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Predigt bei der Priester- und Diakonenweihe
im Dom zu St. Pölten am 29. Juni 2001
In dieser Stunde der Priester- und Diakonenweihe ist unser Herr Jesus Christus in einzigartiger Weise am Wort; er sagt uns nicht: ihr habt mich erwählt, sondern: ich habe euch erwählt, daß ihr hingeht und Frucht bringt. Denen die er sendet, sagt der Herr Jesus: Ich habe euch von der Welt erwählt; ich nenne euch nicht mehr Knechte, denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Vielmehr habe ich euch Freunde genannt, denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe.
Ich grüße heute nicht nur die fratres ordinandi, denen ich die Hände auflegen und damit in die Nachfolge Jesu und seiner Apostel stellen werde. Heute freuen wir uns über die Mitfeier jener Mitbrüder aus dem Presbyterium der Diözese, die ein Jubiläum feiern. Liebe verehrte Mitbrüder, wir danken Gott dafür, daß er euch berufen hat, daß ihr durch viele Jahre unserem Volk Gottes dienen durftet. Ihr seid die Freunde Jesu in eurem Dienst geblieben: treu und ohne Bedauern seid ihr Jesu Diener, aber auch seine Freunde, denn ihr tut, was er euch aufgetragen hat. Der Glanz eures Dienstes ist eure Liebe zu Gott und zu den Brüdern und Schwestern; die Liebe aber, die der Geist Gottes in unsere Herzen gesenkt hat, ist jene Liebe, die langmütig ist und gütig, die nicht prahlt und nicht auf ihren Vorteil bedacht ist, die nicht nachträgt, die sich freut an der Wahrheit, die alles erträgt, die alles glaubt und alles hofft, die allem standhält und niemals aufhört. Eure Berufung und Erwählung durch Christus hat sich in dieser Liebe kundgetan. Großer Gott, wir loben dich, Herr, wir preisen deine Güte und Stärke!
Das Gebet der Kirche in unserer Zeit und in unserem Land richtet sich nach Jesu Anliegen: Herr, sende Arbeiter in deinen Weinberg, berufe viele Menschen zum geweihten Dienst als Priester und Diakone. Du hast deiner Kirche verheißen, daß du allezeit bis zum Ende der Tage bei uns sein wirst; auch wenn Himmel und Erde vergehen, dein Wort bleibt bestehen. Wir nehmen dich beim Wort und bitten dich: Berufe, die du erwählt hast als Verkünder der Wahrheit Christi, als Hirten deiner Kirche, als Ausspender deiner Gnade, als jene Diener der Eucharistie, die in Christi Person handeln.
Die Bischöfe Österreichs haben das nächste Jahr 2002 zum Jahr der Berufung erklärt. In diesem Jahr soll für unsere Gläubigen noch viel dringlicher werden, daß ein Priester nur durch einen Priester wieder ersetzt werden kann. Es genügt nicht die Aussage: alle sind berufen, so daß es gleichgültig wäre, wozu jemand berufen ist, wenn man aber keine Priester haben will.
In der Kirche Christi gibt es den Priester, auf den wir niemals verzichten können: ohne Papst, Bischöfe, Priester und Diakone kann es keine Kirche geben. Auch die Laienchristen und die Gottgeweihten gehören zum Leib Christi, dessen Haupt Jesus Christus ist. Es gibt jedoch die Unterschiede in der göttlichen Berufung; so ist der Dienst des Geweihten im Wesen verschieden vom Dienst der Nicht-Geweihten. Zwischen den Geweihten und Nicht-Geweihten ist eine Vertauschung der Dienste nicht nach dem Willen Christi; bei gleicher Würde wollte Christus diesen Unterschied, der die Kirche als Leib Christi ordnet.
Liebe Brüder, wenn ihr die Diakonenweihe empfangt, seid ihr nicht mehr Laien, sondern Kleriker der Kirche; ihr seid nicht nur unsere Brüder, sondern Mitbrüder im heiligen Dienst. Niemand von uns hat von sich aus ein Recht auf das Weihesakrament. Gott beruft uns, und die Kirche bestellt uns zum Dienst.
Worauf aber beruht unsere Berufung zum Dienst der Geweihten? Jesus sagt einmal: Viele sind gerufen, aber nur wenige erwählt (Mt 22,14). Von Ewigkeit hat Gott jeden erwählt; auch der zum Weihedienst Berufene muß von Gott erwählt sein. Wenn wir uns berufen glauben, muß uns die göttliche Erwählung offenkundig sein.
So muß die Lebensgeschichte der Berufung in der Gewißheit stehen, daß uns Gott erwählt hat. Wer sich auf die Weihe vorbereitet, muß sein Lebensganzes an Gottes erwählendem Ratschluß prüfen. So fragten einst die Jünger den Herrn: Meister, wo wohnst du? Und Jesus antwortete ihnen: kommt und seht. Sie gingen mit ihm und sahen, wo er wohnte und blieben an jenem Tag bei Jesus. Sie gewannen Vertrautsein mit Jesus; sie verbreiteten Kunde von Jesus: wir haben den Messias gefunden.
Wie zeigt sich für uns in der Berufung die Erwählung? Der Berufene erfährt seine Erwählung in der Treue, die ihn an Jesus bindet und zur Nachfolge befähigt. Es sind die Spuren des Erwähltseins von Ewigkeit, die den Berufenen die Gewißheit geben: Ich muß Antwort geben dem, der mich liebt, ich muß ihm folgen, wohin er auch geht. So wird Berufung als Drama des Erwähltseins erlebt und zur Gewißheit: Gott braucht mich.
