"Ich mag es nicht"
Interview.
Der St. Pöltner Bischof Kurt Krenn über das Anti-Temelin-Volksbegehren
der FPÖ,
Jörg Haider und dessen Verhältnis zum Islam.
profil: Herr Bischof, Sie wollen das Anti-Temelin-Volksbegehren
der FPÖ nicht unterschreiben. Dabei kommen Sie aus dem oberösterreichischen
Mühlviertel.
Krenn: Ich mag es nicht, wenn ein Volksbegehren, das nur dazu da ist,
die andere Seite über den Tisch zu ziehen, fast zu einer religiösen Frage gemacht
wird. Ob man da jetzt unterschreibt oder nicht: Mit diesem Volksbegehren löst
niemand etwas. Es ist eine Arroganz von unserer Seite, dass wir unseren Nachbarn
etwas vorschreiben wollen. Das Ganze ist ein inszeniertes Spiel. Ich bin weder
ein flammender Gegner noch ein Befürworter der Atomenergie, aber was man da
jetzt inszeniert, ist inkonsequent. Es traut sich niemand, die Wahrheit zu sagen.
profil: Was wäre die Wahrheit?
Krenn: Natürlich muss man alles wissenschaftlich prüfen, aber wenn ein
Land diese Entscheidung fällt, kann man das schwer verbieten. Ich habe nichts
gegen Leute, die gegen Temelin sind, aber ich gehöre nicht zu jenen, die sich
da jetzt instrumentalisieren lassen.
profil: Was sind denn Ihrer Meinung nach die Beweggründe für die FPÖ,
dieses Begehren abzuhalten?
Krenn: Ich weiß es auch nicht, eigentlich passt das nicht zu meinem Eindruck
von dieser Partei. Aber jeder versucht eben Stimmenmaximierung auf seine Art.
Man soll jetzt aber auch nicht die FPÖ verteufeln, Ähnliches haben andere vor
ihr auch schon auf diese Art versucht. Dennoch könnte unser gutes politisches
System durch diese Sache erschüttert werden, weil das von ein paar Leuten zu
einer Weltanschauungsfrage hochstilisiert wurde.
profil: Verstehen Sie die heftige Kampagne der "Kronen Zeitung"?
Krenn: Das ist eines der Geheimnisse, die ich momentan nicht entschlüsseln
kann. Die "Kronen Zeitung" wird schon etwas damit bezwecken, aber
mein Weg ist das nicht.
profil: Die Katholische Aktion mobilisiert gegen das Volksbegehren. Ist
Ihnen das als Bischof recht?
Krenn: Die Katholische Aktion ist eine Organisation der katholischen
Kirche und müsste eigentlich immer in Einklang mit den Bischöfen reden. Ich
kann nur sagen: Wir Bischöfe haben sie zu dieser Aktion nicht veranlasst.
profil: Wird es da Konsequenzen geben?
Krenn: In dieser Sache nicht. Aber die Katholische Aktion hat noch anderes
mit uns zu klären. Die falschen Aussagen zur Homosexualität liegen noch immer
auf dem Tisch, da hat es die notwendige Distanzierung nicht gegeben. Was da
nach der jüngsten Bischofskonferenz gesagt wurde - dass wir das nur privat klären
wollen -, stimmt nicht. Da muss es schon noch eine deutliche Erklärung der Katholischen
Aktion geben. Das dürfen wir trotz der ganzen Aufregung über Temelin nicht aus
dem Auge verlieren.
profil: Zurück zur Innenpolitik: Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider
trat in den vergangenen Wochen nicht nur in der Causa Temelin, sondern auch
im Kärntner Ortstafelstreit und gegen den Verfassungsgerichtshof sehr aggressiv
auf. Halten Sie das für gut?
Krenn: Ich schätze ihn durchaus als begabten und kompetenten Politiker.
Aber man muss nicht immer sofort den Konflikt suchen. Haider hat in Österreich
vieles verändert, ohne dass ihm das zugeschrieben würde. Die letzten Streitereien
sind aber nicht würdig, auf keiner Seite. Doch das ändert nichts an meiner Hochachtung
ihm gegenüber.
profil: Warum ist die politische Stimmung derzeit so aufgeheizt?
Krenn: In der Politik ist man halt oft versucht, ein Heuchler zu werden.
Momentan erleben wir Zeiten besonderer Heuchelei. In Wirklichkeit haben alle,
die Haider jetzt so tadeln, es in der Vergangenheit selbst auch nicht viel anders
gemacht. Das nenne ich Heuchelei. Aber in der Sache mit dem Verfassungsgerichtshof
soll sich auch die FPÖ zurücknehmen. Momentan gibt es keine Seite, die Recht
hat.
profil: Halten Sie die Kritik am Verfassungsgerichtshof für zulässig?
Krenn: Kritik ist immer wieder passiert, nicht nur vonseiten der FPÖ.
Wir sollten zu diesem Gerichtshof stehen. Über Fragen der Bestellung kann man
sicher reden, aber ich habe prinzipiell überhaupt keinen Grund, den Verfassungsgerichtshof
zu kritisieren.
profil: Jüngst sind Fotos von Jörg Haider aufgetaucht, auf denen er eine
islamische Gebetskette in Händen hält. Stört Sie das als katholischer Bischof?
Krenn: Die schaut doch aus wie ein Rosenkranz?
profil: Ähnlich, ja.
Krenn: Na, vielleicht hat Haider damit seinen Rosenkranz gebetet. Das
kann er als Katholik tun. Eine Perlenkette ist ja noch kein Glaubensbekenntnis.
Interview: Thomas Hofer
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