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Diözesanbischof Dr. Kurt Krenn von St. Pölten

Der Beitrag ist erschienen in: "Der Fels" 4/2000, S.99

Ich weiß, dass mein Erlöser lebt
Gedanken zum Osterfest

Das Osterfest vereint die Christen zu heiliger Freude. Wir sterblichen Menschen feiern den Sieg über den Tod, der allen Menschen gewiß ist. Der Mensch hat viele Feinde. Der unerbittlichste Feind ist der Tod, der keine Ausnahmen macht.

Der Tod ist eigentlich nicht mehr als ein Nichts, denn er macht alles zunichte, was mit dem Leben des Menschen verbunden ist: vorbei das Glück, vorbei die Hoffnung auf einen nächsten Tag, vorbei alles, was uns gehört, vorbei aller Besitz, vorbei die Geborgenheit bei lieben Menschen, vorbei die Welt, in der wir noch so vieles tun und entdecken wollten.

Der Tod ist Auflösung, denn er zerreißt die innigste Einheit von Seele und Leib des Menschen: der Leib zerfällt; bald haben sich die letzen Spuren des Menschen in der Welt verloren. Verzweifelt fragt schon im Alten Testament der Dulder Ijob: "Ich habe keine Hoffnung. Die Unterwelt wird mein Haus, in der Finsternis breite ich mein Lager aus. Zur Grube rufe ich: Mein Vater bist du! Meine Mutter, meine Schwester! Wo ist dann meine Hoffnung und wo mein Glück? Wer kann es schauen? Fahren sie zur Unterwelt mit mir hinab, sinken wir vereint in den Staub?" (16,13-16).

Desselben Dulders Ijob aber hoffnungsvolle Worte hat die Liturgie der Kirche in neuer Wirklichkeit verstanden: "... ich weiß: mein Erlöser lebt, als letzter erhebt er sich über dem Staub. Ohne meine Haut, die so zerfetzte, und ohne mein Fleisch werde ich Gott schauen. Ihn selber werde ich dann für mich schauen: meine Augen werden ihn sehen, nicht mehr fremd" (19,25 ff.).

Der gequälteste Mensch darf bekennen: Mein Erlöser lebt. Als die Nacht am dunkelsten war, als der wahre Gott und wahre Mensch Jesus Christus am Kreuz starb, kam das Licht: mein Erlöser lebt. Denn Jesus Christus ist vom Tod erstanden: Einer ist wie alle anderen gestorben; einer ist für alle gestorben; einer durchschritt den Tod und hat gelingen lassen, was für alle gelingen soll; der eine ist Jesus Christus.

Am Osterfest feiern wir, was wir glaubend bekennen: Jesus Christus, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tag auferstanden von den Toten. Statt langer Reden und Erklärungen wollen wir Christus hören, der zu Marta, die ihren Bruder Lazarus betrauert, sagt: ,,Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben" (Joh 11,25 f).

Wer an die Auferstehung glaubt, der versteht auch das Gut seines eigenen Lebens viel besser. Unser Leben ist immer schon viel mehr als Gesundheit und Leiblichkeit, viel mehr als ein paar Jahrzehnte in Lebenstagen; der Tod kann das Lebenswerk Gottes in uns nicht zerstören. Unser Leben ist eine Tat und eine Gabe Gottes, von der sich Gott nie mehr zurückziehen will. Denn Gott ist treu; er wird den Menschen, den er als sein Bild und Gleichnis schuf, nie mehr aufgeben und ins Nichts versinken lassen. Die Treue Gottes ist die unverlierbare Mitte unseres Lebens.

Die Untreue des Menschen, die Sünde des ersten Menschen, war es, die den Tod brachte. Der Tod kann nur dort bedrohen und zerstören, wo die Treue in Frage gestellt ist. Noch einmal aber und für immer erneuerte Gott den Bund der Treue, als er in Jesus Christus die Sache und das Leben des Menschen sich zum eigenen Geschick machte. Durch Christus steht unser Leben in der Treue Gottes. Wer glaubt und treu ist, wird leben, auch wenn er stirbt. Seien wir nicht ängstlich besorgt um unser Leben; in Treue zu Gott und zu seinem Willen dürfen wir unser Leben fest halten, und wir werden es nicht verlieren, auch wenn wir sterben.

Die Treue Gottes ist unendlich stärker als das Sterben des Menschen. Jesus selbst nennt uns das Ziel seiner Sendung im Abschieds gebet zum Vater vor seinem Leiden: "Das ist das ewige Leben: dich den einzigen wahren Gott, zu erkennen und Jesus Christus, den du gesandt hast" (Joh 17,3).

Die Treue zu Gott ist es, die dei ne Todesangst überwindet, dein Leiden ertragen hilft und dein arm seliges Menschenleben schon in seiner einst vollkommenen und ewigen Fülle erahnen läßt. Wer die Treue des Christseins wagt, der darf mit dem Apostel Paulus sagen: "Für mich ist Christus das Leben, und Sterben Gewinn" (Phil 1,21)

An der Frage von Tod und Leben kommt kein Mensch vorbei. Vielleicht stehst du noch zögernd und zweifelnd vor den großen Geheimnissen der Liebe Gottes. Du darfst auch schon aus weiter Ferne in den Osterjubel einstimmen: Ich weiß, dass mein Erlöser lebt.


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Texte von Bischof Krenn werden im Internet auf hippolytus.net mit freundlicher Erlaubnis von Dr. Kurt Krenn publiziert. Verantwortlich: DI Michael Dinhobl und Dr. Josef Spindelböck. Die HTML-Fassung dieses Dokuments wurde erstellt am 06.04.2000.

 

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