Berufung braucht die Kennzeichen der Wahrheit, der Treue, der menschlichen Güte und Bereitschaft zur Übereinstimmung mit Gottes Willen und mit der Gesinnung Christi.
Viele sind es heute, die sich mit den Geweihten freuen. Ich grüße eure Familien, liebe Menschen, die zu euch gehören und euch in eurer Berufung begleitet haben. Ein Festtag sei der heutige Tag für die Seelsorger, die Lehrer, die Wohltäter und Beter und für das Volk Gottes in euren Pfarreien. Wenn ich das Weihegebet für die Diakone und den Priester spreche, möchte ich das große Gebet der Berufung auch mit ihnen Gott vortragen und um die Gnade des treuen und des niemals widerrufenen Dienstes der Geweihten beten. An Christus, der unser Hoherpriester ist, mögen sie Anteil als Hirten, Lehrer und Gnadenbringer haben. Wenn wir heute die Weiheliturgie feiern, möge in allen erwählten Berufenen, ob Kind, ob Jugendlicher, ob Erwachsener, sich Jesus zu Wort melden: Kommt und seht, kommt und zaudert nicht, kommt und verschiebt nicht, kommt und kehrt nicht mehr um.
Die Frage der Berufungen und des Priesternachwuchses liegt zu allererst in der Verantwortung des Bischofs; viele sollen mir helfen, keiner aber kann mir diese Pflicht abnehmen. Der Bischof muß Entscheidungen treffen, die notwendig sind. Ich hoffe auch in Zukunft auf eure Hilfe.
Vor fast zehn Jahren, am 11. Juli 1991 hat mich der Heilige Vater zum Bischof von St. Pölten ernannt; am 15. September dieses Jahres habe ich mein Bischöfliches Amt in dieser Diözese angetreten. Ich war damals noch ein Fremder; aber durch die Liebe vieler Priester und Laienchristen möchte ich in dieser Zeit einer der eurigen geworden sein. Manches war in diesen Jahren mühsam, aber das Volk Gottes der einfachen Menschen hat mich von Anfang an gut aufgenommen und jene beschämt, die der Kirche Christi nichts Gutes wünschen wollen. Nicht nachlässiger, aber barmherziger möchte ich jeden Tag mehr sein, damit der Friede Christi uns alle eint; ohne Wahrheit aber kann sich keine Liebe ereignen, die Wahrheit braucht wiederum unablässig die Liebe. Dies allein befähigt uns zur Ehre Gottes und zur ehrfürchtigen Liebe gegenüber jedem Menschen, der Gottes Abbild ist und in höchster Würde steht.
Heute danke ich dem verehrten Altbischof, dessen Diözese ich übernehmen durfte; ich danke dem lieben Weihbischof, den vielen hilfsbereiten Priestern und Diakonen; den Mitarbeitern in Verwaltung und Pastoral, den Religionslehrern, den Lehrern; ich danke den Gottgeweihten, den Stiften, den vielen getreuen und guten Menschen, den unzähligen, gewissenhaften Kirchenbeitragszahlern. Der politischen Führung des Bundeslandes und der Landeshauptstadt St. Pölten sage ich aufrichtigen Dank; ich danke den Massenmedien, die zur Verbreitung der Wahrheit und zur Durchsetzung der Gerechtigkeit beitragen.
Liebe Brüder ! Ich danke euch herzlich für die Mühen, die ihr für das heutige Fest mir geschenkt habt. Zehn Jahre sind nicht viel; vielleicht sind sie etwa die Hälfte der Zeit meines Dienstes in St. Pölten. Vieles kann sich in zehn Jahren ändern; seien wir wachsam, damit unsere Diözese nicht Schaden nimmt, sondern viele Menschen für den Glauben und für die Kirche gewonnen werden. Auch die Menschen, die sich von Christus abwenden oder aus der Kirche weggehen, müssen unser aller Sorge sein.
Wir sollen nicht auf abstrakte Planungen und Konzepte setzen, sondern auf den zu Christus bekehrten Menschen. Ich mißtraue manchmal dem beliebten Wort "Dialog"; die Sache des Dialogs ist sicher gut, aber der Mißbrauch ist offenkundig, wenn durch dieses Tor der Agnostizismus, die religiöse Gleichgültigkeit, Chaos und Gewissenlosigkeit transportiert werden. Der wahre Weg des religiösen Dialogs kann als gottgewolltes Ziel nur meine und deine Bekehrung bewirken. Der Dialog kann nicht der Vorwand für Ungehorsam, Lieblosigkeit, Stolz und Eigensinn sein.
Was in Zukunft sein wird, das können wir weder wissen noch planen. Unsere Zukunft ist es, in der Gesinnung zu leben, wie es dem Leben in Christus entspricht: Er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein, sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen; er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz. Mit Christus werden wir auferstehen und leben, damit sich erfüllt: Jesus Christus ist der Herr, zur Ehre Gottes, des Vaters.
Wie zu Zeiten der Apostel wollen wir nun das Werk des Geistes tun und unsere Mitbrüder hineinstellen in die apostolische Ordnung der Kirche als Diakon und Priester. Die Gottesmutter sei unsere Mittlerin, die heiligen Apostel Petrus und Paulus, der heilige Hippolyt, die Heiligen unseres Landes und der selige Jakob Kern von Geras seien unsere Vorbilder zur Heiligkeit.
Die Gnade Jesu Christi des Herrn, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des
Heiligen Geistes sei mit uns allen.
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