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Profil -Interview mit Bischof Dr. Kurt Krenn, St. Pölten, vom 23.02.1998:
"Für das Richtige
muß man auch sein Leben einsetzen"
Bischof Kurt Krenn über den Rausschmiß Pater Udos, seine Kritiker und seine Isolation in der Bischofskonferenz.
profil: Herr Bischof,
wir haben Sie ursprünglich zu einem Gespräch gemeinsam mit Pater Udo
Fischer über die Gründe für dessen Amtsenthebung eingeladen.
Sie haben das abgelehnt. Warum?
Krenn: Ich glaube, das paßt jetzt nicht. Ich habe getan, was in
dieser Sache getan werden mußte, und möchte es Pater Udo gegenüber
damit einmal bewenden lassen.
profil: Pater Udo
will, unterstützt von seiner Pfarre, nicht weichen. Wie wollen Sie die
Enthebung durchsetzen? Mit Hilfe der Gendarmerie?
Krenn: Er ist enthoben. Er kann gewisse Rechtsakte gar nicht mehr setzen.
Auch die Pfarrgemeinderatssitzung, die er gehalten hat, ist laut Pfarrordnung
nicht möglich.
profil: Die Sitzung, in der sich die Pfarre hinter Pater
Udo stellte, war - Ihrer Meinung nach - bereits illegal?
Krenn: Es muß ein Pfarrer sein, der einberuft, der vorsitzt und
das Ganze zur Durchführung bringt. So war also diese Sitzung zwar eine
Sitzung, aber keine Pfarrgemeinderatssitzung. Aber das kann man in der Pfarrordnung
nachlesen.
profil: Sie haben vielleicht das Kirchenrecht, aber
nicht die Sympathien der Öffentlichkeit auf Ihrer Seite.
Krenn: Das wissen Sie ja gar nicht. Ich habe auch sehr viele positive
Reaktionen und Wortmeldungen. Aber ich bin nicht einer, der quantitativ zählt.
Es ist eine Sachentscheidung, die man treffen muß, auch wenn es Widerstand
gibt.
profil: Eine Sachentscheidung, die offenbar so emotionalisiert,
daß jetzt die Kirchenvolks-Begehrer sagen, man sollte Bischof Krenn absetzen
und nicht Pater Udo.
Krenn: Das habe ich schon öfter gehört. Wissen Sie, der liebe
Gott hat mir das Leben gegeben, und der kann mich abberufen. Der Heilige Vater
hat mir das Amt gegeben, und der kann mich auch abberufen. Sonst niemand. Solange
ich in diesem Amt bin, tue ich das, was ich in diesem Amt für richtig halte.
Ich habe sechs Jahre lang all das ertragen und habe nichts gesagt. Aber jetzt
ertrage ich es nicht, daß sozusagen von Paudorf nach Göttweig hin
der Streit eskaliert. Das reicht, um einmal eine Tat zu setzen.
profil: Droht Pater Udo nun auch die Entlassung aus
dem Göttweiger Ordens-Konvent?
Krenn: Das Verfahren auf Entlassung ist vermutlich bereits in irgendeinem
Stadium, wenn er weiter nicht gehorcht. Das hat der Abt angedroht. Da mische
ich mich aber wirklich nicht ein. Das ist Visitationssache. Ich werde der Visitation
da keine Vorgaben geben, sondern ich warte darauf, was sich ergibt.
profil: Mit diesem Vorgehen nehmen Sie aber eine weitere
Spaltung der Kirche in Kauf.
Krenn: Es spalten jene, die sich von der Ordnung und Lehre der Kirche
abwenden.
profil: Die Lawine des Protestes, die weit über
den Anlaßfall hinausgeht, wurde von Ihnen losgetreten.
Krenn: Mein Gott, das habe ich schon öfter gehört. Ich diene
der Kirche dann, wenn ich das Richtige tue. Es gibt Zeiten, in denen man vielleicht
sogar für so etwas sein Leben einsetzen muß. Ich bin auch nicht ein
Heroe, aber wenn es sein muß, dann bin ich auch das.
profil: Was meinen Sie mit "Leben einsetzen"?
Krenn: Es kann auch sein, daß mich einmal irgendeiner verprügelt
oder sonstwas. Das gehört auch zu den Risiken des Bischofsamtes.
profil: Sie riskieren vor allem, daß Sie bald
als Hirte ohne Herde dastehen werden, weil Ihnen immer mehr Katholiken die geistige
Gefolgschaft versagen.
