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 Vorträge

Alt-Diözesanbischof Dr. Kurt Krenn von St. Pölten


Der Toleranzbegriff
und das Lebensgefühl unserer Zeit

Vortrag aus dem Jahr 1988
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on Weihbischof Prof. Dr. Kurt Krenn, Erzdiözese Wien (1987-1991)

 

Das Wort „Toleranz“ trifft ohne Zweifel in das Lebensgefühl unserer Zeit. Wer möchte heute nicht auch tolerant genannt werden, von seinen Mitmenschen oder von der Öffentlichkeit? Intolerant genannt zu werden, ist für viele schrecklicher als der Vorwurf von Rückständigkeit, Eingebildetheit oder Arroganz. Viel Wertvolles im Bereich der Mitmenschlichkeit wird vermutet, wenn man sagt, daß ein Lehrer oder Erzieher tolerant ist, daß ein Mensch inmitten einer fanatisierten Menge durch Toleranz hervorsticht, daß einem Menschen Toleranz gelingt, wo andere nur mehr miteinander streiten oder gegeneinander kämpfen. Das Wort Toleranz gilt als Wert dort, wo man die Freiheit und die Gleichheit der Menschen in konkrete Lebenswirklichkeit umsetzen will. Das Wort Toleranz ist aber auch gegen seinen Wortsinn ein einseitiges Wort geworden; denn manch einer beansprucht heute Toleranz für sich, will aber zugleich den Andersdenkenden nicht einmal die Spur von Toleranz gewähren. Toleranz ist ein hoffnungsvolles Wort, aber auch ein viel mißbrauchtes Wort.

Über die Politik mit dem Gebrauch dieses Wortes hinaus steckt jedoch auch im Begriff der Toleranz eine innere Problematik: Was soll geschehen, wenn der eine die Wahrheit kennt, der andere aber unbeugsam irrt? Hat die Wahrheit mehr Recht auf Verbreitung und Mitteilung als der Irrtum? Gibt es die die moralische Pflicht, andere von der Wahrheit zu überzeugen? Bedeutet der Anspruch der Wahrheit gegenüber dem Irrenden eine ungerechte Unterdrückung von dessen persönlicher Freiheit? Soll Toleranz in ihrer Praktizierbarkeit schließlich nichts anderes behaupten als: “Es gibt keine Wahrheit, sondern nur Meinungen, Ansichten oder Wahrscheinlichkeiten; die Wahrheit ist jeden Tag eine andere; niemand hat die Wahrheit gepachtet; es gibt keine Wahrheit, sondern nur das Suchen nach Wahrheit; Wahrheit mag es geben, aber sie ist dem Menschen unzugänglich; jede Wahrheit ist von der Praxis widerlegbar ...“? Solche häufig formulierten Ansichten über die Wahrheit verraten, daß die gemeinte Toleranz sehr bald mehr sein will als die richtige und menschenwürdige Weise des Umgangs miteinander. Vor allem aus der Sorge, eine eindeutige und letzte Wahrheit könnte den Frieden der Menschen untereinander gefährden, wird mit dem Wort Toleranz oft auch die Behauptung transportiert, Toleranz verneine jede bindende und letzte Wahrheit.

So läßt sich auch erklären, daß viele meinen, die Theorie der Toleranz sei der Subjektivismus oder der Relativismus oder der Indifferentismus oder Agnostizismus; wer hingegen von einer Wahrheit überzeugt sei, der könne gar nicht tolerant sein, weil er dem anderen darin keine Freiheit lasse. Schon diese wenigen Andeutungen von Gegensatz und Widerspruch zeigen, daß im Problem der Toleranz das Verhältnis von Wahrheit und Freiheit zu klären ist.

Die Frage nach der Freiheit rührt bereits an eine Grundfrage des Menschen. Wie viele Freiheiten mußte sich der Mensch im Verlauf seiner eigenen Geschichte erkämpfen: Die Freiheit von der Sklaverei, die Freiheit für seine eigenen und persönlichen Entscheidungen, die Freiheit für die Schließung einer Ehe und für die Gründung einer Familie, die Freiheit für Eigentum und Verfügung darüber, die Freiheit der Meinungsäußerung, die Freiheit für die Wahl des Wohnortes und der Arbeitsstätte, die Freiheit für die Ausübung der Religion, die Freiheit für Forschung, Lehre und Kunst usw. Vieles, was dem Menschen wertvoll und heilig ist, scheint in der Geschichte des humanen Fortschritts mit der unbedingten Forderung nach Freiheit verbunden zu sein.

