 4. Oktober 1998 genau um Mitternacht. Sie haben mich heimgerufen, dass es ihr sehr schlecht geht, und ich habe es geschafft, sie noch lebend zu sehen.
 
NEWS: Ihr Schmerz muss groß gewesen sein.
 
Krenn: Eigentlich nicht, weil wir gewusst haben, was für ein erfülltes Leben das war. Wenn eine Mutter 92 wird, muss man Gott und ihr dankbar sein. Sie war ein so zufriedener Mensch. Dabei ist mein Vater mit 37 Jahren gefallen, und dann war die Mutter immer allein. Aber sie hat auch in den letzten Jahren nie geklagt. Deshalb haben wir gesagt: Wenn sie jetzt stirbt, müssen auch wir zufrieden sein.
 
NEWS: Als Sie so schwer angegriffen wurden - hat das Ihre Mutter nicht gekränkt?
 
Krenn: Am Anfang schon. Aber dann habe ich dafür gesorgt, dass sie es gar nicht erfahren hat. Bei meinen Geschwistern hatte ich ein bissl Sorge, dass sie es bewältigen. Ich kann das ja leichter. Ich habe den Durchblick.
 
NEWS: Der Kleiderschrank eines Bischofs muss üppig ausgestattet sein.
 
Krenn: Sie meinen die Messgewänder, aber die gehören mir nicht und sind in der Sakristei. Ich selber habe vier von diesen schwarzen Anzügen, dazu zwei rote und zwei schwarze Talare.
 
NEWS: Wer sind Ihre besten Freunde?
 
Krenn: Die habe ich nicht. Nur gute, aber von denen eine Menge.
 
NEWS: Sind Sie ein misstrauischer Mensch?
 
Krenn: Eher erfahren. Man versucht ja oft, dem Bischof eine reinzuhauen, aber ich bin viel zu intelligent, mir das gefallen zu lassen. Anvertrauen tue ich mich dem Lieben Gott. Als Bischof ist man ja in gewissen Dingen der Letzte, wenn es Leid gibt oder wenn jemand Mist baut. Es muss einen Letzten geben, dem man klagt, der aber nicht weiterklagt.
 
NEWS: Sie sehen Kardinal Groer oft?
 
Krenn: Er kommt hie und da auf ein Vierterl vorbei. Er hat ja im Spital von St. Pölten seine ständige Beobachtung. Ja, er hat seinen Krebs, aber es geht ihm ganz gut.
 
NEWS: Haben Sie Mitleid mit ihm?
 
Krenn: Er braucht kein Mitleid. Und ich nehme auch nichts von dem zurück, was ich gesagt habe: dass die Lügner ihr Maul halten sollen. Nicht den Mund - ein Lügner hat ein Maul. Ich habe in der Zeit, über die da geredet wird, nicht einmal den Namen Groer gekannt. Aber dann war ich vier Jahre sein Weihbischof und sage: Es ist undenkbar. Er hätte noch ein paar Jahre gehabt, aber das war manchen zu viel. Es war einfach der Wille, ihn abzuschießen. Ihr meint immer, wir in der Kirche wären besonders gescheit. Aber bei uns gibt es mehr Dumme, als manche meinen.
 
NEWS: Der Herr, dem Sie das Maulhalten empfohlen haben (Ex-Generalvikar Schüller, Anm.) war kurz danach Landkaplan. Sie müssen ein sehr mächtiger Mann sein.
 
Krenn: Meine Macht liegt in der Wahrheit. Jeder bringt sich dorthin, wo er hingehört. Ein Lügner ist im Grunde ein armer Wurstel.
 
NEWS: Abt Angerer bezeichnet Sie in einem Buch als Totengräber der Kirche. Nach ihnen müsse sich alles ändern.
 
Krenn: Aber ich lebe ja noch und fürchte, dass der Abt vielleicht vor mir abtritt. Womit das Thema dann ja erledigt wäre.
 
NEWS: Haben Sie keine Sorge, dass die Kirche in eine Ihnen konträre Richtung kippen kann, wenn der Papst stirbt?
 
Krenn: Überhaupt nicht. Es gibt Leute, die meinen, in der Kirche folgt die eine Partei auf die andere Partei. Unsere Identität beruht aber auf dem Glauben. Und auch der nächste Papst darf und kann nicht die Glaubenssätze auflösen. Er kann nicht die Empfängnisverhütung und den Schwangerschaftsabbruch erlauben. Er kann nicht die wieder verheirateten Geschiedenen zu den Sakramenten und Frauen zum Priesteramt zulassen, denn das hat schon dieser Papst als Glaubenslehre bezeichnet. Ein Papst, der den Glauben verlöre, würde sich selbst aus der Kirche ausschließen und sein Amt verlieren.
 
