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Diözesanbischof Dr. Kurt Krenn von St. Pölten

Predigt bei der Kirchweihe in Paudorf-Göttweig
am 12. September 1993

Die Wallfahrer nach Jerusalem sangen einst: "Ich freute mich, als man mir sagte: 'Zum Haus des Herrn wollen wir pilgern' ... Erbittet für Jerusalem Frieden! Wer dich liebt, sei in dir geborgen. Friede wohne in deinen Mauern, in deinen Häusern Geborgenheit! Wegen meiner Brüder und Freunde will ich sagen: In dir sei Friede! Wegen des Hauses des Herrn, unseres Gottes, will ich dir Glück erflehen" (Psalm 122,1. 6-9).

"In dir sei Friede!", mit diesem heiligen Wunsch begegnen wir heute einander, um die Weihe der neuen Pfarrkirche zu feiern. Die Stiftspfarre Göttweig erhält in dieser neuen Kirche in Paudorf nunmehr ihre Pfarrkirche und eine konkrete, pastorale, rechtliche Ordnung, die ich mit dem heutigen Tag der Kirchweihe bestätige und in Kraft setze:

"Die Pfarre Göttweig, am 14. September 1991 offiziell umbenannt in Paudorf-Göttweig (Zl.0-592/91), ist seit unvordenklichen Zeiten dem Benediktinerstift Göttweig inkorporiert.

Das Benediktinerstift Göttweig übertrug bereits mit Schenkungsvertrag vom 25. November 1991 und tatsächlicher Übergabe die Liegenschaft EZ 122 des Grundbuches 12159 Hörfarth der röm.-kath. Pfarre Paudorf-Göttweig als Rechtsperson im Sinne von can. 515 §3 CIC.

Die neue Kirche im Hellerhof wird dem hl. Bischof Altmann von Passau geweiht. Gleichzeitig werden zur einfacheren Zugangs- und Zufahrtsmöglichkeit der Pfarrbevölkerung und zur leichteren Ausübung der Pfarrseelsorge Titel und Funktion der bisherigen Pfarrkirche Göttweig, bzw. Paudorf-Göttweig an die neue Kirche im Hellerhof übertragen. Die bisherige Stiftspfarrkirche wird fürderhin nur mehr Stiftskirche sein."

Diese Kirche wird die Erinnerung an den diskreten, aber erfolgreichen Friedensdienst unseres Apostolischen Nuntius Erzbischof DDr. Donato Sqicciarini haben; wir danken ihm heute dafür herzlich und bitten ihn, die Festtagsgrüße der Pfarrgemeinde und der Diözese als Ausdruck der innigen Gemeinschaft mit dem Nachfolger Petri dem Heiligen Vater zu übermitteln.

Diese neue Kirche ist ein Sinnbild für vieles: Sie ist ein Zeugnis des Einsatzes, der Hilfsbereitschaft und der Opfergesinnung von vielen Gläubigen, die diese Kirche zusammen mit der Diözese und dem Stift dem allmächtigen und gütigen Gott als heiliges Haus übergeben. Wir danken Gott für euren Glauben und für euren Eifer für das Haus des Herrn; die Pfarrgemeinde hat 4,460.000 Schilling aufgebracht. Ich danke P. Udo für seinen nimmermüden Einsatz inmitten der vielen Helfer.

Ich danke dem Stift Göttweig, das die Kosten für diesen Bau zu gleichen Teilen mit der Diözese St. Pölten getragen hat. Stift und Diözese haben je 5,770.000.-- Schilling zum Bau beigetragen. Das Werk und das Können vieler ist uns heute Anlaß zu Dank und heiliger Freude: der Architekt, die Künstler, die Bauleute, die Techniker und Handwerker, die Behörden, die Herren des Bauamtes der Diözese, die Ratgeber und die Wohltäter - sie alle sind heute in unser Dankgebet eingeschlossen, das wir an Christus, den Herrn, richten.