Alle reden von der Freiheit; alle versuchen, die Zustimmung und Gefolgschaft der Menschen zu gewinnen, indem sie Freiheit versprechen. Ist die Freiheit vielleicht das Höchste, über das hinaus nichts Höheres mehr gedacht werden kann? Hat damit auch der Mensch die Freiheit zum Bösen? Dürfen wir dem Menschen sagen: „Du tust Böses; Du darfst das Böse nicht tun!“, wenn dieser Mensch behauptet, er verwirkliche damit nur seine Freiheit? Oder ist alles sittlich erlaubt, wenn der Mensch nur „in Freiheit“ handelt? Genügt diese Formalität der Freiheit, um jedwedes Tun des Menschen zu rechtfertigen? Diese Ethik der Formalität begegnet uns heute mehrfach; denn wir sagen: Hauptsache „demokratisch“ beschlossen, zugleich aber riskieren wir, daß Unrecht und Verbrechen demokratisch sanktioniert werden, wenn sich eine demokratische Mehrheit dafür findet. So haben wir dies mit der Fristenregelung erlebt, die mit dem Schlagwort der „Entkriminalisierung der Abtreibung“ eingeleitet wurde; das nächste Schlagwort könnte die „Entkriminalisierung der Euthanasie“ sein, mit dem ein neuerlicher demokratischer Konsens für die Schutzlosigkeit einer anderen Gruppe der Schwachen herbeigeführt werden soll.

Die Ethik der Formalität ist heute ein weiter Bereich, in dem der Mensch weniger nach dem, „was“ er tut, sondern nach dem, „wie“ er es tut, sein Tun beurteilen lassen will. Einige Beispiele dafür: Bei Entscheidungen fragt man manchmal kaum, ob die Entscheidung sachgerecht und gut war, sondern wie sie zustandegekommen ist: ob alle gefragt wurden, ob es genügend Gespräche gegeben hat, ob das Verfahren eingehalten wurde. In der Frage einer ökumenischen Interkommunion z.B. argumentiert man, daß die eine Seite eingeladen hat, während die andere dies ablehnt, und fragt, warum nach den Regeln der Höflichkeit hier nicht eine Einladung mit einer Einladung beantwortet wird; man fragt also wenig nach objektiven Gründen, sondern beurteilt alles nach dem „wie“ des höflichen Umgangs miteinander. So löst man heute auch ungern Konflikte in der Sache, sondern man führt lieber endlose, wenngleich erfolglose Gespräche. Die ethische Formalität ist oft der einzige Maßstab in der heutigen Bewertung der Sexualität; nicht mehr, wer etwas tut oder was jemand tut, wird gefragt, Hauptsache ist nur mehr, mit welchem „persönlichen Glück“ es geschieht. Und selbst dort, wo man das Gewissen des Menschen gelten lassen will, bleibt es oft bei der Ethik der Formalität; denn man will dem Menschen nicht vorlegen und sagen, was er zu tun hat; man sagt ihm nur: Tu es mit Gewissen, handle nach deinem Gewissen. Fragt der Mensch nun, was er denn mit Gewissen und nach seinem Gewissen tun soll, schweigt man oft und läßt den Menschen in seiner Ratlosigkeit allein. Oft geschieht dies, weil man meint, daß alles, was dem Menschen durch ein Gebot oder durch eine Vorschrift gleichsam von außen auferlegt wird, gegen die Autonomie des Gewissens verstößt und damit die Würde des persönlichen Gewissens verletzt. Man ist der Meinung, daß die Freiheit des Menschen nur dann Freiheit ist, wenn sie sich ganz selbst bestimmt und jede äußere Autorität ausschließt. Man meint also, daß die Freiheit sich ganz selbst machen muß, daß sie total selbstschöpferisch sein soll und nichts Vorgegebenes anzuerkenen hat. Diesen Grundsatz meldet man vor allem im Bereich der persönlichen Werturteile und der privaten Überzeugungen an; eingeschränkt soll die Freiheit höchstens darin werden, daß dem anderen kein Schaden zugefügt werden soll.