NEWS: Sie würden sich weigern, wenn er für Sie Unmögliches anordnete?
 
Krenn: Für mich ist das undenkbar, daher brauche ich die Frage nicht zu beantworten.
 
NEWS: Welche Veränderungen sind möglich?
 
Krenn: Der nächste Papst könnte zum Beispiel den Zölibat anders ordnen.
 
NEWS: Was sagen Sie zu den EU-Sanktionen?
 
Krenn: Das ist eine Dummheit. Was mich aber noch viel mehr ärgert, ist die Entsolidarisierung in Österreich, wie sie Herr Voggenhuber vorzeigt. Die Ausländer können uns im Grunde gern haben, wenn wir nur beieinander bleiben. Wenn da einer anfängt, er hat Sorge, dann soll er sich um den eitlen Herrn Chirac sorgen und nicht um die Regierungsbildung. Die Regierung ist legitim an die Macht gekommen. Ich kenne Haider, Schüssel  und Riess-Passer. Das sind gestandene Leute, die ihr Geschäft verstehen.
 
NEWS: Und Haiders Plakate gegen Überfremdung? Sein Lob für die Waffen-SS?
 
Krenn: Das kennt ja eh schon ein jeder. Wenn ich allein von den kirchlichen Blödmännern jedes Wort ernst nehmen würde, müsste ich mich längst entsorgen! Irgendwann einmal muss man anfangen, nicht mehr vom Krieg der Worte, sondern auch vom Unsinn der Worte zu sprechen. Aber man nimmt aus politischen Gründen alles bierernst. Gusenbauer nehme ich da aus. Das ist ein Mann aus meiner Diözese, und es hat mich gefreut, dass er gesagt hat, er bleibt in der Kirche und ein Rapidler. Wobei ich seine Entschuldigung für die SPÖ im Dritten Reich für Blödsinn halte. Es ist ja locker, sich dauernd für Dinge zu entschuldigen, die andere gemacht haben.
 
NEWS: Was sehen Sie denn gern im ORF?
 
Krenn: Ich bin kein großer Fernseher. Ich denke lieber. Und ich sehe nie Talkshows! Die Karlich wirkt ja ganz sympathisch, aber ihre Redaktion ist schwachsinnig. Das ist ja schrecklich, diese patschenden, über jeden Schwachsinn plaudernden Menschen! Das sind im Grunde Deppen. Sie wollten mich in der Sendung haben, aber ich habe abgesagt. Übrigens hat Meinl bei mir wegen einer Werbung angefragt. Aber ich kann nicht den Lieben Gott und zugleich einen Kaffee vertreten. Peymann mache ich da aber keine Vorwürfe. Es war mir nie gegeben, ihn selber kennen zu lernen, aber ich halte ihn für viel menschlicher, als er auftritt. Er gibt sich ja ein bissl als preußischer Stiefel. Sein Kulturziel war es, gehasst zu werden. Aber das hält man auf die Dauer nicht aus.
 
NEWS: Wie stehen Sie zu Manfred Deix?
 
Krenn: Er ist schon ein bissl ein Luder, und bei uns im Dialekt sagen sie ja auch, einer ist ein Deixl. Aber er ist ein St. Pöltner, und ich mag ihn. Er hat so viele lustige Ideen! Er sollte sich allerdings bald bekehren. Wenn es so weit ist, soll er sich bei mir melden.
 
NEWS: Mit Nitsch können Sie auch gut.
 
Krenn: Ja, wir sind einmal bis drei in der Früh in einem Beisel gestanden und haben geredet. Ich habe ihm gesagt, er soll ruhig wissen, dass ich seine Kunst grässlich finde und dass nicht jeder Schmarrn Kunst ist. Aber beim nächsten Mal werden wir uns wieder verstehen und nicht die Augen auskratzen.

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Texte von Bischof Krenn werden im Internet auf hippolytus.net mit freundlicher Erlaubnis von Dr. Kurt Krenn publiziert. Verantwortlich: DI Michael Dinhobl und Dr. Josef Spindelböck. Die HTML-Fassung dieses Dokuments wurde erstellt am 21.04.2000.

 

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