Christus ist durch seinen Tod und seine Auferstehung der wahre und vollkommene Tempel des Neuen Bundes geworden und hat ein Volk um sich versammelt als sein Eigentum. Dieses heilige Volk ist die Kirche. Der dreieinige Gott ist der Ursprung der Einheit der Kirche. Sie ist der aus lebendigen Steinen erbaute Tempel, in dem der Vater im Geist und in der Wahrheit angebetet wird. Hier soll sich die Gemeinde der Gläubigen versammeln, um das Wort Gottes zu hören, zu beten, die Sakramente der Kirche zu empfangen und das Eucharistische Opfer Christi zu feiern (vgl. Die Feier der Kirchweihe und Altarweihe, S. 22). Diese Kirche soll dem großen Heiligen unseres Landes, dem heiligen Bischof Altmann, geweiht sein. Seine Reliquien werden zum Altar gehören.

Liebe Pfarrgemeinde! In dieser Kirche werdet ihr das Volk Gottes sein, wo ihr in Gemeinschaft mit dem Papst und dem Bischof Eucharistie feiert. Im Haus Gottes kann es nicht Platz für störende Provokation, nicht für Einmischung von außen und nicht für öffentliche Schaustellung geben. Zur Einheit im Glauben und zur Erkenntnis des Sohnes Gottes wollen wir gelangen, damit wir Christus in seiner voll verwirklichten Gestalt darstellen. Wir wollen nicht mehr unmündige Kinder sein, ein Spiel der Wellen, hin und her getrieben von jedem Widerstreit der Meinungen, dem Betrug der Menschen ausgeliefert, der Verschlagenheit, die in die Irre führt. Wir wollen uns, von der Liebe geleitet, an die Wahrheit halten und in allem wachsen, bis wir ihn erreicht haben. Er, Christus ist das Haupt. Durch ihn wird der ganze Leib zusammengefügt und gefestigt in jedem einzelnen Gelenk. Jeder trägt mit der Kraft, die ihm zugemessen ist. So wächst der Leib und wird in Liebe aufgebaut (vgl. Eph 4,13-16); diese Worte des Epheserbriefes mögen erhellen, was in dieser Stunde in unseren Herzen nach Licht und Frieden verlangt.

Es war gewiß nicht leicht, für diese Weihestunde alle guten Gründe zu finden. Der Abt des Stiftes, Abtpräses Dr. Clemens Lashofer, hat als Inkorporationsträger das Ersuchen um die Weihe dieser Kirche gestellt; so war es möglich, dem Herzenswunsch der Gläubigen dieser Pfarre nachzukommen und ein bestehendes Problem davon abzutrennen. Ich danke dem hochwürdigsten Abt für seinen besonderen Einsatz und für seine übernommene Letztverantwortung für die Gestaltung der Weihefeier. Am 19. August d.J. hat der Pfarrgemeinderat der Pfarre Paudorf-Göttweig versichert, daß der Bischof erwarten darf, daß vonseiten der Pfarre eine gute Gemeinschaft mit dem Diözesanbischof angestrebt wird; man hat sich von jeder Form einer eigenmächtigen Weihehandlung distanziert und ausdrücklich das Recht des Bischofs zur Segnung der Kirche betont. Der Pfarrgemeinderat erklärte, dafür Vorsorge zu treffen, daß die Weiheliturgie würdig gefeiert werden kann. Sehr gefreut habe ich mich über die darin ausgesprochene Begrüßung zur Weihe am heutigen Tag.

Der Segen Gottes liegt manchmal noch mehr im Mühsamen als im Leichten. Es war ein oft leidvoller Weg bis zu dieser Stunde: das öffentliche Interesse und manche öffentliche Unbedachtheit haben viel Leid gebracht und nicht wenige Menschen verwirrt. Die Barmherzigkeit Gottes möge heute heilen, was der Kirche und Menschen angetan wurde. Der gütige Gott ist mit seiner Gnade so mächtig, daß er auch seine Söhne und Töchter die Wege der Barmherzigkeit lehrt und daß er Frieden stiftet, wo menschliches Sinnen den Konflikt sucht.