Immer mehr setzt sich aber im gängigen Wert- und Moralbewußtsein die Meinung durch, man könne frei in der Sache und ethisch zugleich in der Formalität sein. Es ist natürlich etwas Verführerisches, dem Menschen in allem die Freiheit zu versprechen und ihm gleichzeitig eine Form anzubieten, die alles noch „ethisch“ erscheinen läßt. Die Illusion, daß man alles Beliebige „mit Gewissen“ tun kann und dadurch ethisch gerechtfertigt ist, läßt sich nur aufrecht erhalten, solange man nicht die schrecklichen Grenzen dieser Illusion kennt. Schon sind die Schreckenstaten des Weltkriegs und die Verbrechen am Menschen in den Konzentrationslagern vergessen; wie oft wurden Menschen getötet, ermordet, verstümmelt und erniedrigt, während man sich die ethische Illusion machte, man handle „aus Pflicht“. In den vergangenen Wochen wurde unser Land aufgeschreckt durch Meldungen von der Tötung alter und ungeliebter Menschen. Hätten die großen Reden von der Freiheit und von der Autonomie des Gewissens auch nur theoretisch verhindern können, daß alte Menschen durch Mord beseitigt werden? Vielleicht haben die Täter nicht viel gedacht, als sie schwache Menschen einfach töteten. Aber in der schrankenlosen Freiheit und im ungebundenen autonomen Gewissen hätten auch sie noch eine ethische Formalität gefunden, die sie von ihren Untaten freigesprochen hätte. Was kann heute verhindern, daß Menschen beseitigt werden, weil sie nicht der Selbstverwirklichung, nicht dem persönlichen Glück, nicht dem Recht auf Freizeit oder nicht dem Recht auf einen normalen Dienst und auf eine geregelte Arbeitszeit entsprechen? So faszinierend das Gefühl der Freiheit und der Gewissensautonomie in Zeiten des Wohlstandes und der geordneten Interessen sein mag, so schrecklich ist in Grenzsituationen des Menschen, wie z.B. Krieg, unheilbare Krankheit, Verfolgung und Armut, das Bild der unbegrenzten Freiheit und des autonomen Gewissens. Diese Befürchtung meint nicht, daß Menschen, die eine unbegrenzte Freiheit und Autonomie des Gewissens lehren, persönlich Übeltäter sind. Dennoch bleibt es unverantwortlich, ein ethisches System zu lehren, das solche grauenvolle Taten sicher nicht will, das aber auch nicht einmal theoretisch in der Lage ist, solche Untaten als objektiv böse zu beurteilen und dem Menschen zu verbieten. Vieles wird in normalen Zeiten und Situationen durch eine Ethik der Formalität richtig gesteuert sein; eine Ethik der Formalität wird aber keine Tat als objektiv böse, das heißt, als immer unerlaubt qualifizieren können. Wie oft hört man das Wort: das gibt mir etwas, das erfüllt mich, das verwirklicht mich - also soll ich es tun, also darf ich es tun. Solche formalen Prinzipien klingen lange Zeit gut und plausibel; aber was kann der primitive ethische Formalismus antworten, wenn die Tötung eines Menschen, die Abtreibung eines Kindes, die Untreue in der Ehe, die Brutalität, die ideologisch Borniertheit oder der Zynismus der Macht dem Menschen „etwas geben“ oder ihm „Selbstverwirklichung und Emanzipation“ verheißen?

Hier bahnt sich eine der wichtigsten Fragen an, deren Beantwortung auch sehr nachhaltig den Begriff der Toleranz bestimmt; es ist die Frage: “Gibt es das objektiv Böse im Handeln des Menschen, das zu tun dem Menschen niemals erlaubt ist, das der Mensch unbedingt meiden muß?“ Wenn es dieses objektiv Böse gibt, dann hängen Gut und Böse in den Taten der Menschen nicht einfach von der Situation, nicht vom sozialen Kontext, nicht vom subjektiven Geschmack und Empfinden, nicht von der kulturellen Evolution und nicht vom Milieu ab. Was man heute unter „Toleranz“ versteht, wird sich nicht daran stoßen, wenn man die Frage von Gut und Böse dem subjektiven, relativen und autonomen Standpunkt des Menschen überläßt. Wo aber bleibt das Prinzip der Toleranz, wenn wir festhalten: du darfst niemals und unter keinen Umständen einen unschuldigen Menschen mit Absicht töten; du darfst die Ehe nicht brechen; du sollst Gott lieben; du sollst die Schöpfung und ihre Ordnung bewahren; du darfst nicht verleumden usw.? Solche sittlichen Forderungen werden unbedingt gestellt, ihre Mißachtung ist niemals erlaubt, auch nicht als Mittel zu einem guten Ziel. Auch wenn es zuweilen erlaubt ist, das kleinere sittliche Übel zu dulden, um ein größeres zu verhindern oder um etwas sittlich Höherwertiges zu fördern, so ist es dennoch niemals erlaubt - auch aus noch so ernsten Gründen nicht - Böses zu tun um eines guten Zweckes willen, das heißt, etwas zu wollen, was seiner Natur nach die sittliche Ordnung verletzt und deshalb als des Menschen unwürdig gelten muß (vgl. HV 14). Wo also das objektiv Böse festgestellt wird, dort hat die sogenannte Toleranz ihre harte Grenze, die nicht überschritten werden darf. Denn selbst im Namen der Toleranz wird man dem Menschen nicht gestatten, jemand mit Absicht zu töten oder das Töten als erlaubt hinzustellen. Dies ist sicher die eine Seite jenes Problems, das uns in den letzten Wochen in der Diskussion um die „Satanischen Verse“ vor Augen gestellt wurde.