Krenn: Sie sind kein Prophet. Ich erfülle die Lehre und die Ordnung
der Kirche. Diese Pflicht tue ich, und das andere beurteilt dann der liebe Gott.
profil: Nicht nur Laien, sondern einige niederösterreichische
Äbte kritisieren Ihr Verhalten als "Übergriff".
Krenn: Ich bin nicht böse, aber sie wissen nicht, was sie wissen
sollten. Aber ich verzeihe ihnen diesen Populismus. Ich kann ihnen nur antworten:
Das ist Sache des Bischofs, weil es die Pastorale betrifft. Ich werde auch in
Klöster nicht eingreifen und sagen: Diesen Novizen darfst du nicht aufnehmen,
oder diesen Kleriker darfst du nicht weihen lassen. Daher sollen sie auch mir
bitte diese bischöfliche Freiheit lassen.
profil: Auch der Wiener Erzbischof Schönborn hat
Ihnen deutlich in Ihrer Aussage widersprochen, daß die bevorstehende Visitation
des Stiftes Göttweig nichts mit der Causa Groer zu tun habe.
Krenn: Das ist eine ganz bestimmte Art der Kontradiktorik im ORF. Man
fragt den einen und den anderen Bischof. Ich glaube nicht, daß das ein
Widerspruch gegen mich war. Und ich habe schon öfter beobachtet, daß
es gewisse Herren im ORF gibt, die so kombinieren.
profil: Sie sind mit Schönborn eines Sinns, was
die Causa Groer betrifft?
Krenn: Nein, das kann ich nicht sagen. Aber ich glaube, er ist eines
Sinnes mit mir, daß wir das Problem lösen müssen. Wir sind alle
Spätgeborene in dieser Frage. Ich glaube, daß ich Gründe habe,
Kardinal Groer als unschuldig zu sehen. Ich lass' auch andere Gründe gelten,
aber ich bestätige sie nicht. Wir können auch nebeneinander leben
und sagen: Wir wollen, daß das Problem gelöst wird, denn dieses verbindet
uns.
profil: Hat es Sie überrascht, daß nun auch
der Salzburger Erzbischof Eder vom Groer-Verteidiger zum Groer-Kritiker geworden
ist?
Krenn: Ich will ihn nicht korrigieren. Er wird erklären, was gemeint
war.
profil: Sie sind offenbar mit Ihren Standpunkten innerhalb
der Bischofskonferenz isolierter denn je?
Krenn: Wir haben viel Gemeinsames, so daß wir sogar auch gemeinsam
etwas tun wollen. Daß der eine so sagt und der andere so - jeder aber
den Weg zu einem identischen Ziel sucht, das ist das Entscheidende.
profil: Müssen Sie nicht Sorge haben, dem Papst
im Juni als Hirte ohne Herde entgegenzutreten?
Krenn: Ich glaube nicht, daß es so sein wird. Und selbst wenn es
so ist, dann sieht eben der Papst, wie schwer es ein Bischof hat, der in Gemeinschaft
mit dem Heiligen Vater steht und entscheidet. Ich habe jedoch viel Hoffnung;
unsere Gläubigen werden den Papst herzlich begrüßen.
profil: Kardinal Groer traf vergangene Woche auch zur
Überraschung seines Nachfolgers mit dem Papst zusammen. Ist das ein Signal
dafür, daß Groer zum endgültigen Rückzug und Verzicht auf
seine Kardinals-Rechte gedrängt werden soll, oder war das ein demonstrativer
Schulterschluß zwischen dem Vatikan und dem umstrittenen ehemaligen Wiener
Erzbischof?
Krenn: Ich glaube, daß der Papst den Kardinal Groer genauso schätzt
wie den jetzigen Wiener Erzbischof, der Kardinal wird. Die Vermutung, daß
Groer auf irgendwas verzichten soll, das schließe ich spekulativ aus.
Das scheint mir undenkbar.
profil: Kardinal Schönborn hat seinen Vorgänger
aber demonstrativ aufgefordert, endlich sein Schweigen zu brechen,
Krenn: Ein Kollege kann einem anderen Kollegen nicht vorschreiben, was
er zu tun hat. Das ist an sich nicht ein Ding der Gleichheit unter den Kardinälen.
Ich glaube, daß es keinen Sinn mehr macht, wenn Kardinal Groer sich dazu
noch äußert.
Interview: Josef Votzi