Unsere Freude über diese Kirche und über diese von vielen so würdig gestaltete Feier steht noch unter einem Vorbehalt. Auch davon sollen alle wissen, die hier und draußen den Gang dieser Feier verfolgen. Im Angesicht des Herrn müssen wir wahrhaftig sein: Es besteht hier noch ein Problem, das gelöst werden muß. Die das Problem kennen, wissen warum; die das Problem nicht kennen, sollen in dieser Stunde nicht damit behelligt werden. Ich schließe den Friedensgruß der Eucharistiefeier nicht aus; er sollte Bedauern, Vergebung, Versöhnung und erneuerte Gemeinschaft bedeuten. Wenn dem nicht so ist, könnte er wenigstens ein Zeichen der Hoffnung sein, die sich vielleicht doch noch erfüllt.

Liebes Volk Gottes, liebe Brüder und Schwestern! Wir stehen zuweilen in Rätseln und leben aus den Geheimnissen der Gnade Gottes. Auch die Kirche, unsere katholische Kirche, ist ein großes Geheimnis Gottes, in dem wir geborgen sind und zu unserem Heil verweilen dürfen. Die Kirche hat Mauern, die bergen und abgrenzen; sie hat aber auch offene und einladende Tore, die uns eintreten lassen, damit wir innerhalb der Mauern des Hauses Gottes beheimatet und geborgen sind. Die im Lebensbuch des Lammes stehen, werden eingelassen; nichts Unreines aber wird eingelassen, keiner, der Greuel verübt und lügt (vgl. Offb 21,27).

Die Kirche hat offene Tore, ist aber kein Marktplatz der Beliebigkeit; die Kirche ist der geheimnisvolle Leib ihres Hauptes Christus, der sie erfüllt, der das All ganz und gar beherrscht (vgl. Eph 1,28 f.). Wir sind nicht mehr Fremde ohne Bürgerrecht, sondern Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes. Wir sind auf das Fundament der Apostel und Propheten gebaut; der Schlußstein ist Christus Jesus selbst. Durch ihn wird der ganze Bau zusammengehalten und wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn (vgl. Eph 2,19-23).

"Wohl denen, die wohnen in deinem Haus, die dich allezeit loben", sagt der Psalm 84 über jene, die voranschreiten, um Gott auf dem Zion zu schauen (vgl. 5-8).

In diesem Gotteshaus mögen alle ihre feste Mitte finden: die Familien, die Kinder, die Jugend, die Gereiften und die Tüchtigen, die Enttäuschten und die Leidenden, die Bedrängten und die Dankenden, die Suchenden und die Glaubenden, die Sünder und die Geheiligten, die Tätigen und die Zaudernden. Gott wird in eurer Mitte wohnen, und ihr sollt sein Volk sein; die Sache Gottes wird eure Sache sein.

Erhebt eure Häupter und schaut auf Gottes Wege und Ziele. Als im Glauben und in der Treue zur Kirche gefestigte Gemeinschaft sollt ihr die Zeichen der Zeit erkennen und mitwirken an der Erneuerung unserer Kirche und mit allen Kräften in der Evangelisierung unseres Landes und Europas dienen.

Beherzigt das Wichtige, das eine Wichtige, von dem Jesus spricht. Begreift das Wesentliche: wachst in der Erkenntnis Jesu Christi. Seid wahre Menschen durch Christus, die Gottes geliebte Söhne und Töchter sind.

Heiliger Altmann, großer Bischof in schweren Zeiten der Kirche, beschütze die Menschen in dieser Pfarre!

Mariens Namensfest feiern wir heute:

"Heiligste Jungfrau und Mutter Maria, du bist die Mutter der Kirche, laß alle Menschen dieser Pfarre durch dich zu Christus gelangen."

Der Friede, die Gnade und der Segen des dreifaltigen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes sei mit euch! Amen.


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Texte von Bischof Krenn werden im Internet auf hippolytus.net mit freundlicher Erlaubnis von Dr. Kurt Krenn publiziert. Verantwortlich: DI Michael Dinhobl und Dr. Josef Spindelböck. Die HTML-Fassung dieses Dokuments wurde erstellt am 29.11.1997.

 

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