Toleranz ist für viele die Methode der Freiheit für sich und die anderen, Toleranz verspricht die Wahrung der Würde des Menschen, Toleranz will jener Raum sein, in dem sich der Mensch entfalten kann, Toleranz will die Umgangsregel sein, die den Menschen vor Unterdrückung und Gewalttätigkeit schützt. Die Toleranz stellt aus sich allerdings mehr Fragen als wir meinen, wenn wir uns einmal nicht in der Mitte des Raumes von Gleichheit, Freiheit und Brüderlichkeit bewegen: Wenn die harten Grenzen des menschenwürdigen Zusammenlebens sichtbar werden, stellt sich sehr schnell das Problem, ob die Toleranz alle auftretenden Konflikte lösen kann, ob alle Fragen beantwortet, ob alle Rechte geschützt, ob alle Freiheiten bewahrt sind, wenn wir nur einfach Toleranz üben und gewähren lassen, was jeder nach dem Maß seiner Freiheit ersinnt. Wir werden jedoch bei allen Freiheiten an Grenzen erinnert, so daß wir fragen müssen: Darf die freie Meinungsäußerung auch Demagogie und Verhetzung sein? Darf die Freiheit der Lehre die lernenden Menschen zu Skeptikern und Agnostikern formen, die Interesse und Sensibilität für die Wahrheit verloren haben? Läßt sich die Freiheit der Forschung als Freiheit der Technik, als Freiheit der Ökonomie, als Freiheit der Medizin usw. etablieren, so daß jedes Resultat legitim ist, wenn es nur frei erforscht ist? Besonders im Bereich der Technik, Technologie und Medizin meldet sich heute – inmitten des Fortschrittsoptimismus – eine neue Bedenklichkeit, die der Freiheit der Forschung eine unerwartete Frage stellt: Kann man das, kann man das erdenken und machen? war die Grundfrage der freien Forschung; heute hingegen fragt der Mensch: Darf man das?

In der inneren Logik der Forschung liegt keine Frage nach dem „Dürfen“, denn alles Interesse richtet sich nur nach dem immer unbegrenzteren „Können“ und „Wissen“. Längst weiß der Mensch um eine Gefährdung seiner selbst und seiner Art, die der Mensch durch die Maßlosigkeit seines Könnens und Wissens herbeiführen kann; denken wir nur an die sattsam bekannten Beispiele der Umweltzerstörung, der atomaren Unkontrollierbarkeit und der genetischen Manipulation des Menschenwesens. Kann sich also die Toleranz mit der Freiheit der Forschung grenzenlos verbünden? Oder ist der Mensch ein Wesen, das nicht mit allen denkbaren Freiheiten sagbar, einholbar und schützbar ist? Hat der Mensch noch eine andere Existenz und Wahrheit, die nicht in seinen Freiheiten projizierbar ist?

Ähnlich wird heute auch die Frage nach der Freiheit der Kunst gestellt. So sehen die einen die Freiheit der Kunst bedroht, während andere die beanspruchte künstlerische Freiheit für eine Bedrohung der gemeinschaftlichen Ordnung und für eine gefährliche Maßlosigkeit halten. Für die Kirche stellt sich hier oft eine delikate Frage: Wie die Freiheit zum Menschen gehört, so gehört auch die Freiheit zur Kunst, denn die Kunst ist eine der Freiheiten des Menschen als eines geistbegabten und wahrheitsfähigen Wesens. Dennoch kann die Kunst ihre Freiheit nie als ein Asylrecht besonderer Art betrachten. Auch die Kunst muß zur Rechenschaft gegenüber den fragenden, kritisierenden und interessierten Menschen ständig bereit sein. Auch die Kunst kann Gefahr laufen, durch Verweigerung der Kommunikation einfach autoritär zu sein. Auch die Kunst besitzt nicht jene Unfehlbarkeit, Fehler, Mißstände, Bewußtseinstrübungen und Fehlentwicklungen des Menschen als Fehler deklarieren zu können, ohne von diesen Fehlern auch selbst bedroht zu sein. Auch die Kunst ist keine unfehlbare Methode zur Rechtfertigung oder Selbsterlösung des Menschen. So kann die Kirche in manchen Fragen nicht schweigen und die Augen verschließen. Zuweilen sogar muß die Kirche auch in der Kunst „Katechese durch Protest“ anwenden, um das Recht des menschlichen Gewissens auf die Wahrheit des Glaubens und die Würde des Menschen zu schützen.

Auch die Politik eines freien und zivilisierten Staates wird von der Toleranz geprägt; das Recht auf freie politische Betätigung, auf freie Meinungsäußerung und Information, auf den freien Zusammenschluß von Bürgern in einem gemeinsamen politischen Ziel, auf Einbeziehung des Bürgerwillens in die Entscheidungen des Staates und vieles andere heutzutage Selbstverständliche werden mit der Motivation der Toleranz den Menschen vorgetragen. Dabei kann man sehr deutlich feststellen, daß nicht alle politischen Optionen auf dasselbe Maß von Toleranz stoßen; wer heute z.B. die „Bewahrung“ einer Ordnung vertritt, wird weitaus weniger Toleranz beanspruchen dürfen als jener, der alles in „Frage stellt“. Schließlich bleibt noch die Frage bestehen: Was hat dann zu geschehen, wenn für eine Ideologie der Intoleranz die Toleranz beansprucht wird? Wenn die Toleranz nur die Methode des konfliktfreien Umgangs miteinander ist, wird sie aus ihren eigenen Ansprüchen heraus mit jenen Ungereimtheiten konfrontiert werden, daß die Intoleranten am meisten für sich Toleranz fordern, um sie anderen nicht zu gewähren; in manchen Auseinandersetzungen geht dies so weit, daß die Täter für sich nichts mehr beanspruchen als das Opfer zu sein. Wenn Toleranz nur die Methode des konfliktfreien Umgangs ohne jede übergeordnete Norm und ohne jedes Wertprinzip sein will, wird sich die Toleranz nicht vor dem Mißbrauch ihrer selbst schützen können. Soll jedoch die Toleranz z.B. Schutz für den Menschen, für sein Leben, seine Würde und seine Rechte oder die Ermöglichung seiner Moralität sein, muß die Toleranz an Normen und Werten festhalten, die sie im Namen der Toleranz nicht wieder relativieren kann. Die Toleranz muß also um des Menschen willen z.B. mit sich selbst in den Widerspruch treten. Das heißt, die Toleranz muß um ihrer Humanität willen eine „Wahrheit“ zur Geltung bringen, die es nicht mehr erlaubt, alles zu relativieren, alles als gleich-gültig einzustufen und eine geltende Wahrheit fraglich zu machen.

Man könnte Toleranz so definieren: Duldung von Anschauungen und Handlungsweisen, die sich von den eigenen unterscheiden. Angesichts der gerade erwähnten Ungereimtheiten im Selbstverständnis der Toleranz muß jedoch irgendwann die Frage nach jenen Motiven und Einsichten des Menschen gestellt werden, die eine solche Duldung als politische, soziale, pädagogische und vor allem religiöse Lebensform ermöglichen. Ganz besonders wird diese Frage den religiösen Menschen betreffen. Wir wollen uns hier mit der Frage der Toleranz aus der Sicht des christlichen Glaubens und vor allem der Lehre der katholischen Kirche befassen.

Der christliche Glaube ist der Glaube an einen personalen Gott, der die Welt und den Menschen geschaffen und in eine Ordnung gestellt hat. Dieser Gott hat sich jedoch in der Geschichte des Menschen geoffenbart; jeder Mensch ist aufgerufen, diese Offenbarung zu hören und anzunehmen, denn der offenbarende Gott ist wahrhaftig und offenbart dem Menschen nichts als die Wahrheit. Und als die Zeit erfüllt war, ist der ewige Sohn dieses offenbarenden Gottes ein Mensch geworden und hat durch sein Leben, Leiden, Sterben und Auferstehen den Menschen von der Sünde erlöst und zur Würde des Kindes Gottes erhoben. Dieses Angebot und dieser Anspruch Gottes betrifft jeden Menschen zu allen Zeiten und an allen Orten. Gott will, daß alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen. Dafür gibt es nur den Weg, der über Christus und das Wirken der Kirche Christi führt. Diese Grundzüge der christlichen Botschaft zeigen deutlich, daß es um einen Gott, um einen Erlöser, um einen Glauben und um eine seligmachende Kirche geht. Der christliche Glaube spricht damit eine Wahrheit aus, die nicht neben anderen gleichrangigen Wahrheiten steht. Man wird für die Wahrheit des christlichen Glaubens das Argument geltend machen können, daß es Gott selbst ist, der für diese Wahrheit als der Offenbarer, als der Erlöser und als der Heilige Geist der Wahrheit einsteht. Man wird vielleicht auch sagen können, daß im christlichen Glauben schon offenbar ist, was andere erst ahnen und auf dem Weg des guten Willens suchen. Kann jedoch die christliche Religion in Verpflichtung und Treue zu sich selbst die „bürgerliche Toleranz“ akzeptieren und in Frieden leben?

Das Paradigma der bürgerlichen und aufgeklärten Toleranz hat Gotthold Ephraim Lessing geliefert, der in seinem dramatischen Gedicht „Nathan der Weise“ dem Verhältnis der jüdischen, islamischen und christlichen Religion zueinander nachgeht. Lessing läßt den weisen Nathan erzählen, was es mit diesen Religionen auf sich hat: „Vor grauen Jahren lebt ein Mann im Osten, Der einen Ring von unschätzbarem Wert Aus lieber Hand besaß. Der Stein war ein Opal, der hundert schöne Farben spielte, Und hatte die geheime Kraft, vor Gott und Menschen angenehm zu machen, wer In dieser Zuversicht ihn trug ...“

Dieser Ring sollte vom Vater immer wieder jenem Sohn weitergegeben werden, der ihm am liebsten war. „So kam nun dieser Ring von Sohn zu Sohn, Auf einen Vater endlich von drei Söhnen; Die alle drei ihm gleich gehorsam waren, Die alle drei er folglich gleich zu lieben Sich nicht entbrechen konnte ...“ Jeden liebte dieser Vater, jedem hatte der Vater diesen Ring versprochen. Es kommt zum Sterben; keinen der Söhne, die sich alle auf das Versprechen des Vaters verlassen, will der Vater kränken. Was also tun?

Der Vater sendet den Ring geheim zu einem Künstler, bestellt bei diesem nach dem Muster seines Ringes zwei weitere Ringe, dem einen Ring vollkommen gleich. Das gelingt dem Künstler.

„... Da er ihm die Ringe bringt, Kann selbst der Vater seinen Musterring nicht unterscheiden. Froh und freudig ruft Er seine Söhne; jeden insbesondre; Gibt jedem insbesondre seinen Segen, - Und seinen Ring, - und stirbt ...“ (Nathan, Sultan Saladi Daja, eine Christin)

Im Jahrhundert der Aufklärungsphilosophie hat Lessing 1779 das Paradigma der Toleranz durch seinen „Nathan“ vorgelegt. Die absolut gleichen Ringe, die nicht einmal mehr der Vater unterscheiden kann, werden für Lessing zum Bild des Verhältnisses der jüdischen, islamischen und christlichen Religion und zur Grundlage der lebbaren Toleranz. So glatt und human auch die gleiche Gültigkeit dieser Religionen beschrieben wird, so sehr ist das Gleichnis von den gleichen Ringen eine Theorie jenes Agnostizismus, der die Wahrheitsfrage nicht entscheiden will und –allem Anschein nach – auch nicht entscheiden kann. Das Wissen um die Wahrheit behält sich jener vor, der das Gleichnis erzählt. Das innere Urteil über die Religionen ist wohl ein positives, dennoch aber ein völlig relatives und gleich-gültiges.

In der frühen Geschichte waren es einmal die Christen, die inmitten einer heidnischen Staatsmacht, die Freiheit der Religionsausübung als eine Form der Gewissensfreiheit (vgl. Tertullian) forderten. Kritiker des christlichen Glaubens sehen den Einbruch der religiösen Intoleranz zu jenem Zeitpunkt, in dem die christliche Lehre zur Staatsreligion erhoben wurde. Sie beurteilen das Zusammenwachsen von geldlicher und weltlicher Macht im Mittelalter als Ursache dafür, daß Abweichungen von der Lehre als Bedrohung gesellschaftlicher Ordnung erschienen und zur Inquisition und zur Verfolgung Andersgläubiger führten (vgl. Waldenser). Im 16.Jahrhundert trifft dieser Vorwurf auch die Reformatoren: Calvin z.B. wird die Verbrennung des Ketzers Servet vorgeworfen; Luther wiederum hieß die Anwendung der obrigkeitlichen Gewalt gegen die radikale Sekte der Wiedertäufer z.B. gut. Als Vertreter einer Toleranz gelten z.B. Erasmus und vor allem Castello; sie plädierten vor allem auf eine Einigung durch von allen anerkannte Grundlagen, wie z.B. die Morallehre der Bibel. Wo keiner der Gegner den absoluten Sieg davontragen konnte, einigte man sich zuweilen auf einen Modus vivendi: Augsburger Religionsfrieden 1555, Edikt von Nantes 1598. Überall in Europa, in Frankreich, Holland, England und Deutschland vor allem, wurde mit wechselndem Erfolg und mit nicht immer gleichen Maßstäben (z.B. Ausschluß der Katholiken und Atheisten aus den Regelungen) um Toleranz und Frieden zwischen den Religionsgemeinschaften gerungen. Das Toleranzdenken der Aufklärungsphilosophie wird vor allem durch Pierre Bayle vorbereitet, der in religiösen Dingen für die uneingeschränkte Gewissensfreiheit plädiert.

Die Philosophen Leibniz und Wolff förderten den Toleranzgedanken, ehe Lessing mit besagter Ringparabel Christen, Juden und Muslime aufrief, gleichberechtigt nebeneinanderzutreten und ihren Wert im Wetteifer miteinander zum Heil der Menschheit zu erweisen.

Vor allem in Frankreich spielte im 18.Jahrhundert die Aufklärung immer wieder dieses Thema mit den verschiedensten Konsequenzen durch: Die Glaubenssätze der christlichen Religion sind unvereinbar mit Vernunft und Erfahrung, sie müssen daher verneint werden; anzustreben ist eine von Vorurteilen befreite und durch die Philosophie regierte Menschheit. Mit solchen Argumenten versuchten Philosophen wie Voltaire, Rousseau, Diderot die Herrschaftsansprüche des christlichen Glaubens zu verneinen, um gleichzeitig für umfassende Toleranz und Gewissensfreiheit zu plädieren. Niederschlag fand die Toleranzidee sowohl im protestantischen Preußen unter Friedrich II. wie auch im katholischen Österreich unter Joseph II. Als ein Höhepunkt der Toleranzbestrebungen wird die Erklärung der Menschenrechte vom 26. August 1789 in der Französischen Revolution angesehen. (Auch wenn es in der geistesgeschichtlichen Entwicklung des Toleranzgedankens Anstrengungen und Fortschritte gegeben hat, tritt dennoch immer wieder neu, trotz aller Deklarationen der Menschenrechte, das Problem der Toleranz und der religiösen Toleranz dort auf, wo geschlossene Menschengemeinschaften durch die Entwicklung der Kommunikation oder durch gewaltsame Ereignisse vermischt werden, wo sich ein nationales Selbstverständnis mit einem religiösen Selbstverständnis verbindet, wo Interessengruppen auch gleich zeitiggeschlossene religiöse Gemeinschaften sind, wo ein politisches, kulturelles oder erzieherisches Programm von besonderen religiösen oder antireligiösen Prinzipien geprägt ist usw. Da die Religion eine wesentliche Angelegenheit des Menschen ist, wird es nie gelingen, bürgerliche Toleranz einfach dadurch zu erreichen, daß man Religion zur absoluten Privatsache des einzelnen Menschen erklärt und die religiösen Lebensäußerungen des Menschen in den rein privaten Geltungsbereich zurückgedrängt werden. Keine Religion wird es akzeptieren können, daß gewisse Ideen der Toleranz die „Toleranz“ wie eine Art „Überreligion“ oder „Vernunftreligion“ der konkreten Religion überordnen. Die Frage der Toleranz bleibt eine ständige Frage der „conditio humana“, die nie endgültig und allgemeingültig zu beantworten ist, wohl aber jeden Tag gemäß dem Wohlwollen und der sozialen Phantasie der betroffenen Menschen gelebt werden kann.

Vergessen darf auch nicht werden, daß die Geschichte der Toleranz nicht eine ständige bloße Konfliktgeschichte ist. Zu allen Zeiten gab es/das friedliche, wohlwollende, respektvolle und konstruktive Zusammenleben in verschiedenen religiösen Überzeugungen. Wenn geschichtliche Fehler und Vergehen gegen die Würde des Menschen erkannt und bereut werden müssen, soll auch die häufige Selbstverständlichkeit des Wohlwollens füreinander und des Friedens miteinander in Geschichte und Gegenwart nicht vergessen sein.

Das II. Vatikanische Konzil hat sich vielfach bemüht, die Konfliktgeschichte der Kirche in ihrer Vergangenheit zu erkennen und eine Zukunft in Frieden und Brüderlichkeit aller Menschen zu sichern. Immer war es ein Handlungsgrundsatz der Kirche, den „Irrtum“ zu bekämpfen, aber den „Irrenden“ zu lieben und für die Wahrheit zu gewinnen. Auch das irrende Gewissen des Menschen verliert für die Kirche nie seine Würde, wenngleich die Kirche es als ein Recht des menschlichen Gewissens erachtet, daß dieses zur Wahrheit geführt wird. Besondere und weltweite Aufmerksamkeit hat die Erklärung des II. Vatikanischen Konzils zur Religionsfreiheit („Dignitatis humanae“) gefunden. Bevor das Entscheidende dieses Konzilsdokumentes vorgetragen werden soll, gilt es etwas zu klären, was von der einen Seite mißverstanden und von der anderen Seite (z.B. Erzbischof Lefebvre) getadelt wurde: Häufig hört man nämlich, die Kirche sei mit dieser Konzilserklärung von ihrem unbedingten Wahrheitsanspruch in der Lehre abgerückt und betrachte sich auch nicht mehr als der alleinige Weg des Menschen zum Heil. Als das Konzil sich zur Religionsfreiheit äußerte, hatte es sehr wohl solche Mißverständnisse und Einwendungen im Blick. Daher sagt das Konzil gleich zu Beginn: “Fürs erste bekennt die Heilige Synode: Gott selbst hat dem Menschengeschlecht Kenntnis gegeben von dem Weg, auf dem die Menschen, ihm dienend, in Christus erlöst und selig werden können. Diese einzige wahre Religion, so glauben wir, ist verwirklicht in der katholischen, apostolischen Kirche, die von Jesus dem Herrn den Auftrag erhalten hat, sie unter allen Menschen zu verbreiten ... Alle Menschen sind ihrerseits verpflichtet, die Wahrheit, besonders in dem, was Gott und seine Kirche angeht, zu suchen und die erkannte Wahrheit aufzunehmen und zu bewahren ...“(Nr. 1).

Ausdrücklich legt sodann das Konzil fest, daß das, was das Konzil zur religiösen Freiheit eines jeden Menschen festlegt, „sich auf die Freiheit von Zwang in der staatlichen Gesellschaft bezieht“; ausdrücklich hält auch das Konzil fest, daß mit dieser Erklärung die überlieferte katholische Lehre von der moralischen Pflicht der Menschen und der Gesellschaft gegenüber der wahren Religion und der einzigen Kirche Christiunangetastet“ bleibt (vgl. Nr.1) Das Konzil sucht also nicht den Weg der Toleranz durch das Aufgeben ihres einzigartigen Wahrheitsanspruchs. Man könnte sagen, daß das Konzil die Wahrheit der katholischen Lehre geradezu als eine besondere Begründung für die religiöse Freiheit des Menschen erachtet. Nicht im Aufgeben der Wahrheit, sondern in der Verpflichtung gegenüber der Wahrheit des Glaubens will das Konzil den Weg der Religionsfreiheit darlegen, die in der gesellschaftlichen Ordnung zu sichern ist und in den unverletzlichen Rechten der menschlichen Person gründet.

So lehrt das Konzil: Die menschliche Person hat ein Recht auf religiöse Freiheit. Die Menschen müssen frei sein von jedem Zwang, frei von jeglicher menschlichen Gewalt, so daß „in religiösen Dingen niemand gezwungen wird, gegen sein Gewissen zu handeln, noch daran gehindert wird, privat und öffentlich, als einzelner oder in Verbindung mit anderen – innerhalb der gebührenden Grenzen – nach seinem Gewissen zu handeln“  (Nr.2). Das Recht der menschlichen Person auf religiöse Freiheit muß in der rechtlichen Ordnung der Gesellschaft so anerkannt werden, daß es zum bürgerlichen Recht wird. Ohne die fundamentale Pflicht des Menschen, die religiöse Wahrheit zu suchen und an der erkannten Wahrheit festzuhalten, aus dem Auge zu verlieren, versucht das Konzil alle Notwendigkeiten darzulegen, die der Mensch für seine äußere und innere Freiheit in der Ausübung der Religion braucht. Grenze der religiösen Betätigung des einzelnen Menschen und der religiösen Gemeinschaften in der Gesellschaft ist die gerechte öffentliche Ordnung, die zu bewahren ist (vgl. Nr.2). Keineswegs also will das Konzil einer Gleichgültigkeit gegenüber der Wahrheit, einem Agnostizismus oder einer moralischen Willkür des Menschen Vorschub leisten; die Erklärung will jedoch den gesellschaftlichen Lebensraum für die Ausübung der Freiheit und des Gewissens vor allem als ein bürgerliches Recht sichern.

Wenn das Wort „Toleranz“ in der Erklärung zur Religionsfreiheit überhaupt Verwendung finden soll, so gilt Toleranz nicht deswegen, weil die Kirche auf ihre Wahrheit und auf ihre Sendung verzichtet, sondern weil die Wahrheit des Glaubens die Freiheit und Würde des Menschen fordert und ermöglicht. Übersehen darf auch nicht werden, daß mit dieser Erklärung gleichzeitig auch die religiöse Freiheit für die Kirche inmitten einer Welt der Unterdrückung und Gewalt gefordert wird. Das Konzil bezeichnet die Kirche einmal als Zeichen zugleich und Schutz der Transzendenz der menschlichen Person (vgl. GS, Nr.76). Wo die „Gleichheit“ nur funktionierende Gleichheit ohne Wahrheitsbegründung sein will, zerstört die „Gleichheit in Toleranz“ sich in den eigenen Widersprüchen und in der Blindheit für ihre Grenzen. Die Kirche hingegen bietet für die Gleichheit in Freiheit und Gewissen eine ungleiche und ganz andere Wahrheit als Grund und Norm an: es ist dies die Wahrheit über den Menschen als Bild und Gleichnis des Schöpfers, als Kind Gottes durch die Erlösung, als Person mit Freiheit und unverletzbarer Würde. Im Bereich der Gesellschaft braucht es „Rechte“, die den Menschen schützen; die Person jedoch ist in ihrer tiefsten Wahrheit jemand, der geliebt wird und liebt. Dieser Weg der Liebe, den die Kirche zu gehen hat, schuldet dem Menschen jene Wahrheit, die aus Gott ist und durch Christus und die Kirche offenbar wurde. Über das gerechte bürgerliche Verhalten hinaus schuldet die Kirche dem Menschen das „Beste“, das sie geben kann: die Wahrheit des Glaubens und die Vermittlung des Heils in Christus. Von der Person her bauen sich Recht und Gleichheit in der Gesellschaft auf; weil die Person jedoch eine Wirklichkeit der Liebe Gottes ist, darf die Kirche nichts zurückhalten und verbergen von dem, was ihr Eigentliches und Bestes ist. Die Kirche muß mit allem Freimut vom Erlöser sprechen und mit aller Sorge das freie Gewissen des Menschen an der göttlichen Lehre bilden. Die Grenzen der Gleichheit sind in der konkreten Praxis oft schnell erreicht; es folgen dann Unrecht und Unfreiheit. Wohl den Menschen, die dann eine Kirche finden, die sich nicht aufgegeben und gleichgeschaltet hat, weil sie einer göttlichen Wahrheit treu blieb. Denn die Wahrheit soll uns frei machen.

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Texte von Altbischof Krenn werden im Internet auf hippolytus.net mit freundlicher Erlaubnis von Dr. Kurt Krenn publiziert. Verantwortlich: Jutta Kern und Dr. Josef Spindelböck. Die HTML-Fassung dieses Dokuments wurde erstellt am 20.10.2005.